# taz.de -- Bombenanschlag im Norden Syriens: Viele Tote in der Rebellenhochburg
       
       > In Idlib werden mindestens 24 Menschen getötet. Die Tat könnte mit einer
       > bevorstehenden russisch-türkischen Offensive in Zusammenhang stehen.
       
 (IMG) Bild: Syrer inspizieren den Schaden nach zwei Bombenexplosionen im Zentrum der Stadt Idlib
       
       Istanbul taz | Ein schwerer Bombenanschlag in der nordsyrischen
       Rebellenhochburg Idlib hat am Montagnachmittag mindestens 24 Menschen das
       Leben gekostet. Nach Angaben der syrischen Beobachtungsstelle für
       Menschenrechte in London waren 16 von ihnen Zivilisten, darunter vier
       Kinder.
       
       Der Anschlag erfolgte nach einem besonders perfiden Muster. Nach Angaben
       eines Beobachters vor Ort explodierte zunächst mitten im Stadtzentrum eine
       Autobombe. Als dann Rettungskräfte anrückten, wurde eine zweite Bombe
       gezündet. Ein Informant, mit dem die Deutsche Presseagentur telefonisch in
       Kontakt ist, wollte aus Angst nicht namentlich genannt werden.
       
       In Idlib, sowohl in der Stadt als auch in der gleichnamigen Provinz im
       Nordwesten Syriens, ist Gewalt an der Tagesordnung. Abgesehen von den
       Kurdengebieten im Osten des Landes, ist Idlib die letzte Provinz, die noch
       von Aufständischen gegen das Assad-Regime kontrolliert wird.
       
       Von der demokratischen Opposition gegen Assad ist in Idlib allerdings nicht
       mehr viel übrig. Nach heftigen Kämpfen in den vergangenen zwei Monaten hat
       die islamistische Miliz Hai'at Tahrir al-Scham (HTS), ein Ableger von
       al-Qaida, sowohl in der Stadt Idlib als auch im größten Teil der Provinz
       weitgehend die Kontrolle übernommen.
       
       ## Längst entwaffnet
       
       Dabei hätte HTS, die sich früher Nusra-Front nannte und neben dem IS die
       radikalste islamistische Miliz in Syrien ist, längst entwaffnet sein
       sollen. Im Herbst 2018 hatte das Assad-Regime nach seinen [1][militärischen
       Erfolgen gegen die Rebellenhochburgen im Süden] des Landes begonnen, einen
       Großangriff auch auf das letzte Rückzugsgebiet der Rebellen in Idlib
       vorzubereiten.
       
       Zuvor waren viele Kämpfer, aber auch deren Familien, aus vom Regime
       zurückeroberten Gebieten nach Idlib geflohen oder hatten auch freies Geleit
       in Richtung Idlib erhalten. Von Idlib aus gibt es aber für Aufständische
       kein Gebiet in Syrien mehr, in das sie noch gehen können. Der letzte
       Fluchtweg wäre die nahe türkische Grenze gewesen.
       
       Vor allem die türkische Regierung befürchtete daher, dass bei einem
       Großangriff auf Idlib erneut Hunderttausende syrische Flüchtlinge über die
       Grenze drängen würden. Das ist ein Horrorszenario für den türkischen
       Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan, hat doch die Türkei bereits die größten
       Probleme, die schon im Land befindlichen 3,5 Millionen Syrer unterzubringen
       und zu versorgen.
       
       Erdoğan verhandelte deshalb mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin,
       ohne dessen Unterstützung Assad nicht angreifen kann, einen
       [2][Waffenstillstand für Idlib], der im vergangenen September unterzeichnet
       wurde. Darin verpflichtete sich die Türkei, eine Pufferzone entlang der
       Provinzgrenze von allen kämpfenden Gruppen freizuhalten und darüber hinaus
       den Milizen ihre schweren Waffen abzunehmen.
       
       ## Schwere Niederlage
       
       Eine Rebellenkoalition, die seit Längerem von der Türkei unterstützt wird,
       willigte ein, sich an die Konditionen des Waffenstillstands zu halten. HTS
       erklärte sofort, sie würde ihre Waffen behalten und sich auch aus der
       Pufferzone nicht zurückziehen. Als die mit der Türkei verbündeten Rebellen
       daraufhin gewaltsam gegen HTS vorgingen, um diese zu entwaffnen, erlitt die
       von Ankara unterstützte Koalition eine schwere Niederlage.
       
       Seitdem drängt Putin gegenüber Erdoğan darauf, notfalls die türkische Armee
       einzusetzen, um HTS zumindest aus der Pufferzone zurückzudrängen und so
       weitere Angriffe von HTS auf syrische Truppen und einen nahe gelegenen
       russischen Militärflugplatz zu verhindern.
       
       In der vergangenen Woche fand deshalb ein Treffen der beiden Präsidenten im
       russischen Sotschi statt, an dem auch der iranische Präsident Hassan Rohani
       teilnahm. Erdoğan berichtete gegenüber türkischen Journalisten
       anschließend, es sei über eine gemeinsame türkisch-russische Operation in
       Idlib gesprochen worden.
       
       Militärs beider Seiten würden nun darüber beraten, wie eine solche
       Operation gegen HTS aussehen könne, ohne die Zivilbevölkerung in
       Mitleidenschaft zu ziehen. Ob der Bombenanschlag von Montag mit den
       Vorbereitungen einer solchen Operation zu tun hat, ist unklar. Niemand hat
       sich bislang zu dem Attentat bekannt und es gibt keine Spur, die zu den
       Attentätern führt.
       
       19 Feb 2019
       
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