# taz.de -- Prozess gegen Oranienplatz-Aktivisten: Späte Anklage
       
       > Eine der Führungsfiguren der Flüchtlingsaktivisten vom Oranienplatz wird
       > fünf Jahre nach dessen Räumung wegen Widerstands gegen Polizisten
       > angeklagt.
       
 (IMG) Bild: Polizeieinsatz bei der Räumung des Oranienplatzes im April 2014
       
       Mehr als fünf Jahre nach der gewaltsamen Räumung des Protestcamps von
       Flüchtlingen auf dem Kreuzberger Oranienplatz steht an diesem Dienstag
       einer der damaligen AktivistInnen vor Gericht. Der Sudanese Adam Baher ist
       des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte in zwei Fällen angeklagt.
       
       Die Beratungsstelle für Opfer rassistischer und rechter Gewalt ReachOut,
       die Initative Schwarzer Menschen in Deutschland und weitere Initiativen
       rufen zur solidarischen Prozessbegleitung auf. Sie sehen den Fall als
       Beispiel dafür, dass die Polizei bei Verhaftungen von People of Colour oft
       unverhältnismäßig gewaltsam vorgehe und die Betroffenen im Nachhinein
       kriminalisiere, schreibt die Oplatz Media Group in einer Pressemitteilung.
       
       Baher, der als politischer Aktivist gegen die damalige Diktatur 2009 den
       Sudan verlassen musste, kam 2012 nach Deutschland und schloss sich sogleich
       den damaligen Protesten von Flüchtlingen gegen das deutsche und europäische
       Asylsystem an. Schnell wurde er eine der führenden Figuren der
       Oranienplatz-Bewegung, die die Abschaffung der Flüchtlingsheime – von den
       AktivistInnen „Lager“ genannt – sowie einen Abschiebestopp und ein Ende der
       Residenzpflicht forderte.
       
       Als der Senat mit den Flüchtlingen vom Oranienplatz über Bedingungen für
       die Aufgabe des Camp verhandelte, saß der damals 33-Jährige mit am Tisch.
       Das so genannte „Einigungspapier“, das am Ende entstand, unterzeichnete er
       allerdings nicht. [1][„Für mich war klar, dass es nur der Versuch des
       Senats war, die Flüchtlinge loszuwerden“, sagte Baher damals der taz].
       
       Ein Punkt der erzielten Vereinbarung war, dass der „Infocontainer“ der
       Flüchtlinge auf dem Platz in Kreuzberg stehen bleiben durfte. Als das Camp
       am 8. April 2014 geräumt wurde, räumte die Polizei den Container dennoch.
       Baher, so heißt es in der Pressemitteilung der Oplatz Media Group, habe an
       diesem Tag in dem Container Presseanfragen beantwortet, als Polizisten ihn
       „unter Anwendung von physischer Gewalt“ in Gewahrsam genommen hätten.
       
       Ein Jahr später sei er auf dem Platz erneut „willkürlich und gewaltvoll
       festgenommen“ worden. In beiden Fällen sei er nicht über die Gründe für
       seine Festnahme informiert worden und „in beiden Fällen wurde sein
       Verhalten zudem nachträglich kriminalisiert, um die polizeilichen Angriffe
       gegen ihn zu rechtfertigen“.
       
       Dass die Anklage nun nach Jahren eröffnet wird, ist für die AktivistInnen
       kein Zufall: Gerade habe Baher nämlich die deutsche Staatsbürgerschaft
       beantragt. Er selbst sagt: „Es ist schwierig sich, in die deutsche
       Gesellschaft zu integrieren, wenn der Staat die Wege dazu immer wieder
       selbst blockiert. Schwarze Menschen müssen in Deutschland tagtäglich gegen
       Racial Profiling und buchstäblich ums Überleben kämpfen.“
       
       Der Prozess gegen Adam Baher findet am Dienstag im Amtsgericht Tiergarten
       statt.
       
       18 Nov 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Archiv-Suche/!865497/
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Susanne Memarnia
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Racial Profiling
 (DIR) Flüchtlingscamp Oranienplatz
 (DIR) Geflüchtete
 (DIR) Schwerpunkt Flucht
 (DIR) Flüchtlingscamp Oranienplatz
 (DIR) Monika Herrmann
 (DIR) Flüchtlingscamp Oranienplatz
 (DIR) Sudan
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Bußgeld für Oranienplatz-Aktivisten: „Wir müssten dankbar sein“
       
       Der Leiter der psychotherapeutischen Beratungsstelle Xenion erklärt, warum
       er 300 Euro „Spende“ von einem Flüchtling mit gemischten Gefühlen annimmt.
       
 (DIR) Anklage gegen Flüchtlings-Aktivisten: 300 Euro für Xenion
       
       Über 5 Jahre nach Räumung des Oranienplatzes sollte ein Flüchtlingsaktivist
       vor Gericht. Nun wurde das Verfahren gegen Bußgeld eingestellt.
       
 (DIR) Monika Herrmann über ihr Amt: „Die große Schnauze gehört dazu“
       
       Heiß geliebt, heftig umstritten: Seit sechs Jahren ist die Grüne Monika
       Herrmann Bürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg. 2021 hört sie auf.
       
 (DIR) Neues Protestcamp Oranienplatz: Brücken bauen auf dem O-Platz
       
       Mit einem dreitägigen Protestcamp und Festival wollen die Women in Exile
       den Blick auf geflüchtete Frauen und ihre Kämpfe lenken.
       
 (DIR) Exilaktivist über Umsturz im Sudan: „Die Entwicklung ist dramatisch“
       
       Das Militär versuche in Sudan einfach, die Macht in die Hand zu nehmen,
       sagt Aktivist Adam Baher aus Darfur. Das Land brauche aber Demokratie.