# taz.de -- Hessischer SPD-Chef wechselt Posten: Thorsten Schäfer-Gümbel geht zur GIZ
       
       > Sozialdemokrat Thorsten Schäfer-Gümbel zieht sich aus seinen Parteiämtern
       > zurück. Er kümmert sich fortan um Entwicklungszusammenarbeit mit Afrika.
       
 (IMG) Bild: Tschüs, SPD: Thorsten Schäfer-Gümbel, Landeschef der Hessen-SPD, zieht sich aus der Politik zurück
       
       Berlin taz | Manchmal gewinnt man durch die Erkenntnis, dass man verloren
       hat. So ist es mit dem Sozialdemokraten Thorsten Schäfer-Gümbel. Im Herbst
       gibt er sein Mandat im Hessischen Landtag ab, den Fraktions-, Landes- und
       Vize-Bundesvorsitz ebenfalls. Dann wird er Vorstand der Gesellschaft für
       Internationale Zusammenarbeit (GIZ), die staatliche
       Entwicklungszusammenarbeit umsetzt. „Im 50. Lebensjahr sortiere ich mein
       Leben neu“, sagt er zur taz. „Ich fühle mich richtig gut damit.“
       
       Nach der [1][hessischen Landtagswahl im Oktober] wirkte „TSG“, als ob er
       sich von Hoffnung zu Hoffnung hangele, vor allem, als plötzlich Stimmen
       noch mal nachgezählt wurden. Grünen und FDP lief er ein bisschen hinterher,
       um ganz vielleicht, bitte schön, doch noch eine Ampel-Regierung zu
       schmieden. Er hätte dazu wohl sogar Tarek Al-Wazir zum Ministerpräsidenten
       gewählt. Doch der Grüne, der mit Schäfer-Gümbel mal gegen Roland Koch
       gekämpft hatte, enttäuschte ihn abermals. Schwarz-Grün regiert weiter.
       
       Schäfer-Gümbel ist ein linker Sozialdemokrat mit einem Regierungswillen,
       wie er eher unter Konservativen zu finden ist. „Sortiert“ und „unsortiert“
       gehören zu seinen Lieblingswörtern. Vielleicht haben sie mit seinem Vater
       zu tun, der Zeitsoldat war, bevor er Lastwagentouren nach England und
       Frankreich fuhr. Seine Mutter war Putzfrau. Vier Kinder, drei Zimmer, 75
       Quadratmeter in der Gießener Nordstadt.
       
       Als der Vater krank wurde und die Mutter viel in der Klinik war, kümmerte
       sich Thorsten um die Geschwister. Ein entschlossener Lehrer bestärkte ihn,
       die Schule nicht nach dem Realschulabschluss zu beenden, sondern das Abitur
       zu machen. Schäfer-Gümbel ist stolz darauf, was er geschafft hat.
       
       Nur Ministerpräsident ist er nicht geworden.
       
       Seine erste Niederlage war ein Achtungserfolg: 2009 sprang er für die
       gescheiterte Andrea Ypsilanti ein. Das höhnische Gekicher über Doppelnamen
       und Flaschenbodenbrille verstummte rasch, weil der Neuling erstaunliche
       Schubkraft bewies. [2][2013 hatte er der kaputten Hessen-SPD] erst
       Vertrauen und dann Selbstvertrauen eingeflößt, doch das schwache Ergebnis
       der Grünen vermasselte ihm eine rot-grüne Regierung. 2017 zog ihn die
       dahinsiechende Groko-SPD herunter, an der er als Bundes-Vize allerdings
       schon auch seinen Anteil hatte.
       
       Nun wollte er nicht selber siechen. Schäfer-Gümbel soll einer von drei
       Vorständen der [3][Gesellschaft für Internationale Zusammenarbeit] werden.
       Die GIZ hat 20.000 Beschäftigte in 120 Ländern und 2,6 Milliarden Euro
       Geschäftsvolumen. Die Nummer 1 im Vorstand ist Tanja Gönner, früher für die
       CDU Ministerin in Baden-Württemberg und langjährige Verbündete der
       Kanzlerin. Ein Job ist frei, weil Hans-Joachim Preuß, der Vorgänger, vor
       dem Ruhestand noch eine Station in Benin macht, als Repräsentant der
       Friedrich-Ebert-Stiftung.
       
       Schäfer-Gümbel soll nun Arbeitsdirektor werden, außerdem zuständig für
       Afrika sein. Eigentlich ist er Asien-Fan und viel in China gewesen. Der
       Aufsichtsrat, in dem unter anderem Regierungsleute, Bundestagsabgeordnete
       und Beschäftige der GIZ sitzen, muss die Berufung noch beschließen – aber
       der zuständige Ausschuss hat schon Ja gesagt.
       
       In Afrika was tun, das wollte Schäfer-Gümbel schon früher mal. Sie waren
       drei Freunde und eine Freundin auf der Landgraf-Ludwigs-Schule in Gießen,
       erzählt er. Sie teilten sich zum Studium auf, ein Quartett für
       Entwicklungszusammenarbeit: Zwei schrieben sich für Medizin ein, einer für
       Betriebswirtschaft, Schäfer-Gümbel studierte Agrarwissenschaft.
       
       Doch dann wurde es wortwörtlich finster, seine Netzhaut löste sich ab.
       Außerdem brach das Quartett auseinander. Schäfer-Gümbel ging es schlecht,
       er musste zum zweiten Mal von vorn beginnen oder besser: unten.
       
       Schäfer-Gümbel sagt, dass er mit sich gerungen habe, die Politik
       aufzugeben. Auch wenn er den GIZ-Job als politisches Amt versteht: Die SPD
       hat ihm viel ermöglicht, er hat zu einem großen Teil in der Partei gelebt.
       Vorbei. Neuanfang. In Hessen hat Nancy Faeser, Landtagsabgeordnete und
       Generalsekretärin der Landespartei, beste Chancen, Schäfer-Gümbel
       nachzufolgen.
       
       Am Montag war der Politiker im Willy-Brandt-Haus zur Präsidiumssitzung. Die
       SPD schrumpelte gerade wieder bei Emnid von 17 auf 16 Prozent herunter. Es
       ging um die Europawahl, Paketzusteller, die Lage. Schäfer-Gümbel sagt, dass
       ihn einige Genossen ansprachen, weil er aufgekratzt wirkte. Er verriet da
       noch nicht, warum.
       
       19 Mar 2019
       
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