# taz.de -- Debatte um Extinction Rebellion: Esoterisch! Naiv! Inhaltsleer!
       
       > Kritiker im Netz werfen Extinction Rebellion vor, eine Sekte zu sein, die
       > von rechts unterwandert werden könne. Wie Aktivist*innen vor Ort
       > reagieren.
       
 (IMG) Bild: 7. Oktober 2019: eine XR-Protestlerin in Paris
       
       Berlin taz | Jutta Ditfurth, Ex-Grüne und Publizistin, hat auf Twitter
       einen Hit gelandet: Ein [1][Thread mit der Überschrift „Warnhinweis“] wird
       tausendfach geteilt, er ist eine wahre Hasstirade gegen die
       [2][Aktivist*innen von Extinction Rebellion]. Die Bewegung sei eine
       „esoterische Sekte“, verneble mit ihren apokalyptischen Warnungen vor dem
       Ende der Menschheit den Verstand, sei keine Graswurzelbewegung, nicht
       gegen Atomenergie, auch „Rechte“ dürften mitmachen. Ähnliches findet sich
       auf linken Blogs im Netz, „naiv bis zum Wehtun“, heißt es da, inhaltsleer
       sei die Bewegung.
       
       Das klingt nach Neid angesichts der Tatsache, dass in den letzten Jahren
       keine als links selbstbezeichnete Bewegung binnen eines Jahres eine globale
       Bewegung vom Zaun gebrochen hat, deren Aktivist'*innen sich bereitwillig
       von der Polizei festnehmen lassen. Am Montagmorgen auf dem Potsdamer Platz
       in Berlin ist es dazu noch nicht gekommen, der erste Tag der
       [3][„Berlinblockade“] hat gerade erst begonnen. Was sagen die Menschen hier
       zu Ditfurths polemischen Vorwürfen? Ist XR wirklich esoterisch oder
       spirituell oder religiös oder wie man es nennen will?
       
       Von außen betrachtet klingen einige der Aktivitäten so: Da gibt es
       Kakao-Zeremonien und Gruppen, in denen jeder seine Angst vor der
       Auslöschung der Menschheit besprechen kann. Stunden der Stille werden
       abgehalten, um die innere Ruhe und die Verbundenheit mit den anderen
       Menschen in der Gruppe zu finden: Gleichgewicht finden für die
       adrenalingeladene Revolution. Am Mittwoch gibt es in Berlin eine Stunde
       Meditation für die Erde.
       
       „Extinction Rebellion vertritt Werte, mit denen sich die spirituelle Szene
       identifizieren kann“, sagt Hannah Elshorst, die in der Berliner XR-Gruppe
       seit deren Gründung mitmacht. Cleo Mieulet, die als Sprecherin der
       Berlinblockade fungiert, sagt dagegen rigoros: „Religiosität kommt bei uns
       nicht vor.“ Sie sei Atheistin, verweist auf die Forderungen, an denen
       nichts spirituell oder esoterisch sei: Keine CO2-Emissionen bis 2025, eine
       Bürger*innenversammlung, die für die Regierung echte Klimaschutzmaßnahmen
       erarbeiten soll.
       
       Aktivistin Sarya, die das Klimacamp vor dem Kanzleramt mit organisiert hat,
       drückt es so aus: „Wenn Spiritualität die Liebe zum Leben und zur Natur
       ist, dann sind wir eine spirituelle Bewegung.“ Sie verweist auf die Idee
       einer „regenerativen Kultur“, die darauf baut, dass sich alle, der Mensch
       selbst, die Gesellschaft und die Natur Stück für Stück weiterentwickeln und
       verbessern. Klingt esoterisch, ist wohl auch so gemeint: „Das kann
       Zeremonien und Gebete beinhalten“, heißt es auf der englischen Webseite der
       Bewegung zur Praxis der regenerativen Kultur.
       
       Ähnlich unterschiedlich fallen die Meinungen dazu aus, ob die Bewegung von
       rechts unterwandert werden kann – kürzlich gab es entsprechende Aufrufe auf
       einer Demonstration rechter Gruppen in Berlin. Ein Aktivist aus der
       Ortsgruppe Dresden berichtet, man bereite sich aktiv auf Derartiges vor: In
       Rollenspielen probe man, wie jemand gestoppt werden kann, der sich in eine
       Gruppe schmuggelt und versucht, während Blockaden zum Angriff auf die
       Polizei aufzustacheln.
       
       Andere glauben, die von XR ausgerufenen Ziele seien Schutz genug gegen
       rechts: „Ganz ehrlich, wer rechts ist, der kommt ohnehin nicht zu uns“,
       sagt Franka, die in Weimar eine Gruppe von Extinction Rebellion leitet.
       
       7 Oct 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/jutta_ditfurth/status/1180904831566921729
 (DIR) [2] /Extinction-Rebellion-startet-Proteste/!5631471
 (DIR) [3] /Klimaprotest-in-Berlin/!5632114
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ingo Arzt
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Extinction Rebellion
 (DIR) Protest
 (DIR) Schwerpunkt Klimawandel
 (DIR) Extinction Rebellion
 (DIR) Extinction Rebellion
 (DIR) Extinction Rebellion
 (DIR) Schwerpunkt Brexit
 (DIR) Extinction Rebellion
 (DIR) Extinction Rebellion
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Reform von Extinction Rebellion: Neustart der Klimarebellen
       
       Nach den Holocaust-Aussagen von Mitgründer Hallam: Der deutsche XR-Ableger
       will seine Strukturen kritisch hinterfragen.
       
 (DIR) Aktionen von Extinction Rebellion: Jetzt wird geschwärmt
       
       Die Polizei räumt den Potsdamer Platz von den letzten Aktivist'innen. Die
       Klimaschützer'innen kündigen unterdessen die nächsten Blockaden an.
       
 (DIR) Klimaproteste von Extinction Rebellion: Bringt das was?
       
       Wer heute eine Bewegung daran bemisst, wie realistisch durchsetzbar ihre
       Forderungen sind, denkt ahistorisch. Der Protest von XR funktioniert.
       
 (DIR) Grünen-Parteitag in Großbritannien: Für ein besseres politisches Klima
       
       Die britischen Grünen wollen der Brexit-Aufgeregtheit eine „höfliche Art“
       entgegensetzen. Außerdem setzen sie auf Klima als Zukunftsthema.
       
 (DIR) Extinction Rebellion weltweit: Globaler Ungehorsam beginnt
       
       In Städten auf der ganzen Welt protestieren AktivistInnen gegen den
       Klimakollaps. Sie blockieren, besetzen, stellen sich tot – noch eine Woche
       lang.
       
 (DIR) Extinction Rebellion startet Proteste: Probier's mal mit Klimastreik
       
       Die Klimaaktivist*innen von Extinction Rebellion starten ihre Protestwoche
       in Berlin und anderswo. Kritik vom Kanzleramt und den Grünen.