# taz.de -- Pressefreiheit in Türkei: Deutsche Reporter rausgeschmissen
       
       > Die Türkei-Korrespondenten von ZDF und „Tagesspiegel“ sind ausgereist.
       > Außenminister Heiko Maas verschärft die Reisehinweise für die Türkei.
       
 (IMG) Bild: Müssen die Türkei verlassen: ZDF-Studioleiter Jörg Brase und „Tagesspiegel“-Korrespondent Thomas Seibert
       
       Am Sonntagnachmittag mussten der Studioleiter des ZDF und der Korrespondent
       des Berliner Tagesspiegels die Türkei verlassen. Das türkische Presseamt
       hatte Jörg Brase und Thomas Seibert am 1. März ohne Angaben von Gründen
       mitgeteilt, dass ihre Presseakkreditierung nicht verlängert werde, weshalb
       automatisch auch ihre Aufenthaltsgenehmigung für die Türkei auslaufe.
       
       Dem Tagesspiegel zufolge forderte der Presse-Botschaftsrat der türkischen
       Botschaft in Berlin kurz darauf die Tagesspiegel-Chefredaktion auf, Seibert
       abzuziehen und bot ihr an, einen anderen Korrespondenten zu schicken. Auch
       an das ZDF sei eine entsprechende Forderung gegangen. Sowohl der
       Tagesspiegel als auch das ZDF lehnten dies als Eingriff in die
       Pressefreiheit ab.
       
       Ein weiterer Kollege, der NDR-Fernsehjournalist Halil Gülbeyaz, erhielt
       ebenfalls keine neue Pressekarte für das Jahr 2019, hält sich momentan aber
       ohnehin in Deutschland auf. ZDF und Tagesspiegel kündigten an, gegen die
       Ausweisung ihrer Korrespondenten klagen zu wollen.
       
       ## „Mit unserem Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar“
       
       Trotz heftigen Protests der Bundesregierung und diverser
       Journalistenverbände nahm die türkische Regierung ihre Entscheidung nicht
       zurück. Besonders für Thomas Seibert ist das ein schwerer Schlag. Er hatte
       seit 1997 in der Türkei gearbeitet und war dort durchgängig als Journalist
       akkreditiert.
       
       Sowohl Bundesaußenminister Heiko Maas als auch Wirtschaftsminister Peter
       Altmaier, die im vergangenen Jahr die Türkei besucht hatten und sich für
       eine Verbesserung der deutsch-türkischen Beziehungen einsetzen, hatten in
       den letzten Tagen mit ihren türkischen Kollegen telefoniert und eine
       Rücknahme der Entscheidung gefordert.
       
       In einem am Sonntag im Tagesspiegel veröffentlichten Interview sagte Maas:
       „Wenn Journalisten an der Arbeit gehindert werden, ist das mit unserem
       Verständnis von Pressefreiheit nicht vereinbar. Dass einige deutsche und
       andere europäische Korrespondenten ihrer Arbeit in der Türkei nicht frei
       nachgehen können, ist für uns nicht akzeptabel.“ Die Bundesregierung werde
       diese Sache nicht auf sich beruhen lassen. „Wir werden weiter dafür
       eintreten, dass Journalisten ohne Beschränkung in der Türkei arbeiten
       können. Das weiß mein türkischer Kollege.“
       
       ## Bei einem Türkeibesuch könnte eine Festnahme drohen
       
       Als Reaktion auf die Ausweisung der deutschen Journalisten hat das
       Auswärtige Amt die Reisehinweise für die Türkei verschärft. Es könne nicht
       ausgeschlossen werden, „dass die türkische Regierung weitere Maßnahmen
       gegen Vertreter deutscher Medien sowie zivilgesellschaftlicher
       Einrichtungen ergreift“.
       
       Die Bundesregierung warnt zudem davor, dass bestimmten Reisenden im Falle
       eines Türkeibesuchs eine Festnahme droht. Der türkische Innenminister
       Süleyman Soylu hatte in mehreren Wahlkampfreden in den vergangenen Tagen
       gesagt, Leute, die im Ausland Veranstaltungen „terroristischer
       Organisationen“ besucht hätten, sollten lieber nicht in Antalya oder an
       anderen Orten in der Türkei Urlaub machen. Sie würden bei der Einreise
       festgenommen. Soylu bezieht sich damit auf Veranstaltungen PKK-naher
       Organisationen oder der Gülen-Sekte, die in der Türkei seit dem
       Putschversuch 2016 wie die PKK als „terroristische Organisation“ gilt.
       
       Außenminister Maas verwies darauf, dass Äußerungen, auch solche in sozialen
       Medien, die in Deutschland von der Meinungsfreiheit gedeckt seien, in der
       Türkei zur Festnahme oder Zurückweisung an der Grenze führen könnten.
       Solche Fälle waren im Jahr 2018 zwar seltener als noch 2017, könnten nach
       den Äußerungen des türkischen Innenministers aber wieder zunehmen.
       
       Für Journalisten – ausländische wie auch einheimische – ist die Türkei
       generell ein schwieriges Land. Mehr als einhundert türkische Journalisten
       sitzen im Gefängnis. Insbesondere seit dem niedergeschlagenen Putsch im
       Sommer 2016 müssen auch ausländische Korrespondenten mit Repressalien
       rechnen. Neben den jetzt ausgewiesenen Journalisten warten immer noch
       etliche deutsche, andere europäische und US-amerikanische Journalisten auf
       die Verlängerung ihrer Akkreditierung für das Jahr 2019. Allerdings wurden
       in der vergangenen Woche mehrere Korrespondenten informiert, dass ihre neue
       Pressekarte genehmigt worden sei.
       
       Update: Der ZDF-Korrespondent Jörg Brase bekam am Dienstag doch eine
       Presseakkreditierung. Auf Twitter schrieb er: „Türkei korrigiert
       Entscheidung. @JorgBrase soll nun doch seine Pressekarte bekommen. Ich
       werde in den kommenden Tagen nach Istanbul zurückkehren. Thomas Seibert
       @BosphorusNews wartet weiter auf seine Karte, und viele andere auch.“
       
       10 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wolf Wittenfeld
       
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