# taz.de -- Rocker und Nazis in Neumünster: Eine Stadt unter Druck
       
       > Im schleswig-holsteinischen Neumünster sind Rocker- und Neonazi-Szene
       > eine unheilvolle Liaison eingegangen.
       
 (IMG) Bild: Ende einer NPD-Demo: Rechte werden in Neumünster zum Zug gebracht
       
       Hamburg | taz | Neumünster, das ist eine dieser Städte, die selten in den
       Medien auftauchen, und wenn doch, bedeutet es in der Regel nichts Gutes für
       die Stadt. „Neumünster“ hören die Leute und vielleicht denken sie an die 13
       Tage, die der katalanische Separatistenführer Carles Puigdemont [1][im
       örtlichen Gefängnis verbracht hat].
       
       Wahrscheinlicher ist, dass den Leuten gar nichts einfällt und das liegt
       daran, dass Neumünster auf der Landkarte der Tourismusverbände höchstens
       mit einem Outlet-Center vor den Toren der Stadt auftaucht. Die Zeiten, als
       es ihrer Tuchindustrie gut ging, sind lange vorbei und die fünf
       Fabrikschlote im Stadtwappen Erinnerung an bessere Zeiten.
       
       Das Ungewöhnliche an Neumünster ist – und auch das ist bezeichnend – eher
       zufällig bekannt geworden, als es um die Ausrufung von [2][Gefahrengebieten
       in Hamburg] ging: Neumünster lief wegen der Rockerbanden, die dort agieren,
       mehrere Jahre lang als polizeiliches Kontrollgebiet, im Volksmund besser
       bekannt als, eben, „Gefahrengebiet“. Wer dort lebt, läuft täglich an den
       Kneipen vorüber, in denen sich die Szene trifft, und an ihren
       Tattoo-Studios neuerdings auch.
       
       In Neumünster sitzen zwei NPD-Leute im Stadtrat. Es gibt eine
       Neonazi-Szene, die nicht größer oder kleiner ist als in anderen Städten
       auch. Was sie ungewöhnlich macht, ist, dass sich in der Stadt Neonazis und
       Rocker schon lange gefunden haben. Was der Verfassungsschutz heute als
       bedrohliche Entwicklung in ganz Deutschland benennt, hätte er in dieser
       unauffälligen Mittelstadt schon lange antreffen können.
       
       ## Aggressiv männlich
       
       Zwei Szenen, die auf den ersten Blick nicht kompatibel sind, und sich doch
       finden: in ihren autoritären Strukturen, im aggressiven Männlichkeitsideal,
       in ihrer Verachtung für den demokratischen Staat. Es ist eine unheilvolle
       Vermischung und eine, die Angst macht: In Neumünster, so heißt es, würden
       Leute bedroht von Rockern, wenn sie sich über laute Musik beschwerten. Es
       ist eine zutiefst beunruhigende Erfahrung, bedroht zu werden von Leuten,
       denen die Sanktionen gleichgültig sind, die man gegen sie aufbieten kann.
       
       Neumünster zu besuchen, heißt, eine Stadt zu besuchen, in der Menschen der
       Neonazi-Rocker-Szene sehr unterschiedlich begegnen: kämpferisch,
       gleichgültig, eingeschüchtert. Es bedeutet, mit Menschen zu sprechen, die
       unter rechts Denkenden – und entsprechend Handelnden – schon in der Schule
       gelitten haben; mit solchen, die es als ihre politische Aufgabe betrachten,
       diese Rechten zu bekämpfen.
       
       ## Probleme nicht ungewöhnlich
       
       Am auffälligsten sind immer die, die aufstehen, die eine Position
       vertreten. Das bedeutet aber nicht, dass sie die auch durchsetzen könnten.
       Es bedeutet auch nicht immer, dass sie für eine Mehrheit sprechen. Die
       Probleme, mit denen sich Neumünster herumschlägt, und das ist bitter, sind
       nicht ungewöhnlich. Nur sind sie in dieser Stadt wie in einem Brennglas zu
       betrachten: auf engem Raum und schon lange schwelend.
       
       Mehr über braune Rotlichtfiguren, eine Stadt mit arg kurzen Wegen und
       Menschen, die nicht einfach weggehen, lesen Sie in der gedruckten taz nord
       am Wochenende oder [3][hier].
       
       5 Jul 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Friederike Gräff
       
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