# taz.de -- Brandenburg-Wahl: Der Wolf hat keine Wahl
       
       > Wenn am 1. September in Brandenburg gewählt wird, geht es auch um die
       > Wölfe im Land. Bis auf die Grünen wollen alle Parteien deren Schutz
       > einschränken.
       
 (IMG) Bild: Diesem Wolf geht's nicht an den Kragen: Er lebt im Wildpark Schorfheide
       
       Wölfe wählen Grün. Sie leben gern in Ruhe zwischen Bäumen und Gestrüpp,
       ziehen dort ihre Jungen auf und stärken den Familienverband. „Wo der Wolf
       geht, wächst der Wald“, lautet eine Weisheit unter Förstern, die im
       Brandenburger Wahlkampf nicht bis in die Parteizentralen durchgedrungen
       ist.
       
       Alle Parteien außer Bündnis 90/Die Grünen wollen Wölfe jagen und den
       gesetzlichen Schutz der Art lockern oder gar aufheben. Von SPD über Linke,
       CDU, FDP bis zur AfD haben die Parteien ein Ziel in ihren Programmen für
       die Landtagswahl in Brandenburg am 1. September festgeschrieben, wenn es um
       den Wolf geht: dem Wildtier an den Pelz gehen, damit es ganz verschwindet
       oder allenfalls in „Schutzgebieten“ wie Naturparks lebt.
       
       Die seit 30 Jahren in Brandenburg regierende SPD will „gegebenenfalls den
       Schutzstatus lockern“. Das ist der in den Umfragen sinkenden Partei
       mittlerweile schon geglückt. Ministerpräsident Dietmar Woidke und sein
       Umweltminister Jörg Vogelsänger (beide SPD) haben so lange bei ihrer
       Parteifreundin Svenja Schulze, Bundesumweltministerin, Druck gemacht, bis
       die im Mai eine Lex Lupus veröffentlicht hat – rechtzeitig zum Wahlkampf.
       Schulze senkt darin den im Bundesnaturschutzgesetz festgeschriebenen
       Schutzstatus von Wölfen und nimmt sie in Sippenhaft. Jeder Wolf eines
       Rudels kann künftig geschossen werden, wenn einer ein Nutztier gerissen
       hat.
       
       Bisher gab es nur Ausnahmegenehmigungen zum Abschuss des Täters – für Jäger
       eine Herausforderung, mussten sie doch genau den richtigen Wolf
       identifizieren. Und auch die Tierhalter bekommen mit Unterstützung aus dem
       Bundesumweltministerium schneller eine Genehmigung zum Abschuss. Wenn sie
       „ernste Schäden“ haben, dürfen sie die Flinte anlegen. Vor Schulzes
       Wolfsgesetz mussten sie „erhebliche Schäden“, also existenzbedrohende
       Nutztierverluste nachweisen. Staatliche Entschädigungen erhalten
       professionell arbeitende Tierhalter weiterhin.
       
       ## CDU fordert „Schutzjagden“
       
       Der CDU genügt das SPD-Wolfsgesetz nicht. Die Brandenburger
       Christdemokraten fordern in ihrem Wahlprogramm „Schutzjagden“. Damit kommen
       sie den Jägern entgegen, die den Wolf auch ohne Anlass – sozusagen
       vorsorglich – töten wollen. Und sie bieten sich als Beschützer all der
       Menschen an, die Ängste auf den Wolf projizieren.
       
       Der Wolf erregt bei einigen Wählerinnen und Wählern in Brandenburg die
       Gemüter. Etliche Halterinnen und Halter von Schafen, Ziegen, Pferden und
       auf der Weide lebenden Rindern ärgern sich über ihn. Sie haben mehr Arbeit,
       da sie Zäune um ihre Herden aufstellen müssen. Die müssen gepflegt und
       kontrolliert werden. Das Land erstattet ihnen zwar die Kosten für das
       Zaunmaterial, nicht aber für diese Arbeitszeit. Wenn sie keinen Schutzzaun
       ziehen, weil sie nur fünf Kamerunschafe halten, müssen sie die Tiere jeden
       Abend in den Stall bringen. Auch das macht Arbeit, die die Halterinnen ohne
       Wolf nicht hätten.
       
       Die AfD verspricht ihren Wählern ein Wildtiermanagement, das „das
       Gleichgewicht zwischen den Ansprüchen von Wildtieren und den Interessen der
       Land- und Teichwirte“ erhält. Sie will nicht nur den Wolf, sondern auch
       Biber und Kormorane dezimieren. Beide Tierarten sind gesetzlich geschützt
       und dürfen weder gestört noch getötet werden. Biber bauen manchmal Dämme
       und setzen Wiesen und Wälder unter Wasser, weshalb viele Waldbesitzer sie
       nicht mögen. Kormorane fressen Fische, weshalb die Besitzer von
       Fischteichen sie vertreiben wollen. Die AfD fischt unter den Wald- und
       Teichbesitzern und will „sämtliche geschützte Arten in das Jagdrecht
       aufnehmen … und im Bedarfsfall jagdlich regulieren“.
       
       Ein großer Teil der Jägerschaft träumt davon, dass der Wolf ins Jagdrecht
       kommt. Die Jäger erhoffen sich, dass sie dann den Wolf in Grenzen halten
       können. Zu DDR-Zeiten haben sie die auch schon damals aus Polen
       einwandernden Wölfe geschossen. Bis 1991 durften Brandenburger Jäger legal
       auf die nun streng geschützte Art anlegen. Wer den Jägern also den Wolf im
       Jagdrecht verspricht, mit leichterem Abschuss und „Schutzjagden“, kann auf
       viele Stimmen unter den Tausenden Jägern im Land hoffen. Um Rückhalt bei
       der Bevölkerung zu haben, schüren Landesjagdverband und Grundbesitzer im
       „Forum Natur Brandenburg e. V.“ die Angst vor dem Wolf, ganz vorne deren
       Geschäftsführer und passionierter Jäger Gregor Beyer, der „Wolfsmahnwachen“
       an Feuern abhält.
       
       ## Geld aus Jagdtourismus
       
       Auch die FDP will Profit aus der verbalen Jagd auf den Wolf ziehen. Sie
       verspricht, „Wolf und Biber ins Jagdrecht zu überführen“, und will dafür
       sorgen, dass Jäger mit Nachtsichtgeräten jagen dürfen, was bislang verboten
       ist. Gegen den Wolf zu stänkern kann der FDP Wähler bringen. Einige Jäger
       unter den Grundbesitzern und in den Jagdgenossenschaften kreiden den Wölfen
       an, ihr Geschäft zu verderben.
       
       Sie finanzieren ihre Jagd teilweise damit, dass Jäger aus anderen Teilen
       Deutschlands und Europa Tausende Euros für den Abschuss eines Rothirschs
       zahlen. An den drei, vier Jagdtagen wollen die Jagdtouristen dann den
       kapitalen Bock zur Strecke bringen. Blöd, wenn Wölfe den gehegten Hirsch
       schon verspeist haben. Oder wenn die Treiber das Tier nicht finden können
       und die Prämie für die Trophäe – das Geweih – nicht fließt. Denn Rehe,
       Wildschweine und Hirsche verhalten sich anders in den Gegenden mit Wölfen.
       Jäger müssen deswegen bessere Taktiken draufhaben, als nur im Hochstand zu
       sitzen.
       
       Nur Bündnis 90/Die Grünen wollen die Wölfe weiter in Ruhe lassen. „Wir
       lehnen eine Änderung des Bundesnaturschutzgesetzes oder die Aufhebung des
       Schutzstatus ab“, heißt es in ihrem Wahlprogramm. Geschadet hat ihnen
       dieses Bekenntnis zum Artenschutz nicht: In den Umfragen liegen sie bei 15
       bis 16 Prozent.
       
       10 Aug 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Ulrike Fokken
       
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