# taz.de -- Neue ZDF-Webserie: Auftrag erfüllt
       
       > Die alte Tante ZDF will Zeitgenossenschaft beweisen – und schaufelt sich
       > ihr Grab. Warum die neue Serie „In bester Verfassung“ nicht überzeugt.
       
 (IMG) Bild: Die Ermittler_innen: Matthias Frings, Mechthild Dombrowski und Paul Horner (v.l.n.r.)
       
       „Sie sind ein Relikt“, sagt der Pappkamerad vom Verfassungsschutz – und
       sieht mit seinem arg knapp auf dem Sixpack sitzenden Anzug ein bisschen so
       aus wie so ein Dressman aus dem Quelle- oder Otto-Katalog, wenn die gegen
       Ende ihrer langen, untrennbar mit den fetten Jahren der alten
       Bundesrepublik verwobenen Existenz, versucht haben, ihrem Sortiment für den
       konservativen Massengeschmack eines proportional zur sinkenden Auflage
       zunehmend ältlicheren Kundenstamms doch noch irgendwie den Anschein von
       Mailänder Modewoche zu verpassen. Was es natürlich nur um so schlimmer
       machte.
       
       So gesehen ist der Verfassungsschutz-Dressman selbst das größte Relikt in
       der neuen ZDF-Serie mit dem Titel „In bester Verfassung“ – mit dem der
       Fernsehsender zwar Ironie beweisen, aber vermutlich nicht etwa
       selbstironisch an die eigene Situation anspielen will, die sich gar nicht
       so sehr von den Versandhandelskatalogen kurz vor ihrem endgültigen Aus
       unterscheidet. Das Publikum vergreist, während die Jugend von heute lieber
       anderswo konsumiert, namentlich im Internet. Die Sache mit der
       Digitalisierung.
       
       Was es für das ZDF nur um so schlimmer macht, sind peinlich auf jugendlich
       gebürstete Formate wie die Nachrichtensendung „heute+“, die aus Gründen der
       Schadensbegrenzung nur nach Mitternacht läuft, wie dereinst das Testbild,
       wenn man meint das längst schon schlummernde Stammpublikum nicht mehr
       verschrecken zu können.
       
       Genau aus diesem Grund versendet das ZDF auch seine „Webserien“ –
       [1][„Familie Braun“] über eigentlich ganz liebe Neonazis in Zeiten von
       Multikulti; „[2][Just Push Abuba“] über eine eigentlich ganz liebe Berliner
       WG in Zeiten der Gentrifizierung – zu entsprechend später Stunde, ist doch
       deren Ausstrahlung im klassischen, linearen Fernsehen ohnehin ein
       Anachronismus, wenn nicht Paradox: Die alte Tante ZDF will
       Zeitgenossenschaft beweisen – und schaufelt sich ihr eigenes Grab?
       
       ## Zum Binge Watching gezwungen
       
       Per definitionem gehört die „Webserie“ schließlich ins (World Wide) Web.
       Und da gibt es ja so unendlich viel zu entdecken, auch [3][noch jenseits
       der ZDF-Mediathek], die Aufmerksamkeitsspanne ist kurz, die einzelne
       Episode einer „Webserie“ deshalb nur zwischen vier und 15 Minuten lang. Was
       das ZDF wiederum ad absurdum führt, wenn es die einzelnen Folgen seiner
       Webserien im Zusammenschnitt hintereinander weg zeigt. Programmiertes Binge
       Watching quasi. Ausdruck von Verzweiflung, Hilflosigkeit, könnte man auch
       sagen.
       
       Soviel dazu. Zumal es zu „In bester Verfassung“ sonst gar nicht so viel zu
       sagen gibt.
       
       „Sie sind ein Relikt“, sagt also der Pappkamerad vom Verfassungsschutz
       (Fabian Siegismund): „Die Dienststelle Niederlützel wurde vor über 40
       Jahren gegründet, um die Terroraktivitäten der ,Rottland-Gruppe' zu
       beenden. Und herzlichen Glückwunsch, Sie haben Ihren Auftrag erfüllt!
       Allerdings auch schon vor 35 Jahren.“ Die Verfassungsschutz-Dienststelle in
       der nordrhein-westfälischen Pampa soll also aufgelöst und die beiden
       Mitarbeiter (Gudrun Landgrebe und Uke Bosse), Höchststrafe, nach Rostock
       versetzt werden.
       
       ## Eher Klamauk
       
       Sie wissen sich zu helfen, für ihren Raison d’Être zu sorgen, haben ja noch
       die alten RAF-Bombe in der Vitrine. Die RAF ist ja auch so ein Relikt der
       alten Bundesrepublik. Es kommt wie’s kommen muss. Der inszenierte
       Islamisten-Anschlag (auf einen Schweinemastbetrieb) entwickelt seine
       Eigendynamik, der Schweinezüchter hetzt gegen das Establishment und den
       einzigen Migranten im Ort, der Mob wird von der Leine gelassen: „Wir werden
       seit Jahren von den Arabern unterwandert, und die Merkel ist eh schon
       konvertiert!“ – „Ich hab gesehen, dass die heimlich Kopftuch trägt! Gibt’s
       Fotos im Internet von, muss man wissen!“
       
       Dem Pegida- und AfD-Volk aufs Maul geschaut. Wenn dann aber der
       Bürgermeister (Oliver Klainfeld) in Angst um sein Amt sich mit
       Hitler-Scheitel und Hitler-Gestik nach rechts anbiedert, eine Oma im
       Rollstuhl penetrant ihr „Heil Hitler!“-Mantra aufsagt … erreicht die Komik
       von „In bester Verfassung“ – entwickelt „im TV-Labor Quantum der
       ZDF-Nachwuchsredaktion“ (Buch: Joseph Bolz, Fabian Siegismund, Martin
       Brindöpke) – ziemlich bald ein Niveau, das man früher einmal, zu Zeiten der
       alten Bundesrepublik, Klamauk genannt hat. Man könnte auch sagen: Diese
       Sorte Humor ist ein Relikt.
       
       „In bester Verfassung“, acht Folgen, [4][abrufbar in der ZDFmediathek] und
       [5][bei YouTube]
       
       21 Jun 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /ZDF-Serie-Familie-Braun/!5273296
 (DIR) [2] /ZDF-Fernsehwebserie/!5498635
 (DIR) [3] https://www.zdf.de/serien/in-bester-verfassung/in-bester-verfassung-104.html
 (DIR) [4] https://www.zdf.de/serien/in-bester-verfassung/in-bester-verfassung-104.html
 (DIR) [5] https://www.youtube.com/watch?v=phIW5tSx4SI
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Jens Müller
       
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