# taz.de -- Streit in der Berliner AfD: Alternative: nicht wählen!
       
       > Der AfD-Landesvorstand hätte sich längst zur Wiederwahl stellen müssen.
       > Stattdessen ließ er die Satzung ändern – erledigt ist das Problem damit
       > nicht.
       
 (IMG) Bild: Halten sich an der Macht: Mitglieder des aktuellen Landesvorstands
       
       Die Frage, ob der Vorstand der Berliner AfD noch rechtmäßig im Amt ist,
       beschäftigt jetzt das Bundesschiedsgericht der Partei. „In dieser Sache
       sind bei uns mehrere Verfahren anhängig“, sagte Monica-Ines Oppel,
       bayerische Rechtsanwältin und Präsidentin des Bundesschiedsgerichts am
       Dienstag der taz. Da es sich um laufende Verfahren handele, könne sie sich
       nicht im Detail äußern. Die Mitglieder der Schiedsgerichte sind zudem zu
       Verschwiegenheit verpflichtet.
       
       Auslöser des Streits, über den zuerst der Tagesspiegel berichtet hatte, ist
       die Tatsache, dass sich der aktuelle Landesvorstand, dem neben dem
       Landesvorsitzenden Georg Pazderski unter anderem die Bundestagsabgeordnete
       Beatrix von Storch als stellvertretende Vorsitzende angehört, eigentlich
       längst zur Wiederwahl hätte stellen müssen. Da der aktuelle Vorstand im
       November 2017 gewählt wurde, wäre die Neuwahl spätestens Anfang 2019 fällig
       gewesen: Diese müsse „spätestens zu Beginn des zweiten Kalenderjahres nach
       der Wahl“ stattfinden, heißt es in der Satzung des Berliner Landesverbands.
       
       Besser gesagt: hieß es. Denn nach mehreren Beschwerden von
       Parteimitgliedern wurde die Satzung auf dem letzten Parteitag Anfang Mai
       kurzerhand geändert: Mit einer Zweidrittelmehrheit wurde der umstrittene
       Satz gestrichen.
       
       Aus Sicht des Landesvorstands ist der Streit damit nun offenbar erledigt.
       Rechtlich ist das allerdings nicht haltbar: „Es ist nicht möglich, den
       satzungswidrigen Zustand rückwirkend zu ändern“, sagt Christian Pestalozza,
       emeritierter Professor an der Freien Universität Berlin und Experte für
       Parteienrecht, der taz.
       
       Die Berliner AfD hat nämlich offenbar versäumt, in ihrer Satzung eine
       Übergangsregelung festzuhalten für den Fall, dass sich die Neuwahl eines
       Landesvorstands verzögert. Üblicherweise halten Parteien fest, dass für
       diesen Fall der alte Vorstand so lange im Amt bleibt, bis der neue gewählt
       ist – in der Satzung der AfD Berlin gibt es keinen solchen Passus. „Wenn
       der Landesvorstand also nicht mehr rechtmäßig im Amt gewesen ist, dann kann
       er auch nicht durch eine Satzungsänderung wieder eingesetzt werden“, so
       Pestalozza.
       
       Ronald Gläser, Sprecher der Berliner AfD, war am Dienstag nicht für eine
       Stellungnahme zu erreichen. Gläser ist als Beisitzer selbst Mitglied des
       aktuellen Landesvorstands.
       
       Warum dieser offenbar mit aller Macht versucht, die Vorstandswahlen
       hinauszuzögern, darüber gibt es unterschiedliche Vermutungen. Ein Berliner
       AfD-Mitglied, das nicht namentlich genannt werden will, sagte der taz,
       möglicherweise solle die Berliner Neuwahl zeitlich so nah wie möglich an
       die Neuwahl des AfD-Bundesvorstands herangeschoben werden, die
       voraussichtlich im Dezember stattfinden wird. Georg Pazderski ist nicht nur
       Berliner Landesvorsitzender, sondern auch Mitglied des Bundesvorstands.
       Oder aber der Landesvorstand spekuliere darauf, sich erst im nächsten Jahr
       wiederwählen zu lassen, wodurch er zum Zeitpunkt der nächsten
       Abgeordnetenhauswahlen im September 2021 noch im Amt wäre.
       
       Nachdem es aus der Partei mehrere Beschwerden gegeben hatte, weil die
       Vorstandswahlen auf sich warten ließen, hatte das Landesschiedsgericht den
       Vorstand schon im März darauf hingewiesen, dass er in dieser Sache tätig
       werden müsse. Das Gericht weist in dem Schreiben, das der taz und anderen
       Medien vorliegt, darauf hin, dass „hier alles unternommen werden sollte, um
       diesbezügliche mögliche negative Folgen zu vermeiden“. Die „wegen der
       Satzung in Zukunft nach Ansicht des Gerichts möglicherweise nicht mehr
       gegebene[n] Legitimation des Vorstands“ könne zu erheblichen Problemen für
       die Partei führen.
       
       Entgegen dem Rat des Landesschiedsgerichts entschied sich der Vorstand, für
       den Parteitag Anfang Mai keine Vorstandswahlen anzusetzen. Daraufhin traten
       vergangene Woche alle drei Richter des Landesschiedsgerichts zurück. Auch
       damit muss sich nun das Bundesschiedsgericht beschäftigen: „In so einem
       Fall haben wir die Möglichkeit, entweder Verfahren an ein anderes
       Landesschiedsgericht zu verweisen oder kommissarische Richter zu ernennen“,
       sagt Monica-Ines Oppel.
       
       Es ist nicht das erste Mal, dass es in der Berliner AfD Streit über die
       innerparteiliche Demokratie gibt. So hatte es erwiesenermaßen bei der
       ersten Wahl Pazderskis und von Storchs in den Landesvorstand im Januar 2016
       mehrere Fälle von Wahlbetrug gegeben.
       
       21 May 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Malene Gürgen
       
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