# taz.de -- Weniger Emissionen in Europa und USA: Auch weniger ist mehr
       
       > Die CO2-Emissionen waren noch nie höher, wachsen aber nur noch leicht.
       > Eine Trendwende ist nicht in Sicht. Und das letzte Jahrzehnt war so heiß
       > wie nie.
       
 (IMG) Bild: Die Eisberge in Grönland werden immer kleiner
       
       Der weltweite Ausstoß von klimaschädlichem Kohlendioxid hat 2019 deutlich
       langsamer zugelegt als in den Vorjahren. Er gefährdet aber nach einem neuen
       Bericht immer noch „das Pariser Abkommen und die Gesundheit des Planeten.“
       So warnt ein Team von WissenschaftlerInnen aus Universitäten und
       Forschungsinstituten, die jährlich das „Globale Kohlenstoffbudget“ der Erde
       berechnen.
       
       Insgesamt steigerten sich nach den neuesten und noch vorläufigen Zahlen die
       CO2-Emissionen aus der Verbrennung von Kohle, Öl und Gas um etwa 0,6
       Prozent. Der Bericht des „Global Carbon Project“ wird am Mittwoch
       anlässlich der 25. UN-Klimakonferenz in Madrid veröffentlicht.
       
       Demnach sind die Emissionen in Europa und den USA in diesem Jahr um jeweils
       1,7 Prozent gesunken. Die Zuwächse in Indien (1,8 Prozent), China (2,6
       Prozent) und dem Rest der Welt (0,5 Prozent) treiben den CO2-Ausstoß aber
       in immer neue Höhen. Vor allem mehr Autos und Flugreisen in Asien und immer
       billigeres Gas auf den Weltmärkten sorgen dafür, dass „ein weiterer Anstieg
       auch 2020 wahrscheinlich ist“, heißt es.
       
       ## Weniger Emissionen in Europa und USA – überall sonst mehr
       
       Dennoch flacht die Emissionskurve der Klimakiller 2019 ein bisschen ab:
       2018 waren die Emissionen noch um 2,1 Prozent und 2017 um 1,5 Prozent
       gewachsen. Dieses Wachstum hatte Hoffnungen enttäuscht, dass nach dem
       Pariser Klimaabkommen 2015 der Trend nach unten zeigen könnte. Denn von
       2014 bis 2016 war der Ausstoß praktisch gleich geblieben.
       
       Für die Klimaziele des Pariser Abkommens wäre eine Trendwende dringend
       nötig: Um die Erderwärmung auf 1,5 Grad bis 2100 zu begrenzen, müssten die
       Emissionen im nächsten Jahrzehnt insgesamt etwa um 50 Prozent fallen, hat
       der Weltklimarat IPCC berechnet.
       
       Die Autoren des aktuellen „Kohlenstoffbudgets“ warnen nun ebenfalls: Um den
       steigenden Emissionen entgegenzuwirken, brauche es mehr Effizienz, weniger
       Energieverbrauch, die schnelle Einführung von E-Autos, CO2-Speicherung
       (CCS) und ein grünes Stromsystem, in dem „Erneuerbare die Fossilen
       ersetzen, nicht ergänzen“, heißt es. Schärfere Ziele und ein CO2-Preis
       „würden dabei helfen“, schreiben die Autoren.
       
       Entscheidend für die Emissionen ist der Verbrauch von Kohle: Weil der 2019
       weltweit zurückging, stieg der CO2-Ausstoß auch nicht so stark. Allerdings
       wurden weiterhin mehr Öl und Gas verbrannt. „Die CO2-Emissionen schwanken
       von Jahr zu Jahr, wichtig ist der langfristige Trend“, sagte Joeri Rogelj
       vom IIASA-Institut in Österreich. „Die geringe Verlangsamung in diesem Jahr
       ist wirklich kein Grund, übertrieben begeistert zu sein.“ Ohne einen
       grundlegenden Strukturwandel „werden die Emissionen im Durchschnitt und
       auch die Geschwindigkeit des Klimawandels einfach weiter allmählich
       zunehmen.“
       
       Für Hans Schipper vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) zeigen
       „leider die Auswertungen, dass der Höhepunkt der Emissionen auch in den
       nächsten Jahren nicht unmittelbar bevorsteht“.
       
       ## 1,1 Grad über den Werten von 1850
       
       Die Klimakonferenz am Ende des Jahres ist traditionell der Anlass, Daten
       rund ums Klima zu veröffentlichen. So verkündete dann auch die
       Weltorganisation für Meteorologie WMO, die Jahre von 2010 bis 2019 seien
       wahrscheinlich die heißeste jemals gemessene Dekade gewesen – die globale
       Temperatur liegt inzwischen um 1,1 Grad Celsius über den Werten von 1850.
       
       Seit 1980, erklärte die WMO, sei jedes Jahrzehnt wärmer gewesen als das
       vorherige. Bereits letzte Woche hatte die Behörde auf einen neuen
       Höchststand der Konzentration von CO2-Molekülen in der Atmosphäre
       verwiesen: 2018 ist der Anteil von Kohlendioxid in der Luft auf 407,8 ppm
       (Teile pro Million) geklettert, auch der Anteil der Treibhausgase Methan
       und Stickoxid stieg, sagte WMO-Chef Petteri Taalas. Ähnliche
       CO2-Konzentrationen habe es zuletzt vor 3 bis 5 Millionen Jahren auf der
       Erde gegeben. „Damals war es 2 bis 3 Grad wärmer, und der Meeresspiegel lag
       um 10 bis 20 Meter höher“, so Taalas.
       
       Ebenfalls letzte Woche hatte das UN-Umweltprogramm mit ihrem
       „Emissionslücken-Report“ auf die riesige Kluft zwischen Emissionen und
       Klimazielen hingewiesen: Statt auf 2 Grad steuere die Welt derzeit auf 3,2
       Grad zu.
       
       4 Dec 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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