# taz.de -- Spannung bei der Tour de France: Angriffslustige Konkurrenz
       
       > Das größte Radrennen der Welt ist so eng wie lange nicht mehr. Dem
       > britischen Team Ineos um Titelverteidiger Geraint Thomas fehlt die
       > Tempohärte.
       
 (IMG) Bild: Für Titelverteidiger Geraint Thomas wird die Luft dünn
       
       Nimes taz | „Ich hoffe, es wird ein ganz ereignisloses Rennen“, hatte
       Geraint Thomas beim Grand Depart der Tour de France erklärt. Mit dieser
       trockenen Aussage hatte er die Lacher auf seiner Seite. Aber auch Angst vor
       einer neuen Langweiler-Tour machte die Runde. Team Ineos hatte, als es noch
       Team Sky hieß, gewöhnlich mit mörderisch hohem, aber für seine Kapitäne
       gerade noch erträglichem Tempo den Initiativgeist der Konkurrenz zu
       ersticken vermocht. Titelverteidiger [1][Thomas, seit 2010 beim Rennstall,]
       hatte gehofft, dass diese Taktik erneut ihre Früchte tragen würde.
       
       Er hat sich geirrt. Das hat das tolle Pyrenäenwochenende gezeigt. [2][Team
       Ineos] hatte in den Bergen niemals die Kontrolle. Ein neues Bild zeichnete
       sich ab, eines der allgemeinen Plackerei. Die erste Stufe des komplexen
       Raketentriebwerks des Pelotons bildete Movistar. Der spanische Rennstall
       versuchte alles, seine bereits abgeschlagenen Kapitäne Mikel Landa und
       Nairo Quintana zurück in die höheren Zonen des Klassements zu fahren. Mal
       ging Quintana mit einigen Helfern in die Fluchtgruppe, mal spannte sich der
       blaue Block vor das Peloton und machte die Auffahrt zum vorletzten Berg
       schon scharf.
       
       Der neuseeländische Kletterer George Bennett beschrieb die Tourmalet-Etappe
       so: „Die haben so beschleunigt, dass ich glaube, viele dachten, am
       vorletzten Gipfel wäre schon das Ziel. Ich habe auch nicht geglaubt, dass
       ich ein zweites Mal so ein höllisches Tempo durchstehe.“ Bennett, starker
       Helfer bei Jumbo-Visma für Steven Kruijswijk, legte dabei mit seinem Team
       sogar noch eine Schippe drauf. Diese Tempoverschärfungen ließen Ineos nicht
       zum Zuge kommen. „Es war schon ungewöhnlich. Ineos fuhr nach vorn. Dann gab
       es eine kurze Verzögerung, und wir übernahmen einfach“, blickte Bennett
       zurück.
       
       Ineos hat Probleme. „Michal Kwiatkowski und Gianni Moscon haben nicht das
       geleistet, was sie eigentlich draufhaben“, konstatierte auch Nicholas
       Portal, sportlicher Leiter bei den Briten. Woran es lag, dazu mochte bei
       Ineos niemand Auskunft geben. Den Ruhetag nutzte der Rennstall zur internen
       Fehleranalyse.
       
       ## Jenseits der absoluten Schmerzenszone
       
       Er muss es auch. Denn mit David Gaudu, dem Bergtalent der Franzosen,
       verfügt Thibaut Pinot über den gegenwärtig wohl stärksten Helfer im
       Peloton. Gaudu setzt gern dort an, wo Jumbo-Visma aufhört. Seine
       Beschleunigungen am letzten Berg bringen fast alle in den roten Bereich,
       Geraint Thomas oder Julian Alaphilippe, Rigoberto Uran und Kruijswijk. Nur
       ein Trio blieb da bisher jenseits der absoluten Schmerzenszone: Gaudus
       Kapitän Pinot, Thomas’ Co-Kapitän Egan Bernal und der Ravensburger Emanuel
       Buchmann.
       
       Für das Rennen ist das ein tolles Szenario: Die drei stärksten Kletterer
       liegen im Klassement etwas zurück. Wer vor ihnen liegt – Alaphilippe,
       Thomas und Kruijswijk – ist schon im Reservemodus unterwegs. Und im
       Hintergrund rumort weiter die Brechstangentruppe Movistar.
       
       Team Ineos steht nun vor der Kardinalfrage: Soll es die Power des Teams auf
       den besseren Kletterer Bernal konzentrieren? Dem hat Thomas bereits
       zugestanden: „Fahr dein eigenes Rennen!“ Oder soll es die Hoffnungen auf
       eine Erholung des Titelverteidigers bewahren? Immerhin wirkt Bernal auch
       schlagbar. Der stärkste Kletterer im Feld ist Pinot.
       
       Das erste Mal seit sieben Jahren werden die Grenzen des britischen
       Rennstalls offensichtlich. Ein Faktor ist, dass sich inzwischen auch die
       anderen Teams um die kleinsten Details bei Material und Ernährung kümmern.
       Und mit Chris Froome fehlt der Überfahrer der letzten Jahre. Dem
       Ineos-Management ist es auch nicht geglückt, alle anderen besser zu machen,
       um der neuen Position zu entsprechen, also Thomas der Froome-Position,
       Bernal der Thomas-Position und immer so weiter. Gut für die Tour.
       
       22 Jul 2019
       
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