# taz.de -- Bedeutung der Bauern fürs Klima: Land ist wichtiger als Wirtschaft
       
       > Die EU setzt immer noch aufs falsche Pferd: auf Massentierhaltung, hohen
       > Fleischkonsum, den Import von Futter. Das muss sich ändern.
       
 (IMG) Bild: Der Agrarsektor muss akzeptieren, dass er nicht nur Opfer, sondern auch Täter im Klimawandel ist
       
       Der Weltklimarat IPCC ist ein Mischwesen aus Wissenschaft und Politik. In
       dem „zwischenstaatlichen Ausschuss zum Klimawandel“ tragen die besten
       ExpertInnen [1][das aktuelle Wissen über den Klimawandel] (übrigens
       ehrenamtlich) zusammen. Und stimmen dann ihre Zusammenfassung Wort für Wort
       mit den UN-Regierungen ab. Das bedeutet: Jeder IPCC-Bericht, auch der
       aktuelle zu Klima und Landnutzung, trägt den Stempel: „Von den Regierungen
       gelesen und akzeptiert.“ Und genau das ist der Hebel für eine bessere
       Agrarpolitik.
       
       Denn damit machen sich die führenden Politikerinnen und Politiker weltweit
       zu eigen, was die Wissenschaft sagt: Landwirtschaft, wie wir sie betreiben,
       ruiniert den Boden und das Klima, sie gefährdet unsere Lebensgrundlagen und
       das Überleben anderer Arten und Ökosysteme. Auf der anderen Seite kann eine
       naturnahe Landwirtschaft aber sehr wohl die Menschheit ernähren, den Boden
       verbessern, die Artenvielfalt stärken und das Klima sichern.
       
       Wer das nicht nur liest, sondern sogar seine Unterschrift darunter setzt,
       der legt sich politisch fest. Er oder sie kann dann nicht mehr ein System
       der industriellen Landwirtschaft unterstützen, das uns all diese Probleme
       einbrockt. In Europa heißt dieses System „Gemeinsame Agrarpolitik“ (GAP).
       Es ist unglaublich erfolgreich, wenn es um die Produktion von Masse geht,
       scheitert aber an der Klasse.
       
       Mit ihm setzt die EU trotz einiger ökologischer Blühstreifen am Rand immer
       noch aufs falsche Pferd: auf Massentierhaltung, hohen Fleischkonsum, den
       Import von Futter, für das Wald vernichtet wird. Viel Geld geht an wenige
       große Höfe, es wird überdüngt, die Natur vergiftet, die Produkte werden im
       Zweifel billig verramscht.
       
       Eine Debatte über diese Politik steht in Brüssel gerade an. Die neue
       EU-Kommission wird bald eine neue GAP beschließen müssen – mit genau den
       Ländern, die gerade den Bericht abgesegnet haben. Das aber heißt für die EU
       und Deutschland: weg von der Landwirtschaft als kapitalintensivem
       Großbetrieb hin zu regionalen Kreisläufen.
       
       In der Landwirtschaft muss das Land wichtiger werden als die Wirtschaft. Es
       braucht eine EU-Politik, die nachhaltiges Vorgehen belohnt. Und wir
       brauchen PolitikerInnen, die sich nicht zuerst als Lobby der Agrarindustrie
       verstehen, sondern Steuergelder im Sinne der Forderungen des IPCC
       verteilen. Vor allem müssen Bauern und Agrarpolitik akzeptieren, dass sie
       nicht nur Opfer, sondern auch Täter im Klimawandel sind und dass sie für
       das Problem gute Lösungen anbieten müssen. Und können.
       
       Bei der Vorstellung des IPCC-Berichts in Berlin durch die Ministerien für
       Umwelt und Forschung fehlte die Agrarministerin. Das Haus von Julia
       Klöckner habe bei dem Thema nicht die Federführung hieß es. Genau das ist
       das Problem: Eine Agrarministerin, die ihren Job richtig macht, sollte beim
       Schutz von Bauern und Klima an der Spitze der Bewegung stehen.
       
       8 Aug 2019
       
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