# taz.de -- Razzia gegen Journalisten in Ägypten: Team in eigenem Büro festgesetzt
       
       > Das kleine News-Portal „Mada Masr“ macht noch immer unabhängigen
       > Journalismus in Ägypten. Doch nun gehen die Behörden gegen die Redaktion
       > vor.
       
 (IMG) Bild: Wo ist er? Journalist Shady Zalat
       
       Kairo taz | Die ägyptische Regierung hat zum Angriff auf das letzte
       unabhängige Medium des Landes geblasen. Am Sonntagnachmittag begann eine
       Polizeirazzia in den Redaktionsräumen des [1][Nachrichtenportals Mada Masr]
       in Kairo. Die Redakteure werden dort festgehalten, die Telefone sind
       abgeschaltet. Einem Anwalt der Redaktion wird der Zutritt versagt.
       
       Die Razzia ist der vorläufige Höhepunkt einer Auseinandersetzung zwischen
       den Sicherheitskräften und Mada Masr. Bereits am Samstag war Shady Zalat
       festgenommen worden, ein bekannter Redakteur des Portals.
       
       Laut Mada Masr wurde der 37-Jährige im Morgengrauen von Sicherheitsbeamten
       in zivil zu Hause abgeholt. Einen Haftbefehl hätten sie nicht präsentiert
       und keine Erklärung abgegeben, warum der Journalist festgenommen werde. Sie
       hätten seinen Laptop und den seiner Frau mitgenommen und seien später noch
       einmal zurückgekehrt auf der Suche nach Zalats Handy.
       
       „Er hat nichts anderes gemacht als Worte zu benutzen, um Nachrichten zu
       berichten“, heißt es in einer [2][Erklärung] Mada Masrs. Die
       Sicherheitsbeamten hätten Zalats Frau gegenüber erklärt, ihr Mann werde in
       das Gizeh-Sicherheitshauptquartier in Kairo gebracht.
       
       Als Hassan al-Azhari, der Anwalt Mada Masrs, allerdings dort nachfragte,
       erklärte man ihm, der Journalist befände sich nicht dort. „Wir gehen davon
       aus, dass Zalat verschwunden ist“, erklärt der Anwalt. Seine Verhaftung sei
       illegal, da er bisher keinerlei Untersuchungsbehörden übergeben wurde, fügt
       er hinzu.
       
       ## Weiterer Redakteur am Flughafen abgewiesen
       
       Laut Chefredakteurin Lina Attalah war bereits vor wenigen Wochen ein
       weiterer Redakteur Mada Masrs, der US-Bürger Daniel O’Connell, am Flughafen
       in Kairo an der Einreise gehindert und deportiert worden.
       
       Mada Masr gilt als letztes verbliebenes Ventil für unabhängigen
       Journalismus in Ägypten, wo die meisten Medien gleichgeschaltet sind. Das
       Nachrichtenportal, das auf Arabisch und Englisch berichtet, ist bekannt für
       investigativen Journalismus und kritische Analysen. Mehr als ein Jahr lang
       war die Webseite des Portals in Ägypten blockiert, so dass die Redaktion
       auf soziale Medien ausweichen musste.
       
       Bislang unklar ist, was die Festnahme Zalats auslöste. Am Mittwoch hatte
       [3][Mada Masr berichtet], dass Mahmud al-Sisi, einer der Söhne von
       Präsident Abdel Fattah al-Sisi, von seinem Posten im ägyptischen
       Geheimdienst in die Botschaft in Moskau wechselt.
       
       In dem Artikel zitiert Mada Masr nicht namentlich genannte Quellen, die
       davon sprechen, dass Mahmud al-Sisi während einer kurzlebigen
       [4][Protestwelle im September] die Medien nicht im Griff gehabt habe. Dies
       habe dem Image seines Vaters geschadet.
       
       In den großen ägyptischen Medien fanden sich über das Wochenende keine
       Berichte zum Fall Zalat. Präsidiale Vater-Sohn-Beziehungen sind in Ägypten
       ein sensibles Thema. Der 2011 gestützte Präsident Hosni Mubarak hatte einst
       versucht, seinen Sohn Gamal als Nachfolger zu küren, was mit ein Auslöser
       für den Aufstand gegen Mubarak 2011 war.
       
       ## „Wir sind alle in Gefahr“
       
       Als Reaktion auf die Festnahme Zalats [5][forderte] Amnesty International
       sicherzustellen, dass er nicht gefoltert werde und Zugang zu einem Anwalt
       und seiner Familie bekommt. Sarah Leah Whitson, Nahost-Direktorin von Human
       Rights Watch, beschrieb die Verhaftung als Beginn eines „Angriffs auf die
       letzte verbliebene unabhängige Publikation des Landes“.
       
       Eine Ansicht, der sich auch Chefredakteurin Attalah anschließt: „Wir
       glauben, das Ganze ist eine Botschaft der Autoritäten, dass nun auch unsere
       Stunde geschlagen hat“, sagte sie der Washington Post. Neben der Sorge um
       die Kollegen sei das Ganze eine existenzielle Bedrohung für Mada Masr,
       heißt es in der am Sonntag aktualisierten Erklärung des Nachrichtenportals.
       
       Dies gelte besonders, da Zalats Festnahme der größten Verhaftungswelle
       folge, seit al-Sisi 2014 offiziell an die Macht kam. So seien „über 4.000
       Menschen verhaftet worden, seit am 20. September Antiregierungsproteste
       ausbrachen“, schreibt das Portal unter Berufung auf
       Menschenrechtsorganisationen. Aktivisten, Professoren, Anwälte,
       Journalisten und bekannte Oppositionelle befänden sich unter den
       Verhafteten, heißt es weiter.
       
       „Wir sind alle in Gefahr und wenn wir nicht aufstehen, werden wir alle zu
       Gefangenen“, wird Chefradakteurin Attalah in der Erklärung des
       Nachrichtenportals zitiert. „Als Shadys Kollegen ist es unsere einzige
       Option, für seine Sicherheit und für unsere Fähigkeit zu kämpfen, unsere
       Jobs weiterzumachen“.
       
       24 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://madamasr.com/en
 (DIR) [2] https://madamasr.com/en/2019/11/23/news/u/update-from-mada-masr-regarding-the-arrest-of-colleague-shady-zalat/
 (DIR) [3] https://madamasr.com/en/2019/11/20/feature/politics/presidents-eldest-son-mahmoud-al-sisi-sidelined-from-powerful-intelligence-position-to-diplomatic-mission-in-russia/
 (DIR) [4] /Repression-in-Aegypten/!5630804
 (DIR) [5] https://twitter.com/amnestypress/status/1198252365595455489
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Karim El-Gawhary
       
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