# taz.de -- Zweifel an Identität von Jatta: Nicht haltbare Thesen
       
       > Nach der Entlastung des HSV-Profis Jatta durch die Behörden ziehen drei
       > Zweitligisten ihre Proteste zurück. Beim Springer-Verlag zündelt man
       > weiter.
       
 (IMG) Bild: Ende der Befragungen: Jatta hier vor dem DFB-Verhör Mitte August
       
       Keine Fragen mehr zum [1][Fall Jatta]. Das war die Botschaft, welche die
       drei Fußball-Zweitligisten, der 1. FC Nürnberg, VfL Bochum und Karlsruher
       SC am Dienstagnachmittag verbreiteten. Sie zogen ihren Protest gegen die
       Wertung ihrer Partien gegen den Hamburger SV wegen der Beteiligung des
       HSV-Profis Bakery Jatta zurück. Die Klubs teilten mit, dies sei eine
       Reaktion auf die Entscheidung des Bezirksamts Hamburg Mitte. Am Montag
       hatte dieses erklärt, es gebe keine „belastbaren Anhaltspunkte“, dass der
       Profi des HSV, der als Flüchtling 2015 nach Deutschland kam, eine falsche
       Identität angenommen habe.
       
       Mit diesem Vermutung hat die Sport Bild am 7. August eine öffentliche
       Debatte entfacht. Sie berichtete damals, der Verdacht liege nahe, dass
       Jatta eigentlich Bakary Daffeh heißt und zwei Jahre älter sei. Die
       Hamburger Behörde hatte unter anderem ein Auszug aus dem gambischen
       Geburtenregister von der Richtigkeit Jattas Angaben überzeugt.
       
       Vor dieser Entscheidung hatte der 1. FC Nürnberg laut Medienberichten
       geplant, für die am 9. September angesetzte DFB-Sportgerichtsverhandlung
       einen Zeugen aus dem Senegal und einen Gesichtserkennungsexperten
       aufzubieten, um die These eine Betrugs von Jatta zu stützen. Offenbar
       vertraute der Club nun angesichts der neuen Ermittlungsergebnisse selbst
       nicht mehr seinen Zeugen. Der 1. FC Nürnberg erklärte: „Durch die
       veränderte Indizienlage hat sich in einem unsicheren Umfeld nun mehr
       Klarheit für uns ergeben und es besteht kein Grund mehr, die Rechtmäßigkeit
       der Spielberechtigung zu hinterfragen.“
       
       Längst ist die Debatte um Jattas Identität zu einer
       gesellschaftspolitischen geworden von großem spaltenden Charakter. Jatta
       wird in den sozialen Netzwerken als Betrüger und Schmarotzer beschimpft,
       die AfD findet Gefallen daran, an seinem Beispiel insbesondere den Unmut
       gegen Flüchtlinge zu befeuern. Umgekehrt erfährt Jatta viel Solidarität –
       sowohl bei seinem Verein als auch außerhalb. Der Sport Bild wird
       vorgeworfen, eine Hetzkampagne zu betreiben, ohne für ihre Vermutungen
       Beweise liefern zu können.
       
       ## Purer Verdachtsjournalismus
       
       Matthias Brügelmann, der Chefredakteur von der Sport Bild will die große
       Dimension, die der Fall mittlerweile angenommen hat, nicht angelastet
       bekommen. „Wir sind nicht verantwortlich dafür, wer unsere
       Berichterstattung aufnimmt.“ Grund für die Berichterstattung seien die
       vielen Widersprüche und Merkwürdigkeiten in der Geschichte gewesen. Die
       Aussagen von zwei Trainern in Gambia, welche bezeugten Jatta und Daffeh
       seien ein und dieselbe Person, die Ähnlichkeit der beiden auf Fotos, das
       spurlose Verschwinden von Bakary Daffeh bis heute. Die Vermutung einer
       politisch motivierten Recherche will Brügelmann nicht aufkommen lassen. Er
       erklärt: „Wenn der Verdacht aufkäme, dass Thomas Müller in Wirklichkeit
       Thomas Krüger ist und er eigentlich zwei Jahre älter ist, hätten wir
       genauso darüber berichtet.“
       
       Die Frage, ob der Verdachtsjournalismus der Sport Bild nicht die
       Persönlichkeitsrechte von Jatta verletzte, der zur Zielscheibe etlicher
       Wutbürger geworden ist, beantwortet er kurz mit „Nein“. Dass die Sport Bild
       eine Hypothese im Fall Jatta habe, will Brügelmann so nicht formulieren.
       Welcher Begriff ihm lieber ist? „Berichterstattung“, sagt er.
       
       Allerdings macht die Sport Bild weitaus mehr als über offene Fragen zu
       berichten. Der erste Text im August begann mit dem Satz: „Nach Sport
       Bild-Recherchen liegt der Verdacht nahe, dass HSV-Profi Bakery Jatta (21)
       unter falscher Identität in der Bundesliga spielt.“ Ein These, die bis
       heute trotz fehlender Beweise das Leitmotiv der weiteren
       „Berichterstattung“ des Sport-Magazins aus dem Springer Verlag ist. Auch
       nach dem Freispruch des Bezirksamts Hamburg Mitte kommentierte Brügelmann
       in der Bild-Zeitung, die plausibelste Antwort auf die noch ungeklärten
       Fragen sei, dass Jatta und Daffeh dieselbe Person seien.
       
       Jedoch hat die Sport Bild andere plausible Möglichkeiten nie thematisiert.
       Etwa, dass Daffeh auf der Flucht im Mittelmeer ertrunken sein kann oder das
       Fußballspielen wegen einer Verletzung aufgegeben hat. „Wir haben nichts
       gefunden, was die These solcher Szenarien stützen kann, sonst hätten wir
       darüber berichtet“, sagt Brügelmann. Gesucht hat das Magazin aber
       vermutlich nach Erklärungen, welche die sich gut verkaufende Hypothese vom
       Betrug zerstört hätten, auch nicht. Die taz hat schon nach einer kurzen
       Recherche einen Ex-Trainer von Jatta, Sulayman Kuyateh, in Gambia
       kontaktiert, der erklärte: „Ich kannte ihn als Jatta, nicht als Daffeh.“
       
       Der 1. FC Nürnberg, der VfL Bochum und der KSC sind nun zu dem Schluss
       gekommen, dass sich auf der Sport Bild-Verdachtsberichterstattung und den
       eigenen Recherche kein aussichtsreicher Protest aufbauen lässt.
       
       3 Sep 2019
       
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