# taz.de -- Brexit-Abstimmungen in Großbritannien: Kein zweites Referendum
       
       > Das britische Parlament lehnt den No-Deal-Brexit und ein zweites
       > Referendum ab. Eine Verschiebung rückt näher. Aber May hält an ihrem Deal
       > fest.
       
 (IMG) Bild: Stehen im Regen: Demonstranten für ein zweites Brexit-Referendum vor dem Parlament
       
       Berlin taz | Großbritanniens Parlament soll nächste Woche zum dritten Mal
       [1][über den Brexit-Deal abstimmen], den es bereits zweimal abgelehnt hat.
       Mit diesem Vorhaben reagierte Premierministerin Theresa May am
       Mittwochabend auf die Entscheidung des Unterhauses, einen EU-Austritt ohne
       Deal abzulehnen.
       
       Die Ankündigung eines dritten Deal-Votums war Teil des Regierungsantrags
       zur Entscheidung über eine Verlängerung der Austrittsfrist, der am
       Donnerstagabend mit 412 zu 202 Stimmen vom Parlament angenommen wurde.
       
       Sollte das Unterhaus bis zum 20. März für den Deal stimmen, wird
       Großbritannien dem Regierungskonzept zufolge eine Verschiebung des Brexit
       um drei Monate – vom 29. März auf 30. Juni – beantragen, um die nötigen
       Gesetzesvorhaben zur Umsetzung des Deals durch das Parlament zu bringen.
       
       Da Anfang Juli das im Mai neu zu wählende EU-Parlament zusammentritt, gilt
       Ende Juni als letztmöglicher Termin für einen Austritt eines EU-Mitglieds
       gemäß Artikel 50 der EU-Verträge, ohne vorher noch an den Europawahlen
       teilnehmen zu müssen.
       
       Sollte der Deal wieder nicht angenommen werden, was möglich erscheint, wird
       laut Regierung eine längere Verschiebung nötig, und es muss einen Beschluss
       darüber geben, wofür sie gut ist. Es sei dann nämlich, so der Antragstext,
       „hoch wahrscheinlich, dass der EU-Ministerrat ein klares Ziel jeder
       Verlängerung verlangen würde“.
       
       ## Ziel einer Verlängerung ist noch nicht klar
       
       Wie Kabinettsminister David Lidington in Vertretung der wegen Heiserkeit
       unpässlichen Premierministerin am Donnerstag vor den Abgeordneten
       klarstellte, werde man in diesem Szenario in den nächsten zwei Wochen Zeit
       schaffen, um dem Parlament die Gelegenheit zu geben, sich auf ein Ziel zu
       einigen. Brexit-Gegner forderten, früher zu beginnen; sie wollen dafür die
       dritte Deal-Abstimmung kippen.
       
       Das wiederum lehnt die Regierung ab, denn sie wittert ihre beste und letzte
       Chance, beim dritten Versuch das Brexit-Abkommen doch noch durch das
       Parlament zu bringen. Vor die Alternative eines Ja zu Mays Deal oder einer
       Brexit-Verschiebung auf unbestimmte Zeit gestellt, so das Kalkül, dürften
       auch die bisher skeptischen Brexit-Hardliner auf Linie kommen.
       
       Allen ist bewusst, dass die Zeit sehr knapp ist. Als einzig möglicher
       Zeitpunkt für die nötige einstimmige Zustimmung aller anderen 27
       EU-Mitglieder zu einem britischen Verlängerungsantrag vor dem 29. März gilt
       der nächste EU-Gipfel am 21./22. März.
       
       Deswegen will die britische Regierung spätestens zum 20. März ihren Deal
       doch noch durch das Parlament bringen. Im Gespräch ist eine Abstimmung am
       19. März. Klar ist aber auch: Bei einem Nein zum Deal fehlt dann die Zeit,
       um rechtzeitig zum EU-Gipfel wenige Tage später einen Parlamentsbeschluss
       zur Begründung eines längeren Verlängerungsantrages herbeizuführen.
       
       Daher ist ein No-Deal-Brexit am 29. März nicht komplett vom Tisch – daran
       ändern auch die Parlamentsbeschlüsse gegen einen No-Deal vom Mittwoch
       nichts. „Solange keine Verlängerung nach Artikel 50 beantragt und bewilligt
       worden ist, wird das Vereinigte Königreich qua EU-Gesetz die EU um
       Mitternacht am 29. März 2019 verlassen“, stellte am Donnerstag die
       britische Generalanwältin beim Europäischen Gerichtshof, Eleanor Sharpston,
       auf Twitter klar.
       
       ## Zweite Volksabstimmung mit großer Mehrheit abgelehnt
       
       Das am häufigsten ins Spiel gebrachte Ziel einer langen Brexit-Verschiebung
       – eine zweite Volksabstimmung – fiel am Donnerstagabend klar durch. Der
       entsprechende Antrag einer Abgeordneten der neuen zentristischen
       Independent Group wurde mit 334 zu 85 Stimmen abgelehnt – eine absolute
       Mehrheit der 650 Abgeordneten.
       
       Die meisten Labour-Abgeordneten enthielten sich. Sie folgten damit einer
       Empfehlung der People's-Vote-Kampagne für ein zweites Referendum, nach
       deren Ansicht es jetzt noch zu früh für den Beschluss eines zweiten
       Referendums wäre. Das unerwartet hohe Ausmaß der Niederlage macht es jedoch
       unwahrscheinlich, dass es für dieses Ansinnen jemals eine Mehrheit geben
       könnte.
       
       Mit sehr knapper Mehrheit – 314 gegen 311 Stimmen – sprach sich das
       Parlament auch gegen einen von Labour-Hintebänklern eingebrachten Antrag
       aus, der Regierung am kommenden Mittwoch die Hoheit über die
       Geschäftsordnung des Untehauses zu entziehen und dann in Eigenregie über
       das Ziel einer Brexit-Verschiebung zu entscheiden. Die Regierung hatte sich
       scharf gegen diesen Vorschlag als Chaotisierung der verfassungsrechtlichen
       Ordnung ausgesprochen.
       
       14 Mar 2019
       
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