# taz.de -- Polens neuer Präsidentschaftskandidat: Robert Biedroń, beliebt und schwul
       
       > Im stockkonservativen Polen war er als Bürgermeister beliebt und
       > erfolgreich. Nun will sich Biedroń ins höchste Amt wählen lassen
       
 (IMG) Bild: Erhofft sich ein gutes Wahlergebnis: Robert Biedron von der Linkspartei
       
       Warschau taz | Robert Biedroń, der [1][bekannteste offen homosexuell
       lebende Politiker Polens], will es noch einmal wissen. Mitte des Jahres
       tritt er als Präsidentschaftskandidat an. Nominiert hat ihn am Dienstag das
       Parteienbündnis Lewica (Die Linke), dem die postkommunistische Linksallianz
       SLD angehört, die erst vor gut einem Jahr gegründete Biedroń-Partei Wiosna
       (Frühling) und die linksalternative Partei Razem (Gemeinsam).
       
       Zwar hat der ehemalige Bürgermeister der nordwestpolnischen Stadt Słupsk
       (Stolp) und derzeitige EU-Parlamentarier kaum eine Chance, in den
       polnischen Präsidentenpalast einzuziehen, doch wenn es ihm gelingen würde,
       für die Lewica ein zweistelliges Ergebnis einzufahren, wäre dies bereits
       ein großartiger Erfolg.
       
       Leszek Miller, dessen politische Karriere noch in der kommunistischen Zeit
       Polens begann und der nun – ebenso wie Biedroń – für die Progressive
       Allianz der Sozialdemokraten im Europäischen Parlament sitzt, kann eine
       gewisse Skepsis nicht verleugnen. Biedroń werde dieses Mal ein schärferer
       Wind ins Gesicht blasen als noch im Mai 2019 bei den Wahlen zum
       Europäischen Parlament.
       
       Damals hatte Biedroń versprochen, nur als Zugpferd seiner Partei Wiosna auf
       dem Listenplatz Nummer 1 zu kandidieren, nach einem Sieg aber das Mandat
       abzugeben und in die polnische Politik zurückzukehren. Doch genau das tat
       er nicht. Vielmehr übernahm er den EU-Abgeordnetenposten und macht nun in
       Brüssel und Straßburg – wie das polnische Fernsehen immer mal wieder zeigt
       – eine gute Arbeit.
       
       ## Aufschwung der verschlafenen Stadt
       
       Seine Aufgabe im Wahlkampf wird nun eher sein, linken Themen wie der
       Trennung von Staat und Kirche, der Anerkennung der Homo-Ehe, der
       Armutsbekämpfung wie auch dem Kampf gegen die Frauendiskriminierung mehr
       öffentliche Aufmerksamkeit zu sichern.
       
       Biedroń wurde 1976 geboren und wuchs in Krosno, einer polnischen Stadt im
       Karpatenvorland nahe der Grenze zur Slowakei auf. Später studierte er
       Politikwissenschaft im nordostpolnischen Olsztyn (Allenstein) und in Wien.
       2001 hatte er nach dem Vorbild deutscher und englischer LGBT-Organisationen
       die „Kampagne gegen Homophobie“ gegründet, blieb acht Jahre lang ihr
       Vorsitzender und stand ihr auch danach immer wieder zur Seite.
       
       2011 gelang ihm auf der Wahlliste der liberalen Palikot-Bewegung der Einzug
       in den Sejm, das polnische Abgeordnetenhauses. 2014 wählten ihn die Bürger
       der Stadt Słupsk (Stolp) zu ihrem Bürgermeister, was der Stadt zu einer
       ungeheuren Popularität weltweit verhalf. Aus ganz Polen reisten junge Paare
       an, um sich von Biedroń standesamtlich trauen zu lassen. Die bislang eher
       verschlafene Stadt nahm einen unerwarteten Aufschwung.
       
       Doch fünf Jahre später stellte sich Biedroń nicht zur Wiederwahl.
       Stattdessen gründete er im Februar 2019 die Partei Wiosna, die nur drei
       Monate später bei den Wahlen zum Europäischen Parlament 8 Prozent gewann
       und drei Wiosna-Politiker – darunter Robert Biedroń – nach Brüssel schicken
       konnte.
       
       9 Jan 2020
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Kommunalwahlen-in-Polen/!5027309
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gabriele Lesser
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Homosexualität
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Polen
 (DIR) Robert Biedron
 (DIR) Polen
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Protest gegen LGBT-freie Zonen in Polen: Ein Zeichen gegen Homophobie
       
       Mit einem Aktionstag wollen Aktivist*innen gegen die Homophobie in Polen
       ein Zeichen setzen. Am Samstag demonstrierten sie dafür in Berlin-Mitte.
       
 (DIR) Angriffe auf unabhängige Justiz in Polen: Demo gegen „Maulkorbgesetz“
       
       Tausende Juristen demonstrieren in Warschau für eine unabhängige Justiz.
       Bürger und Delegationen aus ganz Europa schließen sich ihnen an.
       
 (DIR) Parlamentswahl in Polen: Triumph für die PiS
       
       Die nationalpopulistische Regierungspartei PiS erringt erneut die absolute
       Mehrheit. Die Linke ist wieder im Parlament vertreten.
       
 (DIR) Wahlkampf in Polen: Frühlingsgefühle an der Weichsel
       
       Der charismatische Politiker Robert Biedroń will mit seiner neuen Partei
       „Frühling“ bei den diesjährigen EU- und Nationalwahlen punkten.
       
 (DIR) Kommunalwahlen in Polen: Erster schwuler Bürgermeister
       
       Im Norden Polens wurde erstmals ein Homosexueller Bürgermeister: Robert
       Biedron. In der zweiten Wahlrunde siegte das Regierungslager in sechs
       Städten.