# taz.de -- Antisemitismus in der Labour-Partei: Untersuchung der Vorwürfe
       
       > Die jüdische Arbeiterbewegung löst sich nicht von Labour. Die Kommission
       > für Gleichheit und Menschenrechte untersucht die Vorwürfe.
       
 (IMG) Bild: Die Abgeordnete Luciana Berger war wegen Antisemitismus bei Labour ausgetreten
       
       London taz | Die britische Labour-Partei muss sich einer Untersuchung der
       britischen Kommission für Gleichheit und Menschenrechte EHRC stellen. „Nach
       dem Erhalt mehrerer Beschwerden bezüglich Antisemitismus in der
       Labour-Partei glauben wir, dass die Labour-Partei Menschen wegen ihrer
       ethnischen Zugehörigkeit und ihres religiösen Glaubens rechtswidrig
       diskriminiert haben könnte“, erklärte die Kommission. Die Partei habe nun
       die Möglichkeit, auf die Vorwürfe zu antworten.
       
       Die Klage ging auf eine kollektive Beschwerde der jüdischen
       Arbeiterbewegung Jewish Labour Movement (JLM) zurück, die sie im November
       vergangenen Jahres bei der Behörde eingereicht hatte. Labour gab an, schon
       länger von der Beschwerde gewusst zu haben.
       
       Seit Jahren mehren sich antisemitische Vorfälle bei Labour. Das Vorgehen
       gegen die Beschwerden empfinden viele als zäh und ungenügend.
       
       JLM hatte deswegen sogar erwogen, sich von der Partei zu trennen – obwohl
       die Bewegung ihr schon seit 99 Jahren angeschlossen ist. Auslöser dafür war
       der Parteiaustritt der jüdischen Unterhausabgeordneten Luciana Berger vor
       zweieinhalb Wochen. Sie hatte die Partei für institutionell antisemitisch
       erklärt.
       
       ## Mit dem blauen Auge davongekommen
       
       Am Mittwoch wurden die JLM-Mitglieder bei außerordentlichen Sitzungen zu
       dieser Angelegenheit befragt. Sie ließen Labour noch mal mit einem blauen
       Auge davonkommen: Mit überwiegender Mehrheit sprachen sich die Anwesenden
       gegen eine Abspaltung aus.
       
       Das dürfte für Stoßseufzer in der Partei gesorgt haben. Vor der Versammlung
       hatten 110 Labour-Abgeordnete, unter anderem des Labour-Schattenkabinetts,
       eine solidarische Erklärung veröffentlicht, um die Gruppe von der
       Abspaltung abzuhalten.
       
       Auch Parteichef Jeremy Corbyn verfasste eine Botschaft, in welcher er „zur
       engeren gemeinsamen Arbeit“ aufrief. Ihm tue die Antisemitismusplage
       innerhalb der Partei leid, hieß es. Er verstehe, zu welchem enormen Leid
       das für die jüdische Gemeinschaft geführt habe – gerade „wenn
       antisemitische Meinungen von Parteimitgliedern wiederholt werden“. Corbyn
       versicherte, dass das Vorgehen gegen antisemitische Fälle unter der neuen
       Generalsekretärin der Partei verbessert würde.
       
       Auch die hochschwangere Luciana Berger hatte JLM-Mitglieder in einer
       Videobotschaft angesprochen. Die Entscheidung sei eine persönliche, sagte
       sie darin. Ihren eigenen Parteirücktritt beschrieb sie als eine der
       schwersten Entscheidungen ihres Lebens. Doch der Antisemitismus habe sich
       trotz Protests, öffentlicher Berichte, Vorsprachen und Beweisen in den
       vergangenen Jahren immer weiter ausgebreitet.
       
       Als Zünglein an der Waage bezeichnete sie die Tatsache, dass kurz vor dem
       letzten Holocaustgedenktag mehrere Kommunal- und Lokalpolitiker nach
       antisemitischen Äußerungen mit einer nur sanften Warnung anstelle
       wahrhafter Strafmaßnahmen davonkamen. Auch wies sie auf diskriminierende
       Aussagen des Parteichefs Corbyn hin, beispielsweise auf seine Behauptung
       bei einem Treffen im Jahr 2013, Zionisten verstünden keine britische
       Ironie. Das Zitat, welches im Sommer 2018 zum Vorschein kam, verstanden
       Berger und andere als Angriff entgegen britischen Juden und führte zu einer
       Kontroverse. Corbyn hingegen verteidigte sich damals, er hätte damals
       „Zionisten“ als akkuraten politischen Begriff im richtigen Zusammenhang
       benutzt.
       
       ## Weiterkämpfen
       
       In der vertraulich gehaltenen Debatte zur Abstimmung sprachen sich viele
       der Anwesenden für den Verbleib in der Partei aus, darunter Mitglieder,
       Stadträte und Abgeordnete. Nur wenige sprachen sich gegen einen
       weitergehenden Anschluss aus – etwa der Akademiker David Hirsh. Die
       jüdische Parlamentsabgeordnete Ruth Smeeth in Nordengland warnte davor,
       dass Antisemitismus Leute vom linken und rechten politischen Spektrum
       gleichermaßen betreffen könne. Sie wolle auf alle Fälle weitermachen. Auch
       andere jüdische Abgeordnete wie Louise Ellman und Margarete Hodge sprachen
       sich für einen weiteren Kampf in ihrer Partei aus, die sie sich nicht von
       anderen wegnehmen lassen wollten.
       
       Der Vorstand der JLM gab an, mit dieser Entscheidung erst einmal über die
       strategische Weiterarbeit diskutieren zu müssen.
       
       7 Mar 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Daniel Zylbersztajn
       
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