# taz.de -- Frauenring über Vergewaltigungs-Anzeige: „Entscheidungshoheit der Frauen“
       
       > Ärzt*innen sind nun verpflichtet, bei begründetem Verdacht auf
       > Vergewaltigung Anzeige zu erstatten. Ein Gespräch mit dem
       > Österreichischen Frauenring.
       
 (IMG) Bild: Frauen finden nur schwer Zuflucht, die Frauenhäuser in Österreich sind voll
       
       Das Gewaltschutzpaket von ÖVP und FPÖ verpflichtet alle Gesundheitsberufe,
       darunter ärztliches und psychotherapeutisches Fachpersonal sowie auch
       Rettungskräfte, bei Verdacht auf eine Vergewaltigung zu einer Anzeige.
       Frauenrechtsorganisationen sehen das kritisch. 
       
       taz: Frau Frieben, Sie kritisieren, dass das [1][Gewaltschutzpaket] das
       Selbstbestimmungsrecht der Frau einschränke? 
       
       Klaudia Frieben: Mit dem Paket wird vergewaltigten Frauen die
       Entscheidungshoheit über ihr weiteres Vorgehen genommen, was in der
       häuslichen Gewalt ein heikles Thema ist. Wenn der Ehemann der Täter ist,
       dann brauchen einige Frauen etwas Zeit, bis sie diesen Schritt gehen, weil
       sie wieder zu ihm nach Hause gehen müssen. Eventuell sind auch Kinder
       involviert.
       
       Wäre es denn nicht gut wenn mehr Gewalttaten angezeigt werden würden? 
       
       Dagegen ist natürlich grundsätzlich nichts einzuwenden, aber gerade in dem
       hoch sensiblen Bereich der häuslichen Gewalt muss es immer die Entscheidung
       der Frau sein, ob Anzeige erstattet wird. Es kann nicht sein, das eine
       dritte Person für sie entscheidet.
       
       Welche Konsequenzen könnte dieses Gesetz haben? 
       
       Wir befürchten das viele Frauen sich nicht mehr in Behandlung begeben
       werden und damit ihre Gesundheit aufs Spiel setzen. Eben weil sie
       möglicherweise nicht wissen welche Konsequenzen ihr Gespräch mit dem Arzt
       oder der Ärztin haben wird und es zu einem Verfahren kommt auf das sie
       keinen Einfluss haben.
       
       Sie sagen auch, das Gesetz beruhe auf populistischen Motiven. Inwiefern? 
       
       Der Grund, warum es dieses Gesetz überhaupt gibt, waren die vermehrten
       Frauenmorde in Österreich im Jahr 2018. Unsere rechtskonservative Regierung
       gibt der Zuwanderung die Schuld. In Österreich wird generell alles was
       passiert auf die Migration geschoben, vor allem auf Flüchtlinge. Wir haben
       die Regierung darauf hingewiesen, das wir seit 40 Jahren Frauenhäuser in
       Österreich haben und die seit 40 Jahren voll sind. Damals hatten wir noch
       keine Flüchtlingskrise. Das ist also nur ein Vorwand. Aber man kümmert sich
       nicht um die Ursachen der Gewalt, nämlich dass das vielleicht mit Macht
       oder mit patriarchalischen Strukturen zusammenhängt.
       
       Was für Maßnahmen im Gewaltschutz fordern Sie? In [2][Deutschland] gibt es
       keine generelle Anzeigepflicht. 
       
       Das würden wir uns hier auch wünschen. Denn wichtiger ist, dass betroffene
       Frauen eine anerkannte Gewalt- und Opferschutzberatung erhalten. Das ist in
       diesem Gesetz nicht vorgesehen. Für uns steht die physische und psychische
       Wiederherstellung nach so einer Gewalttat im Vordergrund. Österreich hat
       sich zum Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von
       Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt bekannt. Darin haben Experten und
       Expertinnen viele Maßnahmen beschlossen. Aber sie werden nicht umgesetzt.
       Wir brauchen mehr Frauenhäuser, mehr finanzielle Mittel, mehr Notwohnungen
       und mehr Berater*innen.
       
       27 Sep 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://orf.at/stories/3138545/
 (DIR) [2] https://beauftragter-missbrauch.de/recht/strafrecht/verdachtsfall-und-anzeigepflicht
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Lisa Winter
       
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