# taz.de -- Glyphosat-Prozess gegen Bayer-Tochter: Monsantos Schicksalstage beginnen
       
       > Der für Bayer hochbrisante US-Großprozess gegen die Tochter Monsanto
       > startet mit einem Aufreger. Der Richter knöpft sich zunächst die Anwältin
       > des Klägers vor.
       
 (IMG) Bild: Darum geht's: Wen killt Roundup?
       
       San Francisco dpa/taz | Der große US-Rechtsstreit um mögliche Krebsgefahren
       glyphosathaltiger Produkte der Bayer-Tochter Monsanto hat turbulent
       begonnen. Die Auseinandersetzung vor Gericht gipfelte am Montag darin, dass
       der zuständige Bundesrichter Vince Chhabria der Klägerseite mit Sanktionen
       drohte. Die Anwältin des Klägers Edwin Hardeman, der Monsantos
       Unkrautvernichter Roundup für seine Erkrankung an Lymphdrüsenkrebs
       verantwortlich macht, habe sich nicht an die vorgegebene Prozessordnung
       gehalten, so Chhabria.
       
       Der Richter warf der Klägeranwältin vor, gezielt vom festgelegten Thema
       abgewichen zu sein. Chhabria hatte im Januar entschieden, das Verfahren in
       zwei Teile zu trennen – zunächst geht es darum, ob Monsanto-Produkte
       krebserregend sind. Nur wenn die Klägerseite dies ausreichend belegen kann,
       würde die Frage verhandelt, ob das Unternehmen Risiken verschwiegen hat.
       Die Anwältin habe sich an diese vorgegebene Linie in ihrem eröffnenden
       Statement aber nicht gehalten. Chhabria verdonnerte sie per gerichtlicher
       Anordnung, noch im Laufe des Tages eine schriftliche Erklärung zu ihrem
       Verhalten abzugeben.
       
       [1][Wie die taz berichtete], veröffentlichte ein Team von Forschern um
       Professorin Lianne Sheppard von der Universität Washington kurz vor
       Prozessbeginn eine Studie in der Fachzeitschrift Mutation Research, die
       einen „zwingenden Zusammenhang“ zwischen Pestiziden, die Glyphosat
       enthalten, und Non-Hodgkin-Lymphomen sehen. Zudem widerlegt eine wichtige
       Studie, auf die sich Monsanto beruft, die Ungefährlichkeit von
       [2][Glyphosat offenbar nicht].
       
       Für die Leverkusener Bayer AG, die Monsanto vergangenes Jahr für rund 63
       Milliarden Dollar (55 Mrd Euro) übernommen hatte, ist der Rechtsstreit
       hochbrisant. Denn es handelt sich um einen „Bellwether Case“ genannten
       Musterfall in einem Massenverfahren, der richtungsweisend für viele weitere
       Klagen ist. Insgesamt ist Bayer mit rund 9300 US-Klägern konfrontiert,
       Hunderte Fälle unter dem Bundesgesetz sind bei Richter Chhabria in San
       Francisco gebündelt.
       
       Der 70-jährige Kläger Hardeman beschuldigt Monsanto nicht nur, mit dessen
       Verkaufsschlager Roundup, der das umstrittene Herbizid Glyphosat als
       Wirkstoff enthält, seine Krebserkrankung verursacht zu haben. Er wirft dem
       Saatgutriesen auch vor, die Gefahren des Produkts vertuscht zu haben. Der
       Konzern hatte bereits im vergangenen September eine Niederlage in einem
       anderen Fall vor US-Gericht erlitten, legte dagegen aber Berufung ein. Die
       Anschuldigungen, Roundup sei krebserregend, weist Bayer energisch zurück.
       
       ## Bayer: Wir sind unschuldig
       
       „Während wir großes Mitgefühl mit Herrn Hardeman haben, unterstützt die
       umfangreiche wissenschaftliche Forschung zu glyphosat-basierten Herbiziden
       über vier Jahrzehnte hinweg die Schlussfolgerung, dass Roundup nicht für
       seine Krankheit verantwortlich ist“, teilte Bayer in einer Stellungnahme
       zum Prozessauftakt mit. Der Konzern beruft sich auf über 800 Studien, die
       belegen sollen, dass der Unkrautvernichter sicher ist – bei
       vorschriftsgemäßer Anwendung. Die taz zeigte allerdings in einer Recherche,
       dass [3][nur etwa 50 dieser Studien] sich überhaupt mit der Frage
       beschäftigen, ob Glyphosat krebserregend ist.
       
       Die US-Kläger stützen sich ebenfalls auf diverse Studien, zuvorderst auf
       die Internationale Krebsforschungsagentur der Weltgesundheitsorganisation
       (WHO), die Monsantos Unkrautvernichter 2015 als „wahrscheinlich
       krebserregend“ für Menschen einstufte. Beim ersten Prozess vor Chhabrias
       Gericht sollen jetzt etliche Experten zum Thema gehört werden. Es steht ein
       regelrechter Anhörungsmarathon an – in den nächsten Wochen soll an je vier
       Tagen pro Woche rund sechs Stunden lang verhandelt werden. Insgesamt geht
       das Gericht davon aus, dass der Prozess vier bis fünf Wochen dauern wird.
       
       26 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Schadenersatzprozess-in-den-USA/!5573906
 (DIR) [2] /Bayers-Glyphosat-Studien/!5551767
 (DIR) [3] /Glyphosat-Studien-und-Krebs/!5542638
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Monsanto
 (DIR) Schwerpunkt Glyphosat
 (DIR) Schwerpunkt Bayer AG
 (DIR) Schwerpunkt Glyphosat
 (DIR) Schwerpunkt Glyphosat
 (DIR) Schwerpunkt Glyphosat
 (DIR) Schwerpunkt Glyphosat
 (DIR) Schwerpunkt Glyphosat
 (DIR) Schwerpunkt Glyphosat
 (DIR) Bundesinstitut für Risikobewertung BfR
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Prozess gegen Monsanto: Glyphosat für Krebs mitverantwortlich
       
       Eine Jury entscheidet, dass der Unkrautvernichter zur Krebserkrankung eines
       70-Jährigen beigetragen hat. Die Bayer-Aktie stürzt um mehr als zehn
       Prozent ab.
       
 (DIR) EuGH zum Unkrautvernichter: Glyphosat-Zulassung in der EU okay
       
       Aktionen gegen Pflanzenschutzmittel sind nicht gerechtfertigt. Die
       EuGH-Generalanwältin hält das Zulassungssystem für sicher.
       
 (DIR) EuG-Urteil zu Glyphosat-Studien: Spritzmittel sind Umweltemissionen
       
       Bislang haben EU-Behörden Studien zum umstrittenen Pestizid Glyphosat
       geheimgehalten. Zu Unrecht, entschied das EU-Gericht.
       
 (DIR) Bayer-Konzern nach Monsanto-Fusion: Gewinn runter, Dividende rauf
       
       Bayer verdient 77 Prozent weniger, will den Aktionären aber so viel zahlen
       wie noch nie. Die sind wegen der Glyphosat-Prozesse in den USA verschreckt.
       
 (DIR) Schadenersatzprozess in den USA: Neue Munition für Glyphosat-Prozesse
       
       Bald streiten Krebspatienten vor einem US-Gericht um Schadenersatz vom
       Pestizidhersteller Monsanto/Bayer. Neue Studien könnten ihre Position
       stärken.
       
 (DIR) Berichterstattung über Glyphosat: taz zwingt Bayer in die Knie
       
       Der Chemiekonzern wollte der taz eine Titelseite zum Pestizid Glyphosat
       verbieten. Die taz klagte dagegen – jetzt zieht Bayer zurück.
       
 (DIR) Plagiatsvorwürfe bei Glyphosat-Zulassung: Bei Monsanto abgeschrieben
       
       Hat das Bundesinstitut für Risikobewertung Angaben von Monsanto bei der
       Glyphosat-Zulassung übernommen? Das kritisieren EU-Abgeordnete.