# taz.de -- Vorstoß für liberalere Drogenpolitik: Bremen soll vorausgehen
       
       > Der Paritätische Bremen will illegale Drogen für die KonsumentInnen
       > entkriminalisieren. Zuletzt scheiterte das am Widerstand der SPD.
       
 (IMG) Bild: Drogenpoltik macht in Bremen die Polizei
       
       Bremen taz | Der Paritätische macht sich in einem am Montag
       veröffentlichten [1][Positionspapier] für eine liberalere Drogenpolitik
       stark. Bremen solle bundesweit „eine Vorreiterrolle“ einnehmen, verlangte
       Verbandschef Hermann Schulte-Sasse (parteilos), der bis 2015
       Gesundheitssenator war.
       
       Cannabis soll an Erwachsene kontrolliert abgegeben werden und zum
       Eigenbedarf auch legal angebaut werden dürfen. Der Konsum von Kokain oder
       Heroin soll ohne strafrechtliche Folgen für KonsumentInnen bleiben.
       Außerdem fordert der Paritätische, einen Drogenkonsumraum und eine
       Spezialambulanz für Diamorphin, also die Behandlung von Drogenabhängigen
       mit reinem Heroin. Bisher wird in Bremen nur der Ersatzstoff Methadon
       vergeben.
       
       Ferner möchte der Wohlfahrtsverband das „Drug Checking“ etablieren, um
       psychoaktive Substanzen vor dem Konsum auf gefährliche Beimischungen
       untersuchen zu können. Denn oft ist vor allem die Streckung der Droge auf
       dem Schwarzmarkt für Folgeschäden bis hin zum Tod drogenkranker Menschen
       verantwortlich.
       
       Und schließlich soll nach dem Willen des Paritätischen mehr Geld in
       Jugendarbeit, Drogenberatung und Suchthilfe investiert werden – und nicht
       mehr in „Vertreibungspolitik“, wie Regine Geraedts vom Verbandsrat des
       Paritätischen sagte. Ihr Vorwurf richtete sich an SPD-Innensenator Ulrich
       Mäurer – genannt wurde der aber nicht.
       
       Mit seinem 25-seitigen Positionspapier liegt der Spitzenverband der Freien
       Wohlfahrtspflege, der über 200 Mitgliedsorganisationen mit rund 17.000
       Beschäftigten hat, zwar auf Linie des [2][rot-grün-roten
       Koalitionsvertrages] – „mit Freude“ habe man den gelesen, sagt denn auch
       Wolfgang Luz, der Vorstand des Paritätischen –, den Vorwurf, der Verband
       hinke Rot-Grün-Rot hinterher, lässt er aber nicht gelten. Man sei vielmehr
       Ideengeber und Kontrolleur. Das Vertrauen darin, dass die Landesregierung
       ihre eigene Geschäftsgrundlage nun auch umsetzt, ist nämlich nicht so groß:
       „Wir hatten schon viele Koalitionsverträge, in denen gute Dinge standen“,
       sagt Luz.
       
       Das wiederum ist ein Vorwurf an die SPD, die bei der Vorstellung des
       Forderungskataloges aber ungenannt davonkommt. In der letzten
       Legislaturperiode scheiterte etwa ein wissenschaftlicher Modellversuch zur
       kontrollierten Abgabe von Cannabis am Widerstand der SPD, die laut dem
       [3][rot-grünen Koalitionsvertrag 2015] dafür gewesen war. Bremen dürfe
       „keine Insel werden“, sagte Mäurer im vergangenen Jahr dann, als es darum
       ging, ob Bremen bei der Entkriminalisierung von Cannabis ein Vorreiter sein
       will. Der Innensenator verwies stattdessen auf die Bundesebene, wo die
       Sozialdemokraten zwar mitregieren, aber am Widerstand der Union scheitern.
       
       Die Weltgesundheitsorganisation WHO stufe Cannabis nicht mehr als
       gefährliche Droge ein, sagt der Mediziner Schulte-Sasse nun. Der Konsum
       erfahre gesellschaftlich „eine verschwiegene Akzeptanz“. Die Mehrheit aller
       Drogendelikte, mit denen sich die Polizei befasse, beziehe sich aber auf
       Cannabis: „Das richtet mehr Schaden an als die Substanz selbst.“ Das steht
       fast wortgleich im aktuellen Koalitionsvertrag. Für 2018 weist die
       [4][polizeiliche Kriminalstatistik] unter Punkt „Rauschgiftdelikte“ 2.798
       „Konsumentendelikte“ aus, aber nur 325, die unter „Handel und Einfuhr“
       fallen.
       
       Laut einer Berechnung des Senates von 2017 kostet ein Hafttag in Bremen das
       Land 140,75 Euro, macht 51.370 Euro im Jahr. Allein für Gefangene, die
       gemäß dem Betäubungsmittelgesetz verurteilt wurden, kamen da laut
       Paritätischem Haftkosten von 1,75 Millionen Euro zusammen.
       
       8 Oct 2019
       
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 (DIR) [1] https://www.paritaet-bremen.de/nachricht-anzeigen/kein-weiter-so-neue-wege-in-der-drogenpolitik.html
 (DIR) [2] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary6330/Koalitionsvereinbarung-RGR-2019-2023-mitU-final.pdf
 (DIR) [3] https://www.spd-land-bremen.de/Binaries/Binary58/Koalitionsvereinbarung-2015...pdf
 (DIR) [4] https://www.inneres.bremen.de/sixcms/media.php/13/2019_02_26_PKS%20_Ver%C3%B6ffentlichung_HB_.pdf
       
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