# taz.de -- Urteil zu Gemeinnützigkeit: Gericht geht Attac an
       
       > Die globalisierungskritische Organisation erhielt ihr Steuerprivileg für
       > „politische Bildung“. Das stellt der Bundesfinanzhof nun in Zweifel.
       
 (IMG) Bild: Zu politisch für die politische Bildung? Attac-Protest 2013 vor dem Kanzleramt
       
       Berlin taz | Eine große Nummer war die globalisierungskritische
       Organisation Attac in den 2000er Jahren. Mit öffentlichem Erfolg
       propagierte sie damals die Finanztransaktionsteuer. Heute geht in der
       Frankfurter Zentrale alles etwas bescheidener zu. Und man hat Geldsorgen.
       Nun könnten die Regierungskrititer*innen auch noch ihre Gemeinnützigkeit
       verlieren. Darauf läuft die am Dienstag veröffentlichte Entscheidung des
       höchsten bundesdeutschen Finanzgerichts hinaus.
       
       „Gemeinnützige Körperschaften haben kein allgemeinpolitisches Mandat, wie
       der Bundesfinanzhof (BFH) [1][mit Urteil vom 10. Januar 2019 zulasten des
       Attac-Trägervereins entschieden hat]“ – so lautet der zentrale Satz. Die
       Tätigkeit der Organisation sei nicht durch den Paragrafen 52 der
       Abgabenordnung abgedeckt, in dem die gemeinnützigen Zwecke definiert
       werden. Das Urteil könnte erhebliche Wirkung entfalten.
       
       Denn die vom Finanzamt zuerkannte Gemeinnützigkeit ermöglichte Attac,
       Spendenbescheinigungen auszustellen. Den Betrag können die Spender*innen
       von ihrer Steuer absetzen. Das ist für viele Leute ein zusätzlicher Anreiz,
       Vereinen, Verbänden und politischen Organisationen Geld zu geben, ohne das
       deren Arbeit häufig nicht möglich wäre.
       
       Nicht nur Attac hat augenblicklich Schwierigkeiten mit seiner
       Gemeinnützigkeit. So stellt die CDU die Förderung der Deutschen Umwelthilfe
       (DUH) infrage, die Gerichtsprozesse für Dieselfahrverbote betreibt. Die FDP
       hat zudem einen Antrag in den Bundestag eingebracht: Sie will den
       Tierschützer*innen von Peta die Gemeinnützigkeit entziehen lassen – wegen
       vermeintlich strafbarer Aktionen. Früher hatten auch die
       Umweltorganisationen BUND und Greenpeace ähnliche Probleme.
       
       ## Attac argumentiert mit „politischer Bildung“
       
       Der umstrittene Paragraf 52 nennt als gemeinnützige Zwecke unter anderem
       die Förderung der Religion, der Volksbildung, des demokratischen
       Staatswesens und 22 weitere Anliegen. Das Kernthema von Attac – gerechte
       Staatsfinanzen – ist nicht darunter. Um den Status der Gemeinnützigkeit zu
       erhalten, argumentierte die Organisation deshalb, sie betreibe politische
       Bildung und setze sich für die Demokratie ein.
       
       Diese förderungswürdigen Anliegen und die konkrete Tätigkeit von Attac
       passten jedoch nicht zusammen, entschied der BFH: „Politische
       Bildungsarbeit setzt ein Handeln in geistiger Offenheit voraus.“ Damit
       würden die gezielten und einseitigen Attac-Kampagnen beispielsweise zu
       Finanztransaktionsteuer, Steuerflucht, Sparpolitik der Bundesregierung und
       bedingungslosem Grundeinkommen nicht harmonieren. Die politische Tätigkeit
       dürfe „gewisse Grenzen“ nicht überschreiten, so die Richter*innen des BFH.
       
       „Das ist ein verheerendes Signal für die gesamte kritische
       Zivilgesellschaft in Deutschland“, erklärte Attac-Vorstand Dirk Friedrichs.
       Einen politischen Ansatz weist der Bundesfinanzhof ausdrücklich zurück. Es
       gehe um die Auslegung der Abgabenordnung.
       
       Begonnen hatte der Konflikt 2014, als das zuständige Finanzamt Frankfurt am
       Main den Globalisierungskritiker*innen die Gemeinnützigkeit aberkannte.
       Attac erhob Widerspruch, und der Fall ging an das Hessische Finanzgericht.
       Dies entschied zugunsten von Attac. Dann schaltete sich das
       Bundesfinanzministerium (BMF) des damaligen Ministers Wolfgang Schäuble
       (CDU) ein, um „eine höchstrichterliche Entscheidung in der Frage der
       Gemeinnützigkeit herbeizuführen“, wie das BMF am Dienstag erklärte. Wie der
       gegenwärtige Finanzminister Olaf Scholz (SPD) das Ergebnis beurteilt,
       wollte das Ministerium nicht kommentieren. Das Hessische Finanzgericht muss
       nun neu verhandeln.
       
       Attac verlangt jetzt unter anderem, die Abgabenordnung zu ändern. Ähnlich
       sieht das Lothar Binding, der finanzpolitische Sprecher der SPD-Fraktion im
       Bundestag: „Die Abgabenordnung ist für Organisationen wie Attac zu eng
       gefasst.“ Deshalb wolle die SPD den Katalog der gemeinnützigen Zwecke
       ergänzen, so Binding. „Ein allgemeinpolitisches Mandat lehnen wir
       allerdings ab, weil sonst der Unterschied zur Rolle der Parteien verwischt
       würde.“
       
       26 Feb 2019
       
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