# taz.de -- Berliner Mobilitätsgesetz: Ginge doch alles noch radikaler
       
       > Berlins Rad-AktivistInnen lassen die grüne Verkehrsverwaltung einfach
       > nicht in Ruhe. Ist das noch angemessen oder schon nervig?
       
 (IMG) Bild: Stand schon während der Brückensanierung im Visier: Regine Günther (Grüne)
       
       Gleich an drei Stellen schien in dieser Woche wieder einmal der Konflikt
       zwischen den VerantwortungsträgerInnen in der Senatsverkehrsverwaltung und
       den Berliner Fahrrad-AktivistInnen auf, denen alle Bemühungen der Politik
       zu langsam, zu unentschlossen oder schlicht fehlgeleitet erscheinen.
       
       Besonders heftig knisterte es bei der gerade erfolgten Neugestaltung der
       Oberbaumbrücke. Was die einen als radikale Verbesserung für den Radverkehr
       betrachten – ein deutlich breiterer Fahrradstreifen und eine Reduzierung
       der Kfz-Spuren von zwei auf eine –, empfinden die anderen als Zumutung: Der
       Radstreifen sei zum gegenseitigen Überholen zu eng, und die überbreite
       Solo-Spur für die Autos verleite deren FahrerInnen, auf den unverpollerten
       Schutzstreifen der Zweirädrigen auszuscheren. [1][Mittlerweile hat Regine
       Günthers Haus durchblicken lassen, dass noch mal nachgearbeitet wird.]
       
       Rund um die Bergmannstraße regiert der ebenfalls grüne, aber deutlich
       experiementierfreudigere Stadtrat Florian Schmidt. Ihn hat nun, aktiviert
       durch einen AnwohnerInnenantrag, die Bezirksverordnetenversammlung
       Friedrichshain-Kreuzberg aufgefordert, den Kiez noch radikaler
       verkehrszuberuhigen als bisher vorgesehen, nämlich allen Durchgangsverkehr
       zu verhindern. Was wiederum Zoff mit dem Senat geben dürfte. Der hält
       nämlich unter anderem eisern daran fest, dass die Achse Zossener
       StraßeVerzweifelte Radfahrer*innen–Friesenstraße als Alternative zum
       Mehringdamm erhalten bleibt.
       
       Am Donnerstag dann „schwärzten“ AktivistInnen an der Schillingbrücke das,
       was vor ein paar Jahren noch als fortschrittliche Innovation galt: einen
       Radstreifen in Mittellage, von der Radlobby mittlerweile als „Angstweiche“
       gelabelt. Für Changing Cities und Co. steht fest, dass solche
       Straßenmarkierungen genau das Gegenteil von Sicherheit erzeugen,
       potenzielle RadlerInnen fernhalten und somit dem Berliner Mobilitätsgesetz
       diametral zuwiderlaufen.
       
       All diese Szenarien skizzieren ganz gut die anhaltende Verwerfung zwischen
       Regierung und (Rad-)Volk, bei der man als Beobachter manchmal nicht weiß,
       zu wem man halten soll: Einerseits haben die Lobbyorganisationen vollkommen
       recht, wenn sie den Geist des von ihnen erkämpften Mobilitätsgesetzes ernst
       nehmen und sich mit weniger als dem Machbaren nicht zufriedengeben.
       Andererseits kann man sich vorstellen, dass die bisweilen sehr kleinliche
       Kritik, immer mit dem Zentimetermaß in der Hand, auch für die
       fortschrittlichen VerkehrsplanerInnen dieser Stadt zermürbend ist.
       
       Etwas mehr Anstrengung bei den einen, etwas weniger Fundamentalismus bei
       den anderen, das hätte was.
       
       2 Nov 2019
       
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