# taz.de -- Kolumne Press-Schlag: 4.000 Lichtjahre von zu Hause
       
       > Der FC Chelsea gewinnt zum zweiten Mal die UEFA Europa League. Er erzielt
       > ein 4:1 gegen den Stadtrivalen Arsenal – im weit entfernten Baku.
       
 (IMG) Bild: Maximal phallisch: So sehen Sieger aus!
       
       Es hätte Istanbul sein können oder Sevilla, wie schon einmal, 2014. Es
       hätte Moskau sein können oder Lissabon oder Mailand. All diese Metropolen
       hatten mindestens zwei Klubs im laufenden Wettbewerb. Am Ende wurde es dann
       London: Die Welthauptstadt des Fußballs im Jahr 2019 stellte gleich beide
       Teams des Finales in der UEFA Europa League, das damit zum allerersten Mal
       ein Lokalderby im Finale sah – bisher hatte es ein solches nur im
       Viertelfinale gegeben (neben dem Derby von Sevilla gab es noch ein
       Bukarest-Duell 2006). Das Ergebnis fiel eindeutig aus: Der FC Chelsea
       gewann den Cup nach einem gerechten 4:1 (Halbzeit 0:0) über Arsenal.
       
       Baku hätte es übrigens nicht sein können. Der örtliche Klub Neftçi Baku,
       der Klub mit dem schönen Bohrturm im Wappen, schied bereits in der 1.
       Qualifikationsrunde aus; Qarabağ Ağdam schaffte es immerhin in die
       Gruppenphase – der Verein aus der Exklave Karabach hat allerdings in Baku
       lediglich ein vorübergehendes Asyl gefunden.
       
       Es war ein etwas bizarres Finale in diesem großen, bei weitem nicht
       ausverkauften „Olympiastadion“ in Baku, am Rande Europas, in Aserbaidschan,
       das fußballerisch eher ein Zwergenstaat ist und politisch für manchen
       Zündstoff sorgt – Stichworte: Menschenrechte, Pressefreiheit, Autoritäres
       System, Korruption, Konflikt mit Armenien. Letzterem fiel auch der
       armenische Fußballer Henrich Mchitarjan von Arsenal zum Opfer: Er reiste
       aufgrund fehlender Sicherheit lieber erst gar nicht mit.
       
       ## Die Gunners und die Blues
       
       Die Atmosphäre in diesem Stadion, das sich ausnimmt wie das Innere eines
       überdimensionierten Hochzeitskuchens, aus dem dann leider kein Stripper
       springt, war dementsprechend, tja, lame. Man musste schon genau in die
       Minen der Kicker sehen, um zu erkennen, dass es hier echt um etwas ging.
       Der UEFA-Pokal! Ein Londoner Stadtduell im Finale! Nach zwei hochklassigen,
       aberwitzigen Halbfinals! Team 3 und 5 aus der derzeit besten Liga der Welt!
       
       Das Spiel selbst war zunächst von taktischer Zurückhaltung geprägt: Der FC
       Chelsea fand erst spät in die Partie, die „Gunners“ von Arsenal bestimmten
       das Geschehen in der ersten Halbzeit, ohne wirklich zwingend zu sein. Ab
       der 30. Minute zeigte sich dann allmählich, wer das kompaktere Team mit dem
       besseren System war.
       
       In der zweiten Halbzeit wurden dann früh die Weichen gestellt: Der
       französische Weltmeister Olivier Giroud eröffnete mit einem
       weltmeisterlichen Kopfball den Torreigen (49. Minute), bevor die
       überragenden Pedro Rodriguez und Eden Hazard (Doppelpack inklusive
       verwandeltem Strafstoß) innerhalb von zwölf Minuten alles klar machten.
       
       ## Wie es gewesen wäre
       
       Arsenal kam spät noch einmal auf, vor allem durch die Einwechselspieler:
       Alex Iwobi sorgte mit einem Sonntagsschuss für den Ehrentreffer, vergab
       dann aber wie auch Chris Willock noch Riesenchancen.
       
       Am Ende feierten die „Blues“ mit ihrem italienischen Coach Maurizio Sarri,
       einem Mann, der den praktischen Trainingsanzug dem feinen Zwirn stets
       vorzieht, und der sich als reiner Fußballtrainer ohne vorherige aktive Zeit
       von der toskanischen Provinz bis zu diesem Sieg emporgearbeitet hat, den er
       jetzt im zarten Alter von 60 mit seiner blendend eingestellten Truppe
       einfahren konnte. Im weiten, fast leeren Rund.
       
       Chelsea hat mit diesem zweiten Europaliga-Triumph demonstriert, dass man
       stets um Titel mitspielt, während Arsenal seinem Ruf als ewige Losertruppe
       wieder einmal gerecht wurde. In Baku musste man sich kurz vorstellen, wie
       es gewesen wäre, hätte das Stadtderby auf diesem Niveau im Londoner
       Wembley-Stadion stattgefunden – und nicht in 4.000 km Entfernung davon. Die
       geldfixierte und unflexible Uefa wird sich wenigstens für diese
       gescheiterte Nacht etwas geschämt haben müssen.
       
       30 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) René Hamann
       
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