# taz.de -- Krieg in Afghanistan: Taliban-Großangriff auf Kundus
       
       > Die Gespräche zwischen den USA und den Taliban stehen kurz vor dem
       > Durchbruch. Ungeachtet dessen greifen die Taliban Kundus im Norden
       > Afghanistans an.
       
 (IMG) Bild: Ein Soldat steht Wache: Kundus am 31. August 2019
       
       Kabul dpa | Ungeachtet laufender Gespräche über Wege zum Frieden in
       Afghanistan haben Kämpfer der radikalislamischen Taliban die nördliche
       Provinzhauptstadt Kundus angegriffen. Provinzräten zufolge konnten sie
       mehrere Einrichtungen und Gebiete in der Stadt einnehmen, darunter das
       Provinzkrankenhaus, die Zentrale der Elektrizitätsversorgung und den
       dritten Polizeibezirk der Stadt. Es gebe Tote und Verletzte bei Polizei und
       Zivilisten, allerdings sei die Zahl unklar.
       
       Der Angriff erfolgte inmitten der laufenden Gespräche zwischen den Taliban
       und den USA über eine politische Lösung des seit fast 18 Jahren andauernden
       Konflikts. Zuletzt hatten sich beide Seiten optimistisch gezeigt, bald ein
       Abkommen erzielen zu können.
       
       Dem Provinzrat Ghulam Rabbani zufolge begann der Angriff gegen 1.00 Uhr
       nachts (Ortszeit). Taliban-Kämpfer seien aus mehreren Richtungen in die
       Stadt vorgedrungen. Die Kämpfer hätten sich in Häusern verschanzt und
       lieferten sich Gefechte mit den Sicherheitskräften. Luftschläge auf
       Positionen der Taliban würden deren Vorstöße verlangsamen, sagte Rabbani.
       Nach Angaben des Provinzrats Maulawi Abdullah war am Samstagmittag
       (Ortszeit) weiterhin sporadisches Gewehrfeuer in der Stadt zu hören.
       
       Die afghanische Polizei und Armee befänden sich in der Defensive, da sie
       das Leben von Zivilisten schützen wollten, sagte Rabbani. Der Strom in der
       Stadt sei abgestellt worden, Telekommunikationsverbindungen seien
       unterbrochen.
       
       Einem Regierungssprecher zufolge wurden Spezialkräfte der Polizei in die
       Stadt entsandt. [1][Nach Angaben des Innenministeriums] wurden bei den
       Luftschlägen und Bodenoperationen rund 40 Taliban-Kämpfer getötet. Diese
       Zahlen konnten jedoch nicht überprüft werden. Regierungsbeamte sind dafür
       bekannt, Opferzahlen der Taliban zu übertreiben.
       
       Der Fernsehsender ToloNews berichtete, Dutzende Menschen seien aus ihren
       Häuser geflohen. Bilder in Online-Netzwerken zeigten geschlossene Geschäfte
       und verlassene Straßen.
       
       ## Gesprächsrunde in Doha
       
       Sowohl die Taliban als auch die Sicherheitskräfte der Regierung erklärten,
       Kämpfer der jeweils anderen Seite hätten sich ihnen ergeben. In einem von
       Taliban geteilten Video waren Kämpfer zu sehen, die einen verlassenen
       Polizeiposten ausräumten und Munition, kugelsichere Westen und
       Computerausrüstung in ein Polizeiauto luden. Die Echtheit dieses Videos
       konnte aber nicht überprüft werden.
       
       Die Taliban kontrollieren weite Teile der Provinz Kundus, in der bis vor
       einigen Jahren noch die Bundeswehr als Schutzmacht stationiert war. Im
       Rahmen der Nato-Mission „Resolute Support“ ist eine kleine Gruppe von
       deutschen Soldaten weiterhin dort, um die afghanische Armee zu beraten.
       
       Die nahe der Stadt stationierte Bundeswehr war nach Angaben des
       Einsatzführungskommandos in Potsdam von den Kämpfen nicht betroffen. Im
       dortigen Lager „Pamir“ befinden sich derzeit rund 80 Soldaten. Insgesamt
       sind in Afghanistan noch 1.200 deutsche Soldaten im Einsatz.
       
       Kundus-Stadt war bereits im Herbst 2015 und 2016 kurzzeitig an die Taliban
       gefallen. Provinzräte sagten am Samstag, sie hätten in den vergangenen
       Wochen und Monaten mehrmals vor einem erneuten Angriff der Taliban auf die
       Stadt gewarnt.
       
       Erst am Freitag hatten die Taliban in mehreren Bezirken der Nachbarprovinz
       Tachar massive Angriffe auf die Sicherheitskräfte durchgeführt.
       Provinzräten zufolge konnten sie Teile des Bezirkszentrums von Tschah-e Ab
       erobern, griffen eine Basis der Sicherheitskräfte im Bezirk Baharak an
       sowie Polizeikräfte im Bezirk Darkad. Dutzende Sicherheitskräfte seien
       dabei ums Leben gekommen, allerdings gebe es keine genauen Angaben.
       
       Die jüngste Gesprächsrunde zwischen den Taliban und den USA hatte vor acht
       Tagen in Doha begonnen. Bei den Gesprächen geht es vor allem um
       Truppenabzüge sowie Garantien der Taliban, dass Afghanistan kein sicher
       Hafen für Terrorismus wird. Die Gespräche sollen in offizielle
       Friedensgespräche der Regierung in Kabul mit den Taliban münden.
       
       31 Aug 2019
       
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