# taz.de -- Auslieferungsgesetz in Hongkong: Ausschreitungen nach Großdemo
       
       > Die größte Demonstration seit drei Jahrzehnten endet in der Nacht in
       > Gewalt. Der Protest richtet sich gegen geplante Auslieferungen nach
       > China.
       
 (IMG) Bild: Die Demonstrationen in Hongkong erinnern an die „Regenschirm“-Proteste von 2014
       
       Hongkong dpa/ap | Nach der Großdemonstration von rund einer Million
       Menschen in [1][Hongkong gegen geplante Auslieferungen] an China ist es in
       der Nacht zum Montag zu Ausschreitungen gekommen. Es gab Verletzte und
       Festnahmen. Nachdem sich der friedliche Massenprotest am Sonntagabend
       aufgelöst hatte, versuchten einige hundert Demonstranten gegen Mitternacht,
       Absperrgitter einzureißen und den Legislativrat und Regierungssitz zu
       stürmen. Polizisten gingen mit Schlagstöcken und Pfefferspray vor.
       
       Zuvor war die Demonstration am Sonntag friedlich geblieben. Nach Angaben
       der Organisatoren waren rund eine Million Menschen gegen das geplante
       Auslieferungsgesetz auf die Straße gegangen. Es war die größte
       Demonstration in Hongkong seit den Protesten vor 30 Jahren gegen die
       [2][blutige Niederschlagung der Demokratiebewegung] am 4. Juni 1989 in
       Peking.
       
       Das kontroverse Gesetz würde Hongkongs Behörden erlauben, auf Ersuchen
       chinesischer Stellen verdächtigte Personen an die kommunistische
       Volksrepublik auszuliefern. Kritiker argumentieren aber, dass Chinas
       Justizsystem nicht unabhängig sei, internationalen Standards nicht
       entspreche und politisch Andersdenkende verfolge. Auch drohten Folter und
       Misshandlungen. Das Gesetz wurde als „Werkzeug zur Einschüchterung“ in
       Hongkong beschrieben.
       
       Die Hongkonger Regierungschefin Carrie Lam will das von ihrer Regierung
       vorgelegte Gesetz im Schnellverfahren am Mittwoch vom Legislativrat – dem
       Parlament – beschließen lassen, ohne dass es vorher in den Fachausschüssen
       beraten wurde. Am Montag deutete sie an, trotz der Proteste an dem Gesetz
       festhalten zu wollen. Es sei wichtig und werde Hongkong helfen, die Justiz
       aufrechtzuerhalten und seine internationalen Verpflichtungen zu erfüllen.
       Gleichwohl werde sichergestellt, dass Menschenrechte gewahrt würden.
       
       ## Ausschreitungen erinnern an Regenschirm-Proteste
       
       Die frühere britische Kronkolonie wird seit der Rückgabe 1997 an China nach
       dem Grundsatz „ein Land, zwei Systeme“ als eigenes Territorium autonom
       regiert. Die sieben Millionen Einwohner der heutigen chinesischen
       Sonderverwaltungsregion genießen größere Freiheiten als die Menschen in
       China, darunter das Recht auf freie Meinungsäußerung sowie Presse- und
       Versammlungsfreiheit. Als Reaktion auf die Demonstrationen 2014 für mehr
       Demokratie, die Teile der Stadt wochenlang lahmlegten, zieht Peking aber
       die Zügel straffer.
       
       Die Ausschreitungen in der Nacht zum Montag erinnerten an die
       [3][„Regenschirm“-Proteste vor fünf Jahren], die ihren Namen damals von den
       Regenschirmen gegen die Sonne und das Pfefferspray der Polizei bekommen
       hatten. Die Demonstranten, die das Parlament stürmen wollten, waren zum
       Teil maskiert und gehörten Studentengruppen an, die für eine Unabhängigkeit
       der Sonderverwaltungsregion eintreten.
       
       Die Polizei rief Spezialkräfte, die den Protest nach rund einer halben
       Stunde auflösten, wie die Hongkonger Zeitung South China Morning Post
       berichtete. Einige Demonstranten und Polizisten seien verletzt worden. In
       den frühen Morgenstunden sei es an anderen Orten in der Metropole zu
       weiteren kleineren Zwischenfällen gekommen.
       
       Anwaltsverbände, Menschenrechtsgruppen und ausländische Handelskammern
       haben sich besorgt über die Auswirkungen geäußert. Es wurde gewarnt, dass
       Auslieferungen an China die Position Hongkongs als internationaler
       Handelsplatz untergraben könnten. Auch zeigten sich einige Länder wie die
       USA und Kanada beunruhigt, dass das Gesetz ihre Bürger in Hongkong
       betreffen könnte.
       
       10 Jun 2019
       
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