# taz.de -- Bedrohte Kneipe in Neukölln: Syndikat bleibt schleierhaft
       
       > Der Bezirk Neukölln weiß kaum etwas über den dubiosen Vermieter des
       > Syndikats. Über 40 Häuser besitzt Pearce Global wohl in Berlin.
       
 (IMG) Bild: Hauswand im Schiller-Kiez, die durchaus eine Haltung zur drohenden Schließung des Syndikats hat
       
       Der Bezirk Neukölln weiß, dass er nichts weiß. Ob Neukölln, dem
       Bezirksbürgermeister und der Verwaltung bekannt sei, welche Umtriebe und
       Verstöße gegen das Zweckentfremdungsverbot noch durch das Firmengeflecht
       von Pears Global begangen wurden, wollte ein Anwohner in der Fragestunde
       der monatlichen Bezirksverordnetenversammlung (BVV) Neukölln am
       Mittwochabend wissen.
       
       „Derartige Aktivitäten werden im Bezirk nicht erfasst“ und die Frage könne
       „entsprechend leider nicht beantwortet werden“, sagte der grüne
       Bezirksstadtrat Jochen Biedermann. Wenn dem Kneipenkollektiv Syndikat und
       generell Bürger*innen weitere Verstöße bekannt würden, hätte man
       allerdings durchaus Interesse daran, so Biedermann weiter. Der Bezirk könne
       den Hinweisen dann nachgehen und bei Verstößen [1][gegen den Milieuschutz]
       Bußgelder verhängen: „Sollten Sie Hinweise haben – also über drei Monate
       andauernden Leerstand, umfassende Sanierungen von leerstehenden Wohnungen
       und Grundriss-, Luxus- und Badsanierungen, sagen Sie gerne Bescheid“, so
       Biedermann.
       
       Der Gewerbemietvertrag des linken Kneipenkollektivs Syndikat [2][wurde
       nicht verlängert] und lief Anfang des Jahres aus, den Schlüssel hat das
       Betreiberkollektiv einfach behalten. Derzeit ist das Syndikat zwar weiter
       geöffnet, aber eine Räumungsklage gegen das Kollektiv ist anhängig. Die
       Kneipe ist seit 33 Jahren Treffpunkt für Nachbarn und linke Szene im
       Schillerkiez und häufig überfüllt, öffnet auch jetzt noch jeden Tag ihre
       Türen.
       
       Im vergangenen Herbst war durch Recherchen des linken Kneipenkollektivs
       Syndikat in der Weisestraße im Schillerkiez bekannt geworden, dass hinter
       dem Käufer von über 6.000 Wohnungen in Deutschland, dem Großteil davon
       Berlin, eine verwirrendes Briefkastenfirmengeflecht in Luxemburg steckt –
       [3][ein auf Verschleierung ausgelegtes Spekulanten-Syndikat, wenn man so
       will]. Es stellte sich heraus, dass die Londoner Immobilienfirma Pears
       Global 2014 neben der Weisestraße 56 zahlreiche weitere Immobilien in
       Berlin gekauft hatte – unter [4][mindestens 74 wechselnden Firmennamen].
       
       ## Strategische Verschleierung
       
       Der Fragesteller in der BVV, ein Lukas vom Kneipenkollektiv Syndikat,
       begründete seine Frage: „Ich finde es beschämend, welchen Aufwand Firmen
       zur Verschleierung betreiben. Ebenso ist es unanständig, dass wir uns nicht
       direkt an unsere Vermieter wenden können.“ Seit diversen Monaten versucht
       das Kollektiv, direkten Kontakt mit seinem Vermieter herzustellen,
       [5][einige sind sogar eigens zum eigentlichen Londoner Firmensitz gereist]
       – erfolglos.
       
       Nachdem Pears Global vom Syndikat geoutet wurde, meldeten sich auch andere
       Berliner*innen, deren Häuser an eine der Briefkastenfirmen verkauft wurde,
       auch betroffene andere Gewerbe taten dies, ein Blumenladen in
       Friedrichshain, ein Heimwerkerladen in Moabit. In Kürze wollen die
       Aktivist*innen einen Zwischenstand ihrer Recherchen veröffentlichen.
       „Wir wissen sicher von 40 Häusern, die Pears gehören“, sagt Lukas. Die von
       der Firma angegebene Größenordnung von 6.200 Wohn- und Gewerbeeinheiten
       könnte aus ihrer Sicht stimmen, damit wäre Pears Global eine der größten
       privaten Immobilienfirmen Berlins. „Die operieren strategisch in ganz
       Berlin“, sagt Lukas, „die wechselnden Namen führten dazu, dass sich
       Mieterprotest nicht so schnell organisiert und die Firma in einem Bezirk
       mit Verstößen nicht so auffällt.“
       
       In Neukölln ist das offenbar geglückt, der Bezirk kann in der BVV
       jedenfalls nur eine unbefriedigende Antwort auf die Frage geben, in welchem
       Umfang die Firmen in Neukölln tätig sind. Biedermeier wünscht dem Syndikat
       trotzdem alles Gute: „Ich würde mir natürlich wünschen, dass der Eigentümer
       sich noch gesprächsbereit zeigt, aber es sieht ja leider nicht danach aus.“
       Das Syndikat-Kollektiv und dessen Unterstützer*innen werden am Samstag
       bei der Stern-Demo mitlaufen, bei der linke Projekte und Kneipen gegen
       Verdrängung von Kiezkultur demonstrieren.
       
       28 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.berlin.de/ba-neukoelln/politik-und-verwaltung/aemter/stadtentwicklungsamt/stadtplanung/milieuschutz/artikel.294102.php
 (DIR) [2] /Linke-Szenekneipe-vor-dem-Aus/!5536571
 (DIR) [3] /Linke-Kneipe-enttarnt-Immobilienriesen/!5548679
 (DIR) [4] https://syndikatbleibt.noblogs.org/post/2019/02/26/anfrage-an-die-bvv-zu-den-gebaren-der-pears-global-in-neukolln/
 (DIR) [5] /Syndikat-Aktivisten-in-London/!5556826
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Gareth Joswig
       
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