# taz.de -- Berliner Ostcity autofrei: Fußgänger statt Autos
       
       > Der Bezirk Mitte testet die Verkehrswende an diesem Wochenende. Geschäfte
       > am Sonntag offen. Inhaber erhoffen sich Auftrieb.
       
 (IMG) Bild: Ohne Autos vielleicht nicht mehr ganz so hässlich
       
       Einen Vorgeschmack darauf, wie sich ein autofreies Berlin anfühlen könnte,
       wird es an diesem Wochenende in der Friedrichstraße geben. Samstag und
       Sonntag wird der Bereich zwischen Mohrenstraße und Französischer Straße für
       den Autoverkehr gesperrt; dafür gibt es ein Straßenfest mit vielfältigem
       Programm. Die Aktion ist ein Testlauf für autofreie Verkehrskonzepte in
       Mitte und soll gleichzeitig die Attraktivität der kriselnden Einkaufsmeile
       [1][Friedrichstraße] wiederherstellen.
       
       Schon lange machen zivilgesellschaftliche Organisationen Druck, die
       Verkehrswende in Mitte voranzubringen. „Die Menschen sollen erleben, wie
       schön ruhig es ohne Auto ist“, erklärt Ragnhild Sørensen vom Verein
       Changing Cities, der aus dem [2][Volksentscheid Fahrrad] hervorgegangen
       ist. „Von der Friedrichstraße aus können sich autofreie Zonen in der Stadt
       ausweiten.“
       
       Ursprünglich war auch der Boulevard Unter den Linden im Gespräch, doch
       Bezirksamt, Einzelhandel und Anwohner*innen einigten sich auf einen kleinen
       Abschnitt der Friedrichstraße für den Testlauf. Dank guter
       Ausweichmöglichkeiten und genügend Parkmöglichkeiten in der Umgebung sei
       die Friedrichstraße dafür relativ unproblematisch, so Sørensen.
       
       Für den zweiten Advent plant das Bezirksamt Mitte eine Wiederholung des
       autofreien Wochenendes. 2020 soll es dann einen mehrwöchigen Versuch geben,
       bei dem die Auswirkungen auf den umliegenden Verkehr wissenschaftlich
       evaluiert werden. „Bei diesem Senat muss man über jeden kleinen Schritt
       froh sein“, so die Aktivistin Sørensen.
       
       ## Hoffnung auf Comeback
       
       Als positiven Nebeneffekt erhoffen sich ansässige Geschäftsleute und der
       Bezirk eine Belebung der Einkaufsmeile, die mit schwindender Attraktivität
       und viel Leerstand zu kämpfen hat. „Zurzeit ist die Friedrichstraße vor
       allem eines: ungemütlich, laut, nicht wirklich einladend“, meint der
       Bezirksbürgermeister von Berlin-Mitte, Stephan von Dassel (Grüne).
       
       Um das wenigstens für ein Wochenende zu ändern, hat sich der Bezirk einiges
       ausgedacht. Unter dem malerischen Motto „Friedrich, the Flanêur“ eröffnet
       von Dassel das Straßenfest am Samstag um 10.30 Uhr im Edelkaufhaus Galeries
       Lafayette. Danach gibt es den ganzen Samstag über Tanz und Gesang vor dem
       Russischen Haus. Zudem gibt es Foodtrucks, einen Bücherbus und Showcases
       mehrerer junger Berliner Labels zum Thema Nachhaltigkeit und Mode. Der
       Sonntag ist zudem bis 18 Uhr verkaufsoffen.
       
       „Es muss mal was passieren“, findet auch Yvonne, die nur ihren Vornamen
       nennt. Sie ist Storemanagerin im Escada an der Friedrichstraße. Der
       Attraktivitätsverlust der Friedrichstraße sei deutlich zu spüren, deshalb
       stehe sie dem Straßenfest sehr positiv gegenüber. „Wir erwarten viele
       Gäste.“ Befürchtungen, dass Kunden ausbleiben, weil sie nicht parken
       können, habe sie nicht. Andere sehen dem Wochenende weniger enthusiastisch
       entgegen. Eine Mitarbeiterin eines Schokoladengeschäfts, die ihren Namen
       nicht nennen will, glaubt nicht, dass dauerhafte Autofreiheit einen
       nachhaltigen Effekt haben würde. „Es gibt hier weder Bäume noch Bänke“,
       dazu komme die Konkurrenz durch den Onlinehandel und die nahe gelegene Mall
       of Berlin. Sørensen hingegen ist überzeugt: „Alle Daten und Statistiken
       sagen: Autofrei bedeutet mehr Umsatz.“
       
       4 Oct 2019
       
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