# taz.de -- Aufstand gegen Sudans Diktator: Größte Proteste seit 50er Jahren
       
       > Erst Massenproteste im Sudan, jetzt eine Massenbelagerung des
       > Militärhauptquartiers. Ziel: Die Armee soll Diktator Bashir stürzen.
       
 (IMG) Bild: Streitkräfte belagert: Demonstranten in Khartum
       
       BERLIN taz | Es sind [1][die größten Massenproteste im Sudan] seit der
       Unabhängigkeit 1956, und am Montagnachmittag schien das Regime von
       Gewaltherrscher Omar Hassan al-Bashir auf so wackligen Füßen zu stehen wie
       noch nie in seiner dreißigjährigen Geschichte. Seit Samstag harren
       Zehntausende Demonstranten vor dem Armeehauptquartier in Sudans Hauptstadt
       Khartum aus, zugleich Amtssitz des Präsidenten. Sie wollen erst wieder
       gehen, wenn die Diktatur gestürzt ist. Und sie hoffen, dass das Militär
       sich auf ihre Seite stellt.
       
       „Freiheit! Freiheit!“, skandiert eine Menge von Protestierenden, die bis
       zum Horizont reicht, auf einem der unzähligen Videos aus Khartum, die auf
       sozialen Netzwerken kursieren. Was Mitte Dezember als Protest gegen
       Preiserhöhungen und Korruption begonnen hatte, ist mit dem Zug der
       Demonstranten direkt vor die Schaltzentrale der Macht im Sudan eine offene
       Machtprobe geworden, aus der nur zwei Auswege denkbar sind: ein Umsturz –
       oder ein Blutbad.
       
       In der Nacht zum Montag sah es so aus, als setze sich die Gewaltoption
       durch. Mit schweren Waffen eröffneten Sicherheitskräfte in der Dunkelheit
       das Feuer auf die versammelten Menschen auf der Straße. Die Zahl von Toten
       und Verletzten ist nicht bekannt. Bemerkenswert aber: Nach
       übereinstimmenden Berichten schützten daraufhin Soldaten die Demonstranten.
       Sie verhinderten damit weiteres Blutvergießen durch Elitepolizeieinheiten
       und Sondermilizen wie die RSF (Rapid Support Force), Nachfolger der
       berüchtigten Janjaweed-Völkermordmiliz aus Darfur und zuletzt bevorzugter
       Partner Deutschlands und der EU beim Abriegeln von Migrationsrouten.
       
       Verbrüderung zwischen Soldaten und Demonstranten im Sudan hat es zuletzt
       mehrfach gegeben, und am Sonntag machten Bilder die Runde, wie sich ein
       komplettes Armeebataillon in voller Kampfmontur einem Demonstrationszug
       anschließt. Doch eine bewaffnete Konfrontation zwischen Teilen des
       Sicherheitsapparats hat eine neue Qualität.
       
       ## Soldaten oft verarmt
       
       Am Montagnachmittag machten Gerüchte die Runde, ein Teil der Streitkräfte
       sei im Begriff, mit der Sudanese Professionals Association (SPA) – dem
       sudanesischen Berufsverband, der die Proteste im Dezember losgetreten hatte
       – eine Übergangsregierung zu bilden. In einer Erklärung forderte der SPA
       „die Gründung eines Rates der Kräfte für die Freiheit und den Wandel und
       der Kräfte der Revolution […], der die politischen Verbindungen mit den
       Streitkräften und den lokalen und internationalen Akteuren halten soll, um
       den Prozess des politischen Übergangs und die Machtübertragung an eine mit
       den Kräften der Revolution übereinstimmenden zivilen Übergangsregierung
       abschließen soll“. Bashir und seine Regierung, so die Erklärung weiter,
       müssten „sofort“ und „bedingungslos“ abtreten.
       
       Dass Teile des Militärs mit Bashir brechen könnten, verwundert nicht. Auch
       die einfachen Soldaten leiden unter Verarmung und Korruption. Die
       Demonstranten sind ihre Familienangehörigen. Am 22. Februar hatte Präsident
       Bashir überdies zahlreiche Generäle verärgert, [2][als er bei der
       Verhängung des Ausnahmezustandes wichtige altgediente Figuren entmachtete].
       
       Ein Militärputsch, der den Weg zur Demokratisierung freimacht, – das
       schwebte den Demonstranten auf jeden Fall vor, als sie am 6. April mit
       ihrem Dauerprotest vor der Armeezentrale begannen. Der 6. April ist im
       Sudan der Jahrestag des Militärputsches von 1985, als der langjährige
       Präsident Jaafar al-Nimeiri unter dem Jubel der Bevölkerung gestürzt wurde.
       Die darauffolgenden Wahlen gewann Oppositionsführer Sadiq al-Mahdi. Er
       regierte drei Jahre – bis zu Bashirs Militärputsch 1989. Heute ist al-Mahdi
       83 Jahre alt, unterstützt die Protestbewegung – und wartet auf seine
       Revanche.
       
       8 Apr 2019
       
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