# taz.de -- Rassismus beim Festival in San Remo: Mahmood, italiano
       
       > Beim Festival in San Remo ging es in diesem Jahr leider nicht nur um die
       > beste Musik – sondern um Rassismus und politische Profilierung.
       
 (IMG) Bild: Mahmood, Mutter Sardin, Vater Ägypter, Rapper, Sieger – noch Fragen?
       
       Zehn Millionen Zuschauer, eine Einschaltquote von 50 Prozent: Wie jedes
       Jahr war das Finale des Schlagerfestivals von San Remo, ausgestrahlt am
       Samstagabend auf RAI1, ein Straßenfeger. Und wie so oft war der Sieger eine
       kleine Überraschung. Mahmood heißt der 27-Jährige, er kommt aus Mailand, er
       rappte einen [1][Song] über einen Vater, der Frau und Sohn im Stich
       gelassen hat.
       
       Einem aber schmeckte dieser Sieg gar nicht – dem Innenminister und Chef der
       fremdenfeindlichen Lega, Matteo Salvini. Minuten nur nach der Bekanntgabe
       des Ergebnisses tweetete er, „Mahmood, na ja. Das schönste italienische
       Lied? Ich hätte [2][Ultimo] gewählt. Was sagt ihr?“ Schon in den Vortagen –
       Sanremo läuft über vier Abende – hatte Salvini es für nötig befunden, das
       Festival zu kommentieren, und immer waren es die Flüchtlinge, die seinen
       Blutdruck hochtrieben.
       
       Auf der Auftakt-Pressekonferenz hatte es der künstlerische Leiter, der
       Singer-Songwriter Claudio Baglioni gewagt, sich darüber zu wundern, dass
       „40–50 Menschen“ tagelang auf dem Rettungsschiff Sea Watch blockiert waren,
       weil Salvini die Einfahrt in einen italienischen Hafen verweigerte. „Sing
       doch einfach“, ätzte der Minister zurück, der in letzter Zeit regelmäßig in
       Uniformjacken der Polizei auftritt, „und gestehe zu, dass der dafür
       Verantwortliche sich mit Sicherheit, Immigration, Terrorismus befasst“.
       
       ## Ganz ohne Ausländer
       
       Auf das Komikerduo Pio und Amadeo, dem zu Migranten einfiel, dass „wir alle
       mal Kinder waren“, reagierte Salvini dagegen mit einem Selfie, auf dem er
       dem TV-Schirm demonstrativ den Rücken kehrt. Dabei hätte er sich über
       Sanremo 2019 eigentlich freuen können. Anders als in den Vorjahren nämlich
       wurden für das Beiprogramm des Contest keine Stargäste aus den USA, sondern
       ausschließlich waschechte Italiener eingeladen – ganz nach dem Lega-Slogan
       „Italiener zuerst“.
       
       Schützenhilfe erhielt der gegen Fremdes professionell hetzende Politiker
       dann von der Journalistin Maria Giovanna Maglie. Die war in den letzten
       Jahren auf dem Abstellgleis, bekommt jetzt aber dank der Lega eine
       Prime-time-Sendung auf RAI1. Sie kommentierte: „Ein Sieger, der vorher
       feststand. Er heißt Mohammed, ein Satz auf Arabisch ist im Lied, Ramadan
       und Shisha gibt’s auch, und das Mischlingsleben ist garantiert.“
       
       So platt rassistisch wollte es Salvini dann doch nicht gemeint haben. Nun
       hatte er plötzlich Positives über den Sieger zu vermelden, auch wenn der
       Rassegedanke erneut nicht fehlen durfte. Mahmood sei nämlich gar kein
       Ausländer, sondern Sohn einer italienischen Mutter und „wurde ohne sein
       Zutun zum Symbol der Integration gemacht, aber er muss sich gar nicht
       integrieren, er ist in Mailand geboren“. Der arme Mahmood habe bloß das
       Pech gehabt, „als Sänger der Bootsflüchtlinge etikettiert zu werden“ –
       obwohl das gar keiner getan hatte.
       
       ## Original und Abklatsch
       
       Wo die Schuld liegt, weiß Salvini wie immer auch, nämlich „bei dem
       radikal-schicken Salon, der Sanremo entschieden hat“. Und es stimmt ja: Die
       Journalisten- und die „Ehren“-Jury hatten das Televotum der Zuschauer (für
       Ultimo) überstimmt – eine feine Gelegenheit, den Gegensatz zwischen Oben
       und Unten auch beim Gesang aufzumachen. Da konnte Luigi Di Maio, Chef der
       zusammen mit der Lega regierenden Fünf Sterne, nicht fehlen. Millionen
       Italiener hätten jetzt begriffen, dass „ein abgrundtiefer Abstand zwischen
       Volk und Elite“ bestehe, ließ er wissen.
       
       Es war wie immer in den letzten Monaten: Salvini kübelt los, einen Tag
       später hechelt Di Maio hinterher. Wenigstens eins begreift „das Volk“ so –
       wer das Original ist und wer der Abklatsch: Am Sonntag, bei den
       Regionalwahlen in den [3][Abruzzen], schoss die Lega auf 28 Prozent hoch,
       während die Fünf Sterne – die noch vor einem Jahr bei den nationalen
       Parlamentswahlen 40 Prozent geholt hatten – auf 20 Prozent abstürzten.
       
       12 Feb 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.youtube.com/watch?v=KvJUrrMgyGs
 (DIR) [2] https://www.youtube.com/watch?v=JSjep_Uc6aE
 (DIR) [3] https://www.tagesschau.de/ausland/italien-regionalwahl-abruzzen-101.html
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Michael Braun
       
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