# taz.de -- Politologe über Tötung Soleimanis: „Die USA mussten reagieren“
       
       > Josef Braml fürchtet, dass die Lage in Nahost nach dem Angriff auf den
       > iranischen General weiter eskaliert. Die Europäer spielen dabei keine
       > Rolle.
       
 (IMG) Bild: „Den Kriegstreiber des Amtes antheben“, fordert diese New Yorkerin. Gemeint ist Trump
       
       taz: Herr Braml, die USA haben den iranischen General Suleimani schon seit
       Jahren als globalen Terrorpaten gebrandmarkt. Was hat den Ausschlag
       gegeben, ihn gerade jetzt per Drohnenangriff zu töten? 
       
       Josef Braml: US-Präsident Donald Trump wurde schon länger von
       Sicherheitskreisen in den USA und von Verbündeten in der Region
       vorgeworfen, dass er nicht härter reagiert hat. Als im Juni vergangenen
       Jahres eine US-amerikanische Drohne abgeschossen wurde, hat er in letzter
       Minute [1][die Kampfjets zurückgepfiffen] und nicht reagiert. Das hat den
       Iran ermutigt, seinerseits immer riskanter vorzugehen. Auch als im
       September das [2][Herz der Ölproduktion Saudi-Arabiens] mit einer Präzision
       getroffen wurde, die man nicht für möglich gehalten hatte, haben die USA
       nicht reagiert – und das, obwohl Saudi-Arabien schon seit Jahrzehnten
       Tribut für seinen Schutz zahlt.
       
       Das heißt? 
       
       Man hat also einen weiteren Verbündeten fallen lassen. Die Verbündeten
       glaubten nicht mehr an die Stand- und Wehrhaftigkeit der USA. Als dann auch
       noch die US-Botschaft in Bagdad angegriffen wurde und es so aussah, als
       könnten die USA sich nicht einmal mehr selbst schützen, mussten die USA
       reagieren, um nicht vollends als hilflos dazustehen.
       
       Schlittern beide Seiten jetzt unausweichlich in eine volle kriegerische
       Eskalation? 
       
       Ja, danach sieht es aus. Die Gewaltspirale wird sich weiterdrehen, weil die
       USA mit [3][General Soleimani] nunmehr das iranische Regime direkt und auf
       oberster Ebene getroffen haben. Darauf wird wiederum die iranische Führung,
       wohl auch [4][aus innenpolitischen Gründen], reagieren, um die ohnehin
       prekäre Unterstützung ihres Regimes aufrechtzuerhalten.
       
       In den USA sind es nicht wenige, die auch einen Zusammenhang zwischen
       dieser Eskalation und dem im Kongress laufenden Amtsenthebungsverfahren
       herstellen. Sehen Sie den? 
       
       Ja. Ich habe schon seit Längerem davor gewarnt, dass die Einleitung eines
       Impeachmentverfahrens nicht nur innenpolitisch Trump helfen könnte – was
       wir ja bereits sehen –, sondern auch außenpolitisch dazu führen könnte,
       dass er sich als Oberbefehlshaber in Stellung bringt und innenpolitisch
       umso mehr eine Wagenburgmentalität um ihn entsteht.
       
       Deutschland, Großbritannien und Frankreich haben lange versucht, den
       Atomdeal trotz US-Ausstieg aufrechtzuerhalten und sind damit gescheitert.
       Was sollten und können diese Staaten und die EU jetzt machen? 
       
       Militärisch sind wir nicht vorbereitet und wenig präsent, können also
       nichts machen. Selbst im Wirtschaftskrieg haben wir den USA nichts
       entgegenzusetzen gehabt, was den Atomdeal hätte retten können. Die EU
       könnte sich geoökonomisch besser aufstellen, um ihrerseits wirtschaftliche
       Mittel für strategische Ziele einsetzen zu können. Und wenn die Europäer
       heute anfangen würden, sich militärisch besser zu rüsten, wären sie
       vielleicht in 20 bis 30 Jahren soweit, um sich ohne die USA selber schützen
       zu können.
       
       Deutschland und die EU können auf eine derzeit mögliche Eskalation
       überhaupt gar keinen Einfluss ausüben? 
       
       Nein. Außer rhetorischem Bedauern haben die Europäer nichts zu bieten.
       
       Wie beurteilen Sie die Rolle Russlands und Chinas? 
       
       China und Russland haben von der wahrgenommenen Schwäche der USA
       profitiert. Russland hat in Konflikte eingegriffen, aus denen sich die USA
       sukzessive herausgezogen haben, [5][zum Beispiel Syrien]. Und China ist
       dabei, sich in der Region wirtschaftlich besser aufzustellen, andere
       abhängig zu machen und geostrategisch Raum zu greifen. Darauf werden die
       USA reagieren. Man kann den Konflikt mit dem Iran auch als Teil dieser
       größeren Auseinandersetzung sehen.
       
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