# taz.de -- Taschengeld in der Jugendhilfe: Kinder kämpfen für mehr Kohle
       
       > Jugendliche in Brandenburger Hilfseinrichtungen haben erfolgreich mehr
       > Taschengeld gefordert. Doch es gibt noch mehr Verbesserungsbedarf.
       
 (IMG) Bild: Genau abgezählt: Brandenburger Kinder und Jugendliche sollen einheitliches Taschengeld erhalten
       
       Potsdam taz | Rund 6.500 Kinder und Jugendliche leben ohne ihre Eltern in
       Jugendhilfeeinrichtungen und betreuten Wohngemeinschaften in Brandenburg.
       Erstmals haben nun die Bewohner*innen in einer eigenen
       Interessenvertretung, dem Kinder- und Jugendhilfe Landesrat, Forderungen zu
       ihren Lebensverhältnissen gestellt, die jetzt von Jugendministerin Britta
       Ernst (SPD) aufgegriffen wurden. Dringendster Wunsch: eine
       Taschengelderhöhung – einheitlich und nach Alter gestaffelt für alle Kinder
       und Jugendlichen in Hilfseinrichtungen.
       
       Die Landesregierung hat auf Basis des Vorschlags „Empfehlungen für ein
       einheitliches Taschengeld“ erstellt und am Mittwoch in Potsdam vorgestellt.
       „Wichtig ist, dass das Geld zur freien Verfügung steht und nicht
       sanktioniert werden kann“, sagte Ernst. Einige Einrichtung etwa strichen
       wohl Taschengeld, wenn etwas zu Bruch gegangen sei, so die Ministerin. Das
       sei bei Kindern in Einrichtungen nicht zulässig, weil diese ohne Eltern
       fest auf das Taschengeld angewiesen seien und nicht zwischendurch mal ein
       paar Euro von den Großeltern zugesteckt bekämen, so Ernst.
       
       Brandenburg ist das vorletzte Bundesland, das seinen Jugendämtern und
       Einrichtungen einheitliche Taschengeldempfehlungen gibt. Außer
       Mecklenburg-Vorpommern haben alle anderen Bundesländer schon entsprechende
       Regelungen eingeführt. In Berlin gibt es einheitliche Taschengeldregelungen
       laut Bildungsverwaltung seit über zehn Jahren.
       
       Rechtlich verbindlich sind die Empfehlungen zwar nicht, Ernst deutete aber
       an, nachsteuern zu wollen, wenn diese nicht umgesetzt würden. Die für
       Brandenburg vorgeschlagene Taschengeldhöhe ist dabei fast deckungsgleich
       mit der in Berlin: Kinder unter 6 Jahren sollen monatlich 6 Euro bekommen,
       pro Jahr kommen proportional steigend im Schnitt 6 Euro dazu, sodass
       17-Jährige 79 Euro bekommen, Volljährige in Betreuungsangeboten der
       Jugendhilfe 114,50 Euro.
       
       ## „Nicht ernst genommen“
       
       André Rohloff, 17 Jahre alt und Vorsitzender des selbst organisierten
       Jugendhilfe Landesrats, nannte bei der Vorstellung gleich die nächsten
       Ziele, mit denen sich der 2018 gewählte Rat beschäftigen wolle: „In
       Hilfsplangesprächen, wo halbjährlich mit dem Jugendamt und einer
       pädagogischen Bezugsperson über Ziele und Hilfsmaßnahmen gesprochen wird,
       werden die Kinder und Jugendlichen zu oft nicht angehört und ernst
       genommen. Manchmal müssen sie bei den Gesprächen sogar rausgehen. Das
       wollen wir ändern.“
       
       Ein weitere Ungerechtigkeit sei für viele Jugendliche die sogenannte
       [1][75-Prozent-Regelung]: Wenn Jugendliche in Einrichtungen ihr Taschengeld
       mit einem Nebenjob aufbessern wollen, müssen sie den Großteil davon gleich
       wieder ans Jugendamt abgeben, so Rohloff. Bei einem Job auf 400-Euro-Basis
       gingen 300 Euro ans Jugendamt. Rohloff kann zwar verstehen, dass die
       Bewohner für einen Teil der Kosten von Jugendeinrichtungen aufkommen
       sollen, wenn sie können, aber: „Vielleicht kann man das Verhältnis umdrehen
       – sonst lohnt sich ein Zuverdienst nicht. Diese Regelung behindert die
       Selbstständigkeit.“
       
       24 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.spiegel.de/panorama/pflegekinder-muessen-75-prozent-ihres-einkommens-dem-jugendamt-zurueckgeben-a-1232584.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Jugendhilfe
 (DIR) Jugendliche
 (DIR) Kinder
 (DIR) Brandenburg
 (DIR) Kinderschutz
 (DIR) Sozialbehörde Hamburg
 (DIR) Schwerpunkt Haasenburg Heime
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Sicherheitsdienst in Hamburger Heimen: Security abgezogen
       
       Kurz nachdem die taz den Einsatz von Wachleuten in Kinderschutzgruppen
       publik machte, hat Hamburg diese Praxis abgestellt.
       
 (DIR) Kommentar Heim-Tribunal: Aufarbeitung ist bitter nötig
       
       Anders als bei den Opfern der Heimerziehung aus den 1960ern drückt sich die
       Politik um die Anerkennung gegenwärtiger Leidtragender herum.
       
 (DIR) Prozesse um Haasenburg-Skandalheime: Beschwerden für die Tonne
       
       Brandenburgs Justiz zeigt bei der Aufarbeitung der Misshandlungen von
       Heimkindern keinen Ehrgeiz. Sie informiert das Justizministerium falsch.