# taz.de -- Korruptionsskandal in Italien: Die Sterne sind angezählt
       
       > Ein Politiker der Fünf-Sterne-Bewegung ist wegen Korruptionsverdachts
       > verhaftet worden. Die Partei bemüht sich um Schadensbegrenzung.
       
 (IMG) Bild: Marcello de Vito soll Bestechungsgelder kassiert haben, um Großbauprojekte durchzusetzen
       
       Rom taz | Eigentlich ist das Routine für die italienische Polizei: Am
       Mittwoch rückte eine Schar von Beamten aus, um einen mutmaßlich korrupten
       Politiker in Rom zu verhaften. Gar nicht in die Routine passte allerdings,
       dass diesmal ein prominenter Vertreter der [1][Fünf-Sterne-Bewegung]
       betroffen war, der Präsident des römischen Stadtrats, Marcello De Vito.
       
       Der 44-jährige Rechtsanwalt soll laut Staatsanwaltschaft von mehreren
       römischen Bauunternehmern illegale Zahlungen von insgesamt 390.000 Euro
       zugesagt bekommen haben. 260.000 Euro seien schon ausgezahlt worden. Im
       Gegenzug, so die Anklage, habe er zugesichert, diverse Großbauprojekte in
       der römischen Kommunalpolitik durchzuboxen, vom Stadion-Neubau des AS Rom
       über die Neugestaltung des alten Gemüsegroßmarkts und des früheren
       Messegeländes hin zu einem Hotelprojekt.
       
       Die Masche war immer die gleiche: Die Unternehmer beauftragten einen mit De
       Vito befreundeten Anwalt, für sie angeblich „Gutachten“ zu erstellen. De
       Vito und sein Komplize Camillo Mezzacapo teilten sich dann das vorgebliche
       Honorar. Aufschlussreich sind abgehörte Telefongespräche: „Eine einmalige
       Sternenkonstellation“ sei gegeben, sagt De Vitos Kumpan, „die wird sich
       kaum wiederholen. Das müssen wir ausnutzen, uns bleiben noch zwei Jahre.“
       
       Zwei Jahre noch läuft nämlich De Vitos Mandat im Stadtrat von Rom. Seine
       Wiederwahl ist ausgeschlossen, da er sich schon in der zweiten
       Legislaturperiode befindet. Danach ist laut Fünf-Sterne-Statut Schluss. Für
       eine „ordentliche Frühverrentung“ müssten die beiden deshalb sorgen, befand
       Mezzacapo.
       
       ## „Kein Platz für faule Äpfel“
       
       Der Fall ist ein absolutes Novum für die Fünf Sterne. Formal gegründet
       wurde die Bewegung von dem Komiker Beppe Grillo 2009, doch als wahre
       Geburtsstunde gilt der 8. September 2007. Damals versammelten sich in ganz
       Italien mehr als 300.000 Menschen zu den Kundgebungen des „Vaffa Day“, des
       „Schert-euch-zum-Teufel-Tags“: Gemeint waren die korrupten Politiker der
       alten Parteien, denen Grillos Fünf Sterne gegenübertraten. Im Anschluss
       erlebte die Bewegung einen rasanten Aufstieg und schaffte es 2016 in die
       Regierung der Stadt Rom, bevor sie 2018 auch auf nationaler Ebene
       Regierungsverantwortung übernahm.
       
       Viele Wähler empfanden sowohl die kommunale als auch die nationale
       Regierungsbilanz als ernüchternd. [2][Roms Fünf-Sterne-Bürgermeisterin
       Virginia Raggi] hat weder die [3][Müllkrise] in den Griff bekommen, noch
       kann sie geltend machen, die miserablen öffentlichen Verkehrsmittel neu
       aufgestellt zu haben. Allein in den letzten zwei Jahren sind etwa 50 Busse,
       oft mit Passagieren an Bord, in Flammen aufgegangen, weil die städtische
       Verkehrsgesellschaft ATAC eine reguläre Wartung nicht mehr gewährleisten
       kann.
       
       Und auch national sind die Fünf Sterne in der Krise. Seit dem mit knapp 33
       Prozent spektakulären Wahlerfolg vom 4. März 2018 sind die Zustimmungswerte
       auf etwa 22 Prozent gefallen. Der Koalitionspartner, die
       rechtspopulistisch-fremdenfeindliche Lega dagegen, deren Vorsitzender
       Matteo Salvini in der Öffentlichkeit als der starke Mann der Regierung
       wahrgenommen wird, liegt mittlerweile bei mehr als 30 Prozent. Akzente
       konnten die Fünf Sterne allein mit der [4][Einführung des
       „Bürgereinkommens“] setzen, ansonsten diktiert Salvini die Agenda vor
       allem mit seiner stramm migrantenfeindlichen Politik.
       
       In dieser Situation trifft die Fünf-Sterne-Bewegung jetzt auch noch ein
       erster Korruptionsskandal. Und der verhaftete De Vito ist nicht irgendwer:
       Neben Roms Bürgermeisterin Raggi gehörte er in Rom zu den Aktivisten der
       ersten Stunde. Der Fünf-Sterne-Chef und Vizepremier Luigi Di Maio bemüht
       sich jetzt um Schadensbegrenzung. Bei De Vito handele es sich „um einen
       Einzelnen, der seine Seele verkauft hat“, erklärte er. Dennoch, so Di Maio,
       sei und bleibe die Bewegung völlig anders als die anderen Parteien. Bei den
       Fünf Sternen sei „kein Platz für faule Äpfel“. Nur Stunden nach seiner
       Verhaftung wurde De Vito aus der Partei ausgeschlossen.
       
       21 Mar 2019
       
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 (DIR) Michael Braun
       
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