# taz.de -- Kolumne Olympyada-yada-yada: Posttraumatische Belastungsstörung
       
       > Berlins Sportsenator findet, es sei wieder an der Zeit für Olympia. Aber
       > wie soll die Stadt das hinkriegen, wenn es nicht mal mit einem Flughafen
       > klappt?
       
 (IMG) Bild: Alles andere als „olympiaverzagt“: explosive Eröffnungsfeier der Jugendspiele in Buenos Aires 2018
       
       Im Endlager für fixe Ideen wurde auch dieser Satz verklappt: „Wäre doch
       nicht schlecht, wenn Berlin Olympische Sommerspiele ausrichten würde.“ Man
       dachte, die olympischen Ambitionen ruhten ebenso tief unter märkischem Sand
       wie der rhetorische Sondermüll, aber irgendein Sportpolitiker aus Berlin
       greift halt immer zielsicher zum Spaten und buddelt nach olympischen
       Artefakten. Meist sind es Sportsenatoren, die sich wie weiland Heinrich
       Schliemann aufmachen, den Schatz des Priam…, nein, des Coubertin zu heben.
       
       [1][Klaus Böger von der SPD war so ein Buddler]. Zu gern hätte er den
       olympischen Tross 2012 in die Hauptstadt geholt. Oder 2016. Aber weil Böger
       seinerzeit mit der olympiafeindlichen PDS koalieren wollte, opferte er
       seine Visionen auf dem Altar der Realpolitik. Unsere sexy Hauptstadt, die
       mit 57,6 Milliarden Euro verschuldet ist, sollte auch ins Rennen um die
       Sommerspiele 2024 gehen, schaffte es aber nicht einmal über die erste
       kleine nationale Hürde.
       
       [2][Jetzt ist es SPD-Sportsenator Andreas Geisel], der mit einem
       Grabungsfund vor die Presse getreten ist: „Ich möchte, dass die
       Bundesrepublik sich bewirbt. Und wenn die Bundesrepublik uns auffordert,
       das auszurichten, dann machen wir das.“ Wir, das ist Berlin. Oder umfasst
       dieses Wir doch nur Geisel, der für die Berliner mitdenkt? Na ja,
       vielleicht müsste man sich auch mit Warschau zusammentun oder anderen
       Großstädten in Deutschland, lässt Geisel wissen, aber so ganz grundsätzlich
       wäre Olympia doch eine dufte Sache für die Stadt und ihre halb marode
       Infrastruktur.
       
       Olympia könnte für Berlin wie eine Art Marshallplan funktionieren, meint
       der Sportsenator und lässt die üblichen Kollateralschäden olympischer
       Großpläne außer Acht, als da wären: explodierende Kosten,
       Vermittlungsprobleme in der Bevölkerung, die Krux der Nachnutzung teurer
       Sportstätten, steigende Lebenshaltungskosten, den fast legendären Berliner
       Orga-Murks – und nicht zuletzt das olympische Erbe der Stadt.
       
       ## Die Stadt ist selbstbewusster geworden
       
       Das gliedert sich in zwei unterschiedlich große Teile: Einerseits müssten
       die Berliner Olympiamacher der Zukunft mit den [3][Nazispielen von 1936]
       umgehen, was bei einer Ausrichtung des bunten Ringspiels 2036 eine heikle
       Aufgabe wäre, auf der anderen Seite ist die Erinnerung an das
       Bewerbungsdesaster für die 2000er-Spiele noch relativ frisch. Damals dachte
       Berlin auch groß, aber diese Pläne kamen zu früh.
       
       Die Stadt musste sich erst mal selbst finden. Mit einer berlintypischen
       Militanz wehrten sich die Olympiaverächter damals gegen die Pläne. Sie
       klauten Fahnen, schmolzen Gedenktafeln ein, sie steigerten sich regelrecht
       in einen antiolympischen Exzess hinein. Am Ende dieses Kampfes, den die
       NOlympia-Gemeinde gewinnen sollte, hatte Berlin zwar eine moderne
       Radrennbahn und ein schmuckes Schwimmstadion, aber auch eine Art
       posttraumatische Belastungsstörung in Sachen Olympia.
       
       Man kann den neuerlichen Olympiaanlauf der Sportsenatoren als
       therapeutische Interventionen deuten, aber das würde zu kurz greifen.
       Mittlerweile haben wir es mit einem anderen Berlin als noch vor 25 Jahren
       zu tun. Im Vergleich zu den 90ern ist die Stadt gereift. Sie ist
       selbstbewusster geworden, in gewissem Sinne auch olympiatauglicher. Aber
       das ist natürlich nur so ein Gefühl, das unter dem Laserstrahl der Realität
       in tausend kleine Teile zerfällt. Wenn Berlin nicht mal einen Großflughafen
       eröffnen kann, wie soll die Stadt dann Olympische Spiele hinkriegen? Klar,
       die Frage ist berechtigt.
       
       Aber diese Fragen sind es auch: Wann endet die olympische Verzagtheit von
       Städten wie Berlin? Wann wacht der Westen endlich auf und legt seinen
       Olympiakomplex ab? Und damit ist nicht Westberlin gemeint.
       
       14 Mar 2019
       
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 (DIR) Markus Völker
       
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