# taz.de -- Mietwohnungen in Hamburg: Vermieter auf Renditerallye
       
       > Umgelegte Modernisierungskosten und überhöhte Nebenkosten: Manche
       > Wohnungsvermieter hebeln Mietobergrenzen aus und kassieren so (fast)
       > legal ab.
       
 (IMG) Bild: Energetische Modernisierung bringt Rendite, zum Beispiel im Hamburger Stadtteil Steilshoop
       
       Hamburg taz | 40 Prozent mehr Miete und das ganz legal. Vermieter in
       Hamburg nutzen Gesetzes- und Regelungslücken schamlos aus, um die
       MieterInnen trotz Mietobergrenzen und Mietpreisbindungen ordentlich zur
       Kasse zu bitten. Besonders beliebt: Die Erhöhung der Nebenkosten oder
       saftige Modernisierungsumlagen, die zu exorbitanten Mietsteigerungen
       führen.
       
       So erhöhte [1][Deutschlands größter Wohnungskonzern, die Vonovia], jetzt
       die Grundmiete für 359 ehemalige Sozialwohnungen in Steilshoop drastisch:
       Um nach Vonovia-Angaben durchschnittlich 30, im Einzelfall aber sogar um
       über 40 Prozent.
       
       Der Grund: Der in Bochum ansässige Konzern mit einem Bestand von bundesweit
       358.000 Wohnungen hat die Wohnkomplexe am Gropiusring und in der
       Fehlinghöhe aufwendig modernisiert, verpasste den Fassaden eine
       wärmedämmende Außenhaut. Nun legt er die Kosten von über 3, 4 Millionen
       Euro ganz legal auf die, meist sozial schwachen, MieterInnen um.
       
       So steigt die Grundmiete im Fall der Mieterin Dorota M. zum 1. September
       auf einen Schlag um über 41 Prozent, von 377,59 auf 532,82 Euro. Obwohl
       zumindest die Heizkosten aufgrund der Wärmedämmung sinken dürften,
       verweigert die Vonavia der Mieterin zudem eine Senkung der
       Heizkostenvorauszahlung.
       
       ## SozialhilfeempfängerInnen bekommen Schwierigkeiten
       
       Viele MieterInnen können eine Mietsteigerung von über 40 Prozent nicht
       aufbringen, andere, von staatlichen Transferleistungen wie Sozialhilfe oder
       Grundsicherung abhängige Mieterinnen wie Dorota M. geraten durch die
       Mieterhöhung über die zulässige Grenze von 495 Euro, die für einen
       Einpersonenhaushalt als angemessen gilt.
       
       Silvia Sonnemann von Mieter helfen Mietern sagt: „Frau M. kann jetzt
       gezwungen werden, umzuziehen und sich eine Wohnung zu suchen, die die
       Höchstbemessung nicht übersteigt.“ Immerhin: Für solche Fälle hat die
       Vonovia extra ein „Härtefall-Management“ vor Ort installiert.
       
       Vonovia-Sprecher Matthias Wulff gibt sich sozial: „Und ist es wichtig, dass
       keiner unserer Mieterinnen und Mieter ausziehen muss. Wenn jemand die Miete
       nach Modernisierung nicht bezahlen kann, dann besprechen wir dies gerne
       persönlich mit dem Mieter und finden eine Lösung.“
       
       ## Die MieterInnen zahlen, der Vermieter bekommt die Rendite
       
       An den exorbitanten Mietsteigerungen ändert das erst mal nichts. Denn
       Wohnungsmodernisierungen bescheren Vermietern oft dicke Gewinne. So kann
       die Vonovia elf Prozent der Modernisierungskosten jährlich auf ihre
       MieterInnen umlegen – inzwischen wurde die Umlagequote vom Gesetzgeber für
       zukünftige Modernisierungen auf acht Prozent gesenkt. Nach gut neun Jahren
       haben die MieterInnen dann die Modernisierungsmaßnahmen komplett bezahlt,
       die hohen Mieten aber bleiben bestehen und bescheren dem Vermieter
       exzellente Renditen.
       
       So wurde die seit 2015 börsennotierte Vonovia unlängst aufgrund der hohen
       Dividendenausschüttungen an ihre Aktionäre in den Div-Dax aufgenommen, in
       dem die dividendenstärkere Hälfte der 30 Dax-Unternehmenswerte versammelt
       sind. Der Dienst www.boerse-online.de pries vor wenigen Tagen seinen
       LeserInnen die Vonovia-Aktie mit den Worten an: „Operativ läuft es dank
       deutlichen Mietsteigerungen im Bestand (…) ohnehin rund.“
       
       Damit wird die Vonovia zur großen Umverteilungsmaschine: [2][Sie schröpft
       sozial schwache MieterInnen] und schüttet das Geld an diejenigen aus, die
       sich Aktiendepots leisten können – und das alles ganz legal. Sylvia
       Sonnemann sieht bei der Modernisierungsumlage eine Gesetzeslücke: „Der
       Gesetzgeber hätte eine prozentuale Obergrenze für Mieterhöhungen nach
       Modernisierungen – etwa von 20 Prozent – festlegen müssen.“
       
       ## Auch kleine Vermieter umgehen die Mietobergrenzen
       
       Doch nicht nur große Dax-Unternehmen, auch kleine Hamburger Vermieter
       versuchen, aus ihren Mietern möglichst viel rauszupressen und umgehen dabei
       geschickt die Mietobergrenzen. So verpflichtete sich eine
       Erbengemeinschaft, die Sozialwohnungen am Langenhegen in Nienstedten
       errichtete, gegenüber der Hamburgischen Investitions- und Förderbank, die
       die Wohnungen finanziert, eine Eingangsmiete von 8,50 Euro nicht zu
       überschreiten.
       
       Doch Obergrenzen für die „zweite Miete“, die Betriebskosten, gibt es nicht.
       Die Folge: Zwei Jahre nach der Fertigstellung des Neubaus erhöhte die
       Erbengemeinschaft die Betriebskosten-Vorauszahlung mal eben um über 25
       Prozent und forderte von ihren MieterInnen zudem noch eine kräftige
       Nachzahlung für die Betriebskosten des vergangenen Jahres. Diese liegen nun
       weit über dem aktuellen Hamburger Durchschnitt von 2,01 Euro pro
       Quadratmeter.
       
       Ein Grund: Die Eigentümer, die selbst aus der Gärtnerei-Branche kommen,
       verordneten den Neubauten einen exquisiten Ziergarten und legten die Kosten
       von über 7.000 Euro auf die MieterInnen um. Die müssen für Gartenpflege nun
       viermal so viel zahlen wie in Hamburg üblich.
       
       ## Die MieterInnen haben wenig Rechtssicherheit
       
       „Wenn Wohnungsbau staatlich gefördert wird, müssen nicht nur für die
       Grundmieten, sondern auch für die Betriebskosten Obergrenzen festgelegt
       werden“, fordert Silvia Sonnemann. Solange das nicht der Fall sei, hätten
       MieterInnen nur ein stumpfes Schwert, um rechtlich gegen explodierende
       Betriebskosten vorzugehen.
       
       Paragraf 20 der [3][Neubaumietenverordnung] sieht vor, dass nur Kosten auf
       die Mieter umgelegt werden dürfen, „die bei gewissenhafter Abwägung aller
       Umstände und bei ordentlicher Geschäftsführung gerechtfertigt sind“. Doch
       dies ist auch laut Einschätzung von Mieter helfen Mietern ein
       Gummiparagraf, der den Geschröpften vor Gericht wenig Rechtssicherheit
       bietet.
       
       13 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
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 (DIR) Marco Carini
       
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