# taz.de -- Landtagswahl in Thüringen: Ein halbes Wunder
       
       > Der Wahlerfolg in Thüringen ist vor allem ein Verdienst von Bodo Ramelow.
       > Eine Koalition von Linkspartei und CDU aber wäre die falsche
       > Entscheidung.
       
 (IMG) Bild: Für die Linkspartei ist der Wahlerfolg in Thüringen ein leuchtendes Zeichen
       
       Die Linkspartei ist in Thüringen [1][zum ersten Mal überhaupt stärkste
       Partei bei einer Landtagswahl] geworden. Das ist ein leuchtendes Zeichen
       für die GenossInnen – denn die Linkspartei steckt gerade im Osten in einer
       Depression. Das Wahldebakel in Brandenburg, seit Jahrzehnten Hochburg der
       Reformer, hat gezeigt: Das Konzept, zu regieren und dabei möglichst wenig
       aufzufallen, ist ein Auslaufmodell. Mit jeder Niederlage im Osten büßt die
       Linkspartei einen Teil ihrer Existenzberechtigung ein.
       
       [2][Bodo Ramelows Anteil an dem Sieg] kann deshalb kaum überschätzt werden.
       Diesen Triumph verdankt er seinem Charisma, kombiniert mit klug gesetzten
       Gesten der Bescheidenheit. Landtagswahlen funktionieren immer mehr wie
       Bürgermeisterwahlen: Die Person zählt mehr als die Partei. Der Erfolg in
       Erfurt ist für die ratlose Linkspartei daher nicht einfach kopierbar. Aber
       er zeigt, dass es jenseits von Resignation oder dem regressiven Rückzug in
       Fundamentalopposition einen Weg gibt: selbstbewusstes Regieren.
       
       Die Grünen können im Osten offenbar nur in Umfragen gewinnen. Das
       bescheidene Abschneiden der Ökoliberalen verwundert indes nur, wer
       Thüringen nicht kennt. Die Grünen sind eine kleine, städtische Partei in
       einer ländlichen Region. Dabei haben sie politisch nichts falsch gemacht.
       Sie müssen ihren Kurs nicht ändern – nur ihr Erwartungsmanagement.
       
       Bestürzend ist hingegen das Ergebnis für die SPD. Der Mittelweg bringt den
       langsamen Tod, erst recht im Schatten des Sozialdemokraten Ramelow. Die SPD
       braucht eine neue Idee. Und die ist nicht in Sicht.
       
       ## Bei einem Patt ist kreative Politik gefragt
       
       Das Resultat von Rot-Rot-Grün ist, gemessen an den Umständen, schon ein
       halbes Wunder. Wir erleben nicht nur, aber vor allem im Osten einen
       wuchtigen Rechtstrend. Über ein Fünftel hat, wie in Sachsen und
       Brandenburg, AfD gewählt – selbst mit einem faschistoiden Führer wie Höcke.
       
       Anti-AfD-Kampagnen mobilisieren die Klientel der demokratischen Parteien,
       das zeigt [3][die gestiegene Wahlbeteiligung]. Doch an den Protestwählern
       perlt alle Skandalisierung des Rechtsextremismus ab. Die AfD-Erfolge sind
       keine Protestwahlen mehr.
       
       Dass CDU-Mann Mike Mohring eine solide Wand gegen eine Zusammenarbeit mit
       den Rechten hochgezogen hat, ist beruhigend. Man sollte diese nötige
       Abgrenzung aber nicht mit einer Lösung verwechseln. Die demokratischen
       Parteien blicken auf die Erfolge der Rechtsextremen mit dröhnender
       Ratlosigkeit.
       
       Gibt es nun ein Patt im Erfurter Landtag, ist kreative Politik gefragt.
       Eine Koalition von CDU und Linkspartei wäre mit etwas Geschick machbar. Die
       Hürden in der Landespolitik liegen nicht so hoch. Aber als politisches
       Symbol wäre das falsch – ein Pendant zur Großen Koalition in Berlin. Gegen
       die AfD hilft das nicht.
       
       27 Oct 2019
       
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       Unsere Autorin stammt aus Thüringen. Sie liebt Omas Klöße, die Städte und
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