# taz.de -- 25 Jahre RE1: Die Modell-Eisenbahn
       
       > Seit 25 Jahren verbindet der Regionalexpress RE1 Berlin mit vielen
       > Brandenburger Städten. Ein Experiment, das bald zum Vorbild für andere
       > Verbindungen wurde
       
 (IMG) Bild: Früher Grün, heute Rot: Der RE1 ist eine Erfolgsgeschichte
       
       Fehlende Sitzplätze, zu wenig Raum für Gepäck und dann auch noch
       unerwünschter Körperkontakt mit drängelnden Mitreisenden beim Ein- und
       Aussteigen – Fahrten mit dem Regionalexpress in der Stoßzeit können ganz
       schön lästig sein. Dennoch scheint der Bedarf weiter zu wachsen. Die
       direkte Verbindung der Brandenburger Städte mit dem Berliner Zentrum gibt
       es seit 25 Jahren.
       
       Diesen Montag feiert der Regionalexpress (RE) 1 sein Jubiläum: Am 27. Mai
       1994 fuhr der erste Zug. Es war der erste Regionalexpress überhaupt. Von
       Frankfurt (Oder) ging die Premierenfahrt über den Berliner Ostbahnhof, der
       damals noch Hauptbahnhof hieß, nach Magdeburg, erinnert sich Uwe Stage. Er
       war damals als einer von acht Zugbegleitern mit dabei, Brandenburgs
       Ministerpräsident Manfred Stolpe übernahm die landesväterliche Aufgabe, als
       Startsignal mit einer Kelle zu wedeln. „Das war schon etwas Besonderes.“
       Stage kann das beurteilen, schließlich hat er seit 1970 praktisch sein
       ganzes Berufsleben bis zur Rente bei der Bahn zugebracht.
       
       Besonders war der Regionalexpress auch, weil er ein damals völlig neues
       Konzept darstellte. Bis dahin endeten die Züge aus dem Umland meist an der
       ersten S-Bahn-Station, dort musste umgestiegen werden. Außerdem ging es
       insgesamt deutlich langsamer voran. Anfang der 1990er Jahre brauchte man
       für die 81 Kilometer von Frankfurt (Oder) in die Hauptstadt in der Regel
       noch rund zwei Stunden. Die Bummelzüge hielten fast an jedem Bahnhof, und
       war er auch noch so klein. Heute sind Reisende auf diesem Abschnitt des RE1
       nur etwa halb so lange unterwegs.
       
       Was Technik und Komfort betrifft, stellten die Züge einen Qualitätssprung
       dar. „Die Türen gingen automatisch auf“, erinnert sich Stage, „das gab es
       vorher nicht.“ Außerdem waren sie viel breiter, sodass nun auch Rollstühle
       und Kinderwagen hineinpassten. Auch für die Kundenbetreuer sei es leichter
       geworden, den Zug durchqueren, so Stage. In den einige Jahre später
       eingesetzten moderneren Doppelstockzügen gab es Einzelsitze und
       Klimaanlage. Anfangs wurde in der ersten Klasse sogar kostenlos Kaffee
       ausgeschenkt – lange hielt sich dieser Service aber nicht.
       
       Auch Brandenburgs damalige Sozialministerin, die ebenso schlagfertige wie
       volksnahe Regine Hildebrandt, sei öfter mit dem Zug unterwegs gewesen, weiß
       Uwe Stage noch. „Sie saß immer auf der Treppe.“ Sie habe zwar ein Ticket
       für die erste Klasse besessen, wollte sich aber nicht überreden lassen,
       dort auch zu sitzen. Das stehe sonst am nächsten Tag in der Zeitung, habe
       sie gesagt.
       
       Von Anfang an sei der neue Zug auch bei den Reisenden gut angekommen. Die
       Nutzerzahlen stiegen stetig, es habe viele Stammgäste gegeben, so Stage:
       „Allein die ganzen Studenten und Dozenten von der Viadrina in Frankfurt!“
       In den ersten Jahren bis 1998 blieb der Regionalexpress geteilt, wegen der
       Sanierung der Stadtbahnstrecke in der Berliner Innenstadt endeten die Züge
       aus Frankfurt (Oder) im Ostbahnhof. Ab Bahnhof Zoo fuhren sie dann über
       Potsdam und Brandenburg an der Havel nach Magdeburg.
       
       Ziel sei es damals gewesen, die Brandenburger Städte besser an Berlin
       anzubinden, sagt Hans Leister. Der frühere Bahnmanager ist heute als
       Berater unter anderem für den Fahrgastverband Pro Bahn tätig. Anfang der
       1990er Jahre war er für das Konzept des Regionalverkehrs mitverantwortlich.
       „Man wollte die Berliner aufs Land locken, um die Abwanderung zu stoppen“,
       so Leister, der Regionalexpress sollte ein attraktives Angebot für Pendler
       werden.
       
       Tatsächlich haben Brandenburgs Städte vom RE-Anschluss profitiert. Wer gut
       pendeln kann, zieht nicht weg – selbst wenn es vor Ort keinen Arbeitsplatz
       gibt. Den Kommunen der Mark blieben so Steuerzahler erhalten. „Mittlerweile
       gibt es ja auch außerhalb des Speckgürtels Zuzug aus Berlin“, sagt Leister,
       „sofern es einen Anschluss mit einem Regionalexpress gibt.“
       
       Was die Fahrgastzahlen angeht, ist der RE1 ein Erfolg: 1994 startete er mit
       durchschnittlich 3.900 Passagieren pro Tag unter der Woche, 2002 waren es
       bereits 37.000, zum 20. Jubiläum 56.000 und im vergangenen Jahr rund
       64.000. Ab dem Jahr 2000 wurde vom Stundentakt auf zwei Fahrten pro Stunde
       umgestellt. Die Linie wurde zum Vorbild für viele weitere.
       
       ## Die DB ist erst mal raus
       
       Die wachsende Beliebtheit führt heute jedoch dazu, dass es vor allem
       zwischen Potsdam und Berlin-Alexanderplatz oft so voll ist, dass die
       Reisenden stehen müssen. „Eigentlich sollte jeder einen Sitzplatz finden“,
       sagt Leister. Das Land Brandenburg hat darauf reagiert: Der neue
       Landesnahverkehrsplan sieht ab 2022 tagsüber drei Fahrten pro Stunde vor.
       
       Allerdings ist für die Deutsche Bahn dann auf der Strecke des
       Regionalexpress 1 erst einmal Schluss: Im Herbst vergangenen Jahres hat sie
       in der Ausschreibung des Teilnetzes Elbe-Spree den Kürzeren gezogen. Das
       Land hatte das Netz bei der Ausschreibung in vier Lose aufgeteilt, jeder
       Bewerber konnte maximal zwei gewinnen. Künftig werden auf der Strecke Züge
       der privaten ODEG (Ostdeutsche Eisenbahn GmbH) unterwegs sein.
       
       26 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Marco Zschieck
       
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