# taz.de -- Fremdenfeindlichkeit in Fußballstadien: "Du Bimbo"
       
       > Der DFB glaubt, Fremdenfeindlichkeit auf Fußballplätzen ebbt ab, doch die
       > Realität sieht oft anders aus - etwa in den Stadien von Rot-Weiß Erfurt
       > und Fortuna Düsseldorf.
       
 (IMG) Bild: Hetze gegen "Homos": Steigerwaldstadion Erfurt.
       
       Bestes Fußballwetter herrscht in Erfurt. 7.614 Fans strömen ins
       Steigerwald-Stadion. Der heimische FC Rot-Weiß empfängt den FC Erzgebirge
       Aue. Bratwurstdunst steht über der Tribüne. Es wird reichlich Bier gezapft.
       Im Spiel der Dritten Liga geht es um nichts mehr. Erfurt hat sich im oberen
       Mittelfeld etabliert, kann nicht mehr aufsteigen. Aue hat eine kleine
       Siegesserie hingelegt und sich von den Abstiegsrängen abgesetzt. Die
       Voraussetzungen sind nicht schlecht, dass es ein geruhsamer Nachmittag
       wird.
       
       Doch die Fans beider Mannschaften sind verfeindet. "Aue mag keiner", sagt
       ein Ordner, "und die mögen auch niemanden, das war immer so." Aue spielt
       oft in Lila. Das reicht, um die Spieler als "Schwule" und "Homos" zu
       bezeichnen. Solche Beschimpfungen sind nichts Neues, es gibt sie seit
       Jahren. Die Auer bekommen sie in Dresden zu hören, in Jena oder Berlin.
       Weder einer der 50 Spielbeobachter des Deutschen Fußball-Bundes (DFB)
       notiert die Rufe, noch irgendein Schiedsrichter nach Abpfiff.
       
       Eine andere Sensibilität herrscht, wenn es um rassistische Äußerungen geht.
       Der DFB hat viele Projekte laufen, um Rassismus aus den Stadien zu
       verbannen. DFB-Chef Theo Zwanziger hat sich persönlich des Problems
       angenommen. Doch mit der Sensibilität ist es in Erfurt nicht weit her. In
       Halbzeit eins foult der Auer Angreifer Eric Agyemang einen Erfurter im
       Mittelfeld.
       
       Der Volkszorn kocht hoch. "Du Bimbo", schreit ein älterer Fan auf der
       Haupttribüne des Steigerwald-Stadions. Das Foul des schwarzen Spielers aus
       Ghana erregt offensichtlich besonderen Unmut unter den rot-weißen
       Anhängern. Minuten später kommt es zu einer strittigen Entscheidung an der
       Seitenauslinie: Aue bekommt einen Einwurf zugesprochen.
       
       Ausgerechnet Agyemang eilt dem Ball nach, der in Richtung Haupttribüne
       kugelt. Vielleicht ist es die räumliche Nähe des Auers zu den Rängen,
       vielleicht die noch frische Erinnerung an das Foul, jedenfalls heben etwa
       50 Erfurter auf der Haupttribüne an, "schwarze Sau" zu skandieren. Einmal,
       zweimal, dreimal, viermal. Und wieder ist "du Bimbo" zu hören. Es sind mehr
       oder weniger ältere Fans, die bereits am 3. Spieltag mit den Rufen "Juden
       Jena" auffielen.
       
       Manche gehören dem Fanclub "De Arnschter" an, einer Gruppe, die aus dem 20
       Kilometer entfernten Arnstadt kommt. Es ist kein Zufall, dass sie Agyemang
       auf diese Weise beschimpfen, denn der Ruf "schwarze Sau" könnte genauso gut
       dem Schiedsrichter gelten. Referees liefen ja früher ganz in Schwarz auf.
       Jetzt tragen sie grellbunte Trikots und werden in Erfurt eigentlich schon
       immer als "Schieber" beschimpft, kaum anders.
       
       Schiedsrichter des Spiels ist Thomas Frank, ein Krankenkassenfachwirt aus
       Hannover, der ein bisschen so aussieht wie der berühmte Pierluigi Collina
       aus Italien. Wenn kein Spielbeobachter des DFB im Stadion ist, um derlei
       Vorkommnisse aufzunehmen, ist der Schiedsrichter in der Pflicht,
       rassistische Rufe in seinem Spielbericht zu vermerken. Doch aus irgendeinem
       Grund hat Frank nichts gehört - vielleicht waren die Auer Ultras zu laut;
       sie lärmten fast das gesamte Spiel über.
       
       Der DFB möchte nicht, dass die taz direkt mit Frank spricht, ein
       DFB-Sprecher, Klaus Koltzenburg, übermittelt: "Frank hat nichts verankert,
       er hat nichts wahrgenommen." Dabei war der Chor der 50 Krakeeler lautstark.
       Er war auch auf der Pressetribüne zu hören. Am nächsten Tag steht aber
       nichts von der Entgleisung in den regionalen Zeitungen. Die Thüringer
       Allgemeine bezieht sich auf andere Dinge in dem "Ostklassiker", etwa
       darauf, dass der Brasilianer Thiago Rockenbach womöglich zu Union Berlin
       wechseln könnte. Von den Rufen - nichts.
       
       Dass es auf ostdeutschen Fußballplätzen bisweilen recht dumpf und
       fremdenfeindlich zugeht, ist ein Allgemeinplatz seit den Vorkommnissen beim
       Halleschen FC, Chemnitzer FC oder Lokomotive Leipzig. Die Szene in diesen
       Vereinen ist so stark rechts unterwandert beziehungsweise spießbürgerlich
       xenophob geprägt, dass praktisch in jedem Spiel einschlägige Rufe, Lieder
       oder Kommentare zu vernehmen sind, allerdings oft weniger offenkundig als
       die unverhohlene Verbalattacke auf der Erfurter Haupttribüne.
       
       Im DFB gibt es eigens eine Arbeitsgruppe, die sich mit Rassismus und
       Sicherheitsproblemen in Stadien befasst. Deren Leiter ist Helmut Spahn.
       Auch ihm ist nichts bekannt von dem Erfurter Vorfall, wie auch. Spahn
       bestreitet, dass es im Ostfußball ein größeres Problem mit Rassisten als im
       Westen gebe. Es gebe auch keine besondere Problemlage in den unteren Ligen.
       Im Gegenteil: "Seit zwei Jahren verzeichnen wir ein Absinken der Vorfälle",
       sagt Spahn. Doch bei über 80.000 Spielen pro Wochenende könne es schon mal
       hier und da zu Problemen kommen.(...)
       
       Spahn glaubt nichtsdestotrotz, mit allerlei Fanprojekten und
       Antirassismusinitiativen voranzukommen. "Auch die problematischen
       Fan-Gruppen nehmen unsere Botschaft auf", sagt er, "klar gibt es, wie in
       anderen Bereichen auch, immer eine Gruppe, die nicht erreichbar ist." Die
       müsse man "entsprechend ausgrenzen". In Erfurt hat sich diese Gruppe im
       Stadion breitgemacht, sogar auf den teuren Plätzen. Bester Stimmung gehen
       sie nach dem 2:0 nach Hause.
       
       Gegendarstellung
       
       Auf www.taz.de haben Sie unter der Überschrift "Du Bimbo" unter anderem
       behauptet:
       
       "Unions Macchambes Younga-Mouhani wird in dieser Partie (sc. Drittligaspiel
       Düsseldorf gegen Union Berlin) von seinem Gegenspieler Olivier Caillas als
       'Neger' beschimpft."
       
       Hierzu stelle ich fest: Ich habe Younga-Mouhani weder als "Neger" noch
       sonst beschimpft.
       
       Düsseldorf, im April 2009
       
       Olivier Caillas
       
       Die taz ist nach Paragraf 11 des Berliner Pressegesetzes zur
       Veröffentlichung von Gegendarstellungen unabhängig vom Wahrheitsgehalt
       verpflichtet. Das vom DFB-Kontrollausschuss gegen Olivier Caillas
       eingeleitete Ermittlungsverfahren wurde mit Beschluss vom 04.05.2009
       eingestellt, da bezüglich des Tatvorwurfs Aussage gegen Aussage stand und
       die von Caillas bestrittene belastende Aussage weder durch Zeugen noch
       durch Fernsehbilder belegt werden kann. 
       
       Die Redaktion
       
       23 Apr 2009
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Markus Völker
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Fußball
       
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