# taz.de -- Tutorial gegen Gentrifizierung: Bauanleitung Milieuschutz
       
       > Was tun, wenn Ihr Mietshaus vom Immobilien-Hai bedroht wird? Wie bringt
       > man seinen Bezirk dazu zum Vorkauf. Eine Anleitung in drei Schritten.
       
 (IMG) Bild: Mieter*innen-Proteste wirken: Der Bezirk unternimmt mehr, wenn Mieter*innen demonstrieren
       
       Generell gilt und natürlich erst recht bei Mieterhöhungen,
       Luxussanierungen, Umwandlung in Eigentum: nichts unterschreiben, mit
       Nachbar*innen reden, Mieterberatung aufsuchen. Wenn Ihr Haus dazu in einem
       der [1][56 Milieuschutzgebiete Berlins] liegt, wo ein bezirkliches
       Vorkaufsrecht existiert, und Sie von einem Verkauf Ihres Hauses erfahren
       haben (und es sich dabei nicht [2][um einen Share-Deal handelt]), dann
       hilft Ihnen möglicherweise folgende Bastelanleitung für eine erfolgreiche
       Mieter-Initiative in drei Schritten. 
       
       1. Schritt: Wird Ihr Haus verkauft? Das herauszufinden, ist gar nicht so
       leicht: Immobilien-Exposés großer Maklerfirmen sind oft nicht öffentlich.
       Wenn allerdings Grundstück und Haus die Besitzer*in wechseln, müssen die
       Vertragsparteien dem Bezirk den Verkauf anzeigen. Friedrichshain-Kreuzberg
       informiert Mieter*innen von sich aus, ob es einen Vorkauf prüft oder nicht.
       Andere Bezirke wie etwa Pankow machen das nur in Ausnahmefällen. Im
       Zweifel: nachfragen. Auch sind Mieter*innen in der Regel [3][berechtigt],
       das Grundbuch einzusehen. Sobald jedoch ein Verkauf klar ist, wird es
       zeitlich knapp: Dann haben Sie nur noch zwei Monate, um Welle zu machen. So
       lange nämlich dauert die Frist für den Bezirk, bei einem Verkauf zu
       intervenieren. Er kann mit dem Käufer eine Abwendungsvereinbarung mit
       Garantien von Bestandsmieten, aber auch Gewerbemietverträgen für Kneipen,
       Kitas und Veranstaltungsorte herausschlagen, bei akuter Bedrohung ein
       bezirkliches Vorkaufsrecht prüfen und im Idealfall sogar das Haus in eine
       städtische Wohnungsbaugesellschaft überführen.
       
       2. Schritt: Es droht ein Verkauf: Mieter*innen müssen sich schnell
       vernetzen und eine möglichst große Öffentlichkeit herstellen. Mit
       solidarischen Nachbar*innen reden hilft immer. Eine Pressemitteilung als
       Mieter-Initiative schreiben und herausgeben hilft, Öffentlichkeit zu
       schaffen. Verschicken kann man diese an Redaktionen von Tageszeitungen.
       Viele Berliner Lokalzeitungen wie Berliner Woche, Prenzlauer Berg
       Nachrichten berichten auch über kleinteilige Konflikte auf lokaler Ebene.
       Nachfragen per Telefon hilft ebenfalls. Ganz sicher ist es auch nicht
       verkehrt, Twitter- und Facebook-Accounts zu erstellen. Das Volksbegehren
       [4][Deutsche Wohnen Enteignen] bietet sogar regelmäßig [5][Workshops zu
       Öffentlichkeitsarbeit] für Mieter-Inis an. Als ideales Beispiel kann hier
       die [6][Gleimstraße 56] dienen, die erfolgreich gegen ihren Verkauf an die
       Deutsche Wohnen protestierte und nun einer städtischen
       Wohnungsbaugesellschaft gehört. Die Mieter*innen haben jeden Sonntag
       Kiezspaziergänge unter dem Motto „Kann denn Miete Sünde sein?“ gemacht,
       Kampfmarmelade gekocht, tausende Flyer verteilt und drei Filme über ihr
       Haus gedreht.
       
       3. Schritt: Kontaktaufnahme mit dem Bezirk. Kennen Sie Ihre zuständige
       Bezirksstadträt*in? Nein? Lernen Sie die kennen! Wenden Sie sich direkt an
       den Bezirk, kommen Sie ins Gespräch. Wenn dort kein Durchkommen ist, gerne
       auch mit öffentlichen Briefen und Fragen. Die nächsten
       Ansprechpartner*innen auf Landesebene sind die Senatorin für Bauen und
       Wohnen, Katrin Lompscher, und ihr Staatssekretär Sebastian Scheel (beide
       Linke). Diese haben Einfluss auf mögliche Käufer, wenn das Vorkaufsrecht
       zum Tragen kommt: die städtischen Wohnungsbaugesellschaften. Und
       schließlich muss man den Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) überzeugen,
       einen im besten Fall saftigen Zuschuss bereitzustellen, damit die
       Baugenossenschaft sich überhaupt einen Vorkauf leisten kann – die dürfen
       nämlich nur solide wirtschaften. Und was tun eigentlich Mitglieder des
       Abgeordnetenhauses aus Ihrem Bezirk für Sie persönlich? Gehen Sie doch mal
       in das Büro Ihres Abgeordneten und fragen Sie nach! Gleiches gilt auch für
       Abgeordnete der Bezirksversammlungen. Je mehr Druck Sie aufbauen, umso
       größer die Wahrscheinlichkeit, dass Ihr Bezirk sich auch für Ihr Haus
       einsetzt.
       
       Quellen: Mieterforum Pankow, Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg,
       verschiedene Mieter-Inis, Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen
       
       13 Mar 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.berliner-mieterverein.de/downloads/strassenliste-milieuschutzgebiete-berlin-februar-5-2019-neu.pdf
 (DIR) [2] /Deutsche-Wohnen-umgeht-Milieuschutz/!5575423
 (DIR) [3] https://de.wikipedia.org/wiki/Grundbucheinsicht#Berechtigtes_Interesse
 (DIR) [4] https://www.dwenteignen.de/
 (DIR) [5] https://www.facebook.com/events/674405512956227/
 (DIR) [6] /Mieterschutz-in-Berlin/!5533503
       
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