# taz.de -- Antisemitismus in Frankreich: Hakenkreuze und Schändungen
       
       > Um 74 Prozent ist die Zahl antisemitischer Straftaten in Frankreich 2018
       > gestiegen. Der Innenminister warnt vor „Gift, das sich ausbreitet“.
       
 (IMG) Bild: Das Bildnis der verstorbenen Holocaust-Überlebenden Simone Veil – mit Hakenkreuzen beschmiert
       
       Paris taz | Als am Sonntag die Angestellten das Restaurant Bagelstein auf
       der Île-Saint-Louis öffnen wollten, entdeckten sie auf der Fensterscheibe
       eine Schmiererei: „Juden!“ hatten Unbekannte auf Deutsch und mit einem
       Ausrufezeichen mit gelber Farbe gesprayt. „Wir sind schockiert und völlig
       empört“, sagt dazu Firmengründer Gilles Abecassis. Denn in der Woche davor
       waren bereits zwei andere Lokale der Fastfoodkette ähnlich beschmiert
       worden.
       
       Derzeit schockiert ein drastischer Anstieg antisemitischer Übergriffe
       Frankreich. Nach Angaben von Innenminister Christophe Castaner ist die Zahl
       der bekannten antisemitischen Straftaten im Jahr 2018 im Vergleich zum
       Vorjahr um satte 74 Prozent gestiegen. 2017 hatte es noch 311 Fälle
       gegeben, im vergangenen Jahr war die Zahl auf 541 Taten hochgeschnellt.
       
       Unternehmer Abecassis möchte eine polizeiliche Abklärung und ein
       Strafverfahren gegen den oder die Täter. Vom Verdacht, dass womöglich ein
       Zusammenhang mit der Demonstration der Gilets jaunes am Samstag besteht,
       hält er nicht viel – da es schon früher antisemitische Schmierereien
       gegeben habe und weil insgesamt in Frankreich die antisemitischen
       Aggressionen stark zugenommen haben.
       
       Einen solchen Eindruck konnte man in den vergangenen Tagen gewinnen: Im 13.
       Pariser Stadtbezirk wurden etwa zwei von bekannten Straßenkünstlern gemalte
       Porträts der Auschwitz-Überlebenden und Politikerin Simone Veil mit
       Hakenkreuzen beschmiert. „Wer das Gedenken an Simone Veil beschmutzt, zieht
       die Republik in den Dreck“, empörte sich Castaner. Er versicherte, die
       Verantwortlichen würden nicht ungestraft bleiben.
       
       ## „Ein Gift, das sich ausbreitet“
       
       Besonders schockierend ist die Schändung der Gedenkstätte für den 2006
       ermordeten jüdischen Telefonverkäufer Ilan Halimi in
       Sainte-Geneviève-des-Bois außerhalb von Paris. Zwei Bäume waren an dem Ort
       gepflanzt worden, wo Halimis Leiche entdeckt worden war. Sie sind kurz vor
       dem Jahrestag seines Todes am Mittwoch von Unbekannten umgesägt worden.
       
       Der Innenminister beschreibt den aktuellen Antisemitismus wie „ein Gift,
       das sich ausbreitet“. Einige zieht es wegen der wachsenden Bedrohung in
       Frankreich nach Israel. Die Statistik zumindest zeigt einen Anstieg: In den
       fast 30 Jahren zwischen 1970 und 1999 waren es noch 48.000 Juden und
       Jüdinnen, die Frankreich gen Israel verließen. Zwischen 2000 und 2018
       allein waren es mehr als 60.000.
       
       12 Feb 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Rudolf Balmer
       
       ## TAGS
       
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Schwerpunkt Emmanuel Macron
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Antisemitismus
 (DIR) Schwerpunkt Frankreich
       
       ## ARTIKEL ZUM THEMA
       
 (DIR) Statistik zu antisemitischen Straftaten: Erneut mehr Fälle in Sachsen
       
       Seit Jahren zeichnet sich ein Anstieg antisemitischer Straftaten in Sachsen
       ab. 2018 gab es 138 Fälle. Schwerpunkte waren Leipzig, Dresden und
       Chemnitz.
       
 (DIR) Antisemitismus in Frankreich: Notwendig, aber nicht ausreichend
       
       Hunderttausende demonstrieren parteiübergreifend und landesweit gegen
       Antisemitismus. Vielen dämmert, dass solche Aktionen zu wenig bewirken.
       
 (DIR) Antisemitismus in Frankreich: Mit Hakenkreuzen besudelt
       
       Unbekannte schänden einen jüdischen Friedhof im Elsass. Die Sozialisten
       rufen zu landesweitem Protest gegen Antisemitismus auf.
       
 (DIR) „Neuer Antisemitismus“ in Frankreich: 300 unterzeichnen Manifest
       
       Vertreter der französischen Gesellschaft prangern einen „neuen
       Antisemitismus“ an. In einem Manifest kritisieren sie die „islamistische
       Radikalisierung“.
       
 (DIR) Mord an der Jüdin Mireille Knoll: Kein Einzelfall
       
       In nur fünf Jahren haben 30.000 Juden Frankreich verlassen – aus Angst um
       ihr Leben. In besorgniserregend kurzen Abständen werden dort Juden
       attackiert.
       
 (DIR) Kundgebungen gegen Antisemitismus: „Ermordet, weil sie Jüdin war“
       
       Franzosen demonstrieren nach dem Mord an der Jüdin Mireille Knoll in
       mehreren Städten gegen Antisemitismus. Doch dabei sind nicht alle
       willkommen.