# taz.de -- Jobs in Gefahr: CDU sorgt sich um „Weser-Kurier“
       
       > Arbeitnehmerflügel der Bremer Union fürchtet, die sinkende Auflage beim
       > „Weser-Kurier“ könnte bedrohlich werden für das überalterte Druckhaus.
       
 (IMG) Bild: Antworten gesucht: Der „Weser-Kurier“ und die Digitalisierung
       
       Bremen taz | Der Arbeitnehmerflügel der CDU, die „Christdemokratische
       Arbeitsnehmerschaft“ CDA, macht sich Sorgen um die Druckerei des
       Weser-Kuriers in Woltmershausen. Die Arbeitsplätze von rund 100 KollegInnen
       seien bedroht, sagt CDA-Sprecher Peter Rudolph, wenn das völlig veraltete
       Druckhaus erneuert und mit moderner Technik neu gebaut würde. Eigentlich
       wird eine solche Investition seit Jahren erwartet. Andere Druckereien in
       der Region wie etwa das Druckhaus Delmenhorst (ehemals Rieck) haben
       erheblich investiert. Aber der Streit der Eigentümerfamilien blockiert beim
       Weser-Kurier diese Investitionsentscheidung.
       
       Dazu kommt etwas, was der CDA-Sprecher dem Branchendienst „Mediaa“
       entnommen hat: der anhaltende Auflagenschwund der Tageszeitungen. Wenn
       immer weniger täglich gedruckt werden muss, dann fragt sich, wie lange sich
       noch ein neues Druckhaus lohnen würde. Denn die verkaufte Gesamtauflage des
       Bremer Weser-Kuriers, inklusive der Bremer Nachrichten und den
       dazugehörigen Umland-Blättern in Delmenhorst oder Verden, liegt laut Mediaa
       inzwischen nur noch bei 118.197. Davon entfallen weniger als 70.000 auf die
       Stadt Bremen, ohne Bremen-Nord. Allein im zweiten Quartal 2019 sank die
       Auflage um 3,9 Prozent. Die meisten Regionalzeitungen haben ähnliche
       Verluste im Vergleich zum Vorjahr. Die Zahlen laut Meedia: /WK/ -3,9,
       /Nordsee-Zeitung/-4,4, /Hamburger Abendblatt/-4,82, /Hannoversche
       Allgemeine/-3,7, /Neue Osnabrücker/ -2,1 und /Nordwest-Zeitung/ -2,7
       Prozent.
       
       Chefredakteur Moritz Döbler, inzwischen zugleich Vorstand, kommt vom
       Berliner Tagesspiegel – das ist die einzige Tageszeitung in Deutschland,
       die gegen den Trend etwas gewachsen ist: plus 1,5 Prozent gegenüber dem
       Vorjahresquartal. Rudoph von der CDA stellt fest: „Während der Tagesspiegel
       den Auflagenschwund bei der Print-Ausgabe durch Steigerung der
       e-Papers-Abos ausgleichen konnte, haben die meisten Regionalzeitungen noch
       kein wirksames Mittel gegen ihren zunehmenden Bedeutungsverlust gefunden.“
       
       Die Marketing-Abteilung des Weser-Kuriers tut sich offenbar schwer, die
       sinkenden Zahlen nachzuvollziehen. Schon im vergangenen August hatte das
       Bremer Landgericht dem Weser-Kurier untersagt, für Werbebeilagen mit
       Tourenstückzahlen zu werben, „die von der tatsächlich in dem jeweiligen
       Gebiet verteilten Auflage abweichen“, wie es in dem Urteil heißt.
       
       Damals hatte der Weser-Kurier sich vor Gericht noch damit herauszureden
       versucht, dass die Kunden wüssten, dass die Bezeichnung „Abo“ sich nicht
       auf die belieferten AbonnentInnen bezieht, sondern auf die „verbreitete
       Auflage“. Das Gericht konnte dem nicht folgen und stellte einen Fall von
       „unwahren Angaben über wesentliche Merkmale der Ware oder Dienstleistung“
       fest.
       
       Die Abweichungen betrügen bis zu 20 Prozent. Bei Zuwiderhandlungen drohte
       Gericht ein Ordnungsgeld von bis zu 250.000 Euro an. Die Konkurrenz vom
       Weser-Report beobachtet aufmerksam die Angaben des Weser-Kuriers und hat in
       der Folge dieses Urteils inzwischen schon mehrere Male – erfolgreich – die
       Verhängung eines Ordnungsgeldes bei dem Gericht beantragt. Es soll
       insgesamt um eine Summe von über 60.000 Euro gehen.
       
       Gleichzeitig wollte der Weser-Kurier einem Branchen-Insider untersagen,
       weiterhin zu behaupten, dass die vom Weser-Kurier „in den Jahren 2017 und
       2018 zu Grunde gelegten Auflagenzahlen zu den Beilagen erheblich von den
       tatsächlichen Auflagenzahlen abwichen“ und darauf hinzuweisen, dass die
       Staatsanwaltschaft Bremen „in diesem Kontext gegen die Verantwortlichen
       ermitteln“ würde.
       
       Im September 2018 hatte der Weser-Kurier eine einstweilige Verfügung
       erwirkt – ohne mündliche Anhörung. Er verzichtete allerdings darauf, sie
       dem Betroffenen zuzustellen. Damit ist die Verfügung wirkungslos. Nachdem
       der Brancheninsider dann im Frühjahr 2019 seine Argumente vor dem
       Hanseatischen Oberlandesgericht vorbringen konnte, hat der Weser-Kurier
       einen förmlichen Rückzieher gemacht.
       
       Inzwischen hat der Fall überregionales Interesse erregt. Das
       Medien-Fachmagazin Kress pro berichtete und warf die Frage auf, ob nicht
       Kunden, die sich durch falsche Auflagenzahlen betrogen fühlen,
       Rückzahlungen verlangen könnten. Das ist mit aller presserechtlichen
       Vorsicht formuliert, denn in der Branche gibt es Gerüchte über derartige
       Fälle, die aber mit der Vereinbarung von Stillschweigen beendet wurden. In
       zumindest einem Fall ist allerdings ein großer Beilagen-Kunde des
       Weser-Kuriers, der namentlich nicht genannt werden möchte, wiederum vor das
       Gericht gegangen.
       
       Der Richter am Bremer Landgericht, Claas Schmedes, zeigte sich schon bei
       einem früheren Termin genervt von den dauernden Rechtsstreitereien und
       mahnte eine außergerichtliche gütliche Einigung an – vergeblich. Der
       Weser-Kurier lenkt nicht ein, der Weser-Report akzeptiert das nicht.
       
       ## App „grandios gescheitert“
       
       CDA-Sprecher Rudolph erinnert in dem Zusammenhang auch daran, dass das
       „crossmediale“ Vorzeigeprojekt des Weser-Kuriers, die App „Mein Werder“,
       „grandios gescheitert“ sei: „Der finanzielle Schaden dürfte beträchtlich
       sein. Die Rede ist von einer Million Euro, die der Verlag mit dem Projekt
       in den Sand gesetzt hat.“ Das große Redaktionsteam wurde dezimiert, jüngst
       wurde auch der populäre Name „Mein Werder“ aufgegeben: „WK-Flutlicht“ heißt
       die App inzwischen trocken und wenig sexy. „Wir wollen noch deutlicher
       herausstellen, dass wir keine Vereins-App von Werder Bremen sind“,
       begründete der WK das offiziell.
       
       Das „noch deutlicher“ ist ein schönes Beispiel für den Neusprech. Die Nähe
       zum Verein in dem alten Namen war natürlich gewollt und teuer erkauft –
       Bundesligist Werder Bremen kassiert für so was Lizenzgebühren. Der Verzicht
       auf den populären Namens-Zusatz „Werder“ sieht also eher nach einer
       Sparmaßnahme aus. Die Sportseite im Weser-Kurier, die früher auch „Mein
       Werder“ hieß, trägt schon länger wieder eine sachlichere Bezeichnung:
       „Sport“.
       
       29 Jul 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Wolschner
       
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