# taz.de -- Gespräche zwischen Taliban und Russland: Auch Moskau spielt die Taliban-Karte
       
       > Im Ringen um Frieden in Afghanistan hofiert nach der US-Regierung auch
       > Russland die Taliban. Moskau lässt die Regierung in Kabul außen vor.
       
 (IMG) Bild: Gespäche in Moskau: Die Taliban sind jetzt sogar für Frauenrechte – ein bisschen
       
       Kabul taz | Die Szene im Moskauer Hotel Präsident war bemerkenswert: Die
       Spitzen afghanischer Fraktionen, die sonst die Taliban bekämpfen,
       [1][Ex-Präsident Hamid Karsai] und sogar ein früherer kommunistischer
       Minister beteten gemeinsam mit Taliban-Vertretern, von denen einer den
       Vorbeter machte. Danach gab es ein gemeinsames Frühstück und schließlich
       einen „innerafghanischen Dialog“. Das Treffen endete am Mittwoch,
       öffentlich war nur der erste halbe Tag.
       
       Offiziell eingeladen hatte ein Verband der afghanischen Diaspora in
       Russland. Die Regierung in Moskau behauptete, sie habe nichts damit zu tun
       – im Gegensatz zu einer Vorgängerrunde im November 2018 unter Vorsitz von
       Außenminister Sergei Lawrow. Aber der Veranstaltungsort war identisch. Das
       Hotel gehört Russlands Präsidialverwaltung, so dass die Regierung dahinter
       zu vermuten ist.
       
       Vertreter der Regierung in Kabul waren nicht geladen – ein Affront gegen
       [2][Präsident Ashraf Ghani]. Hofiert wurden Ghani-feindliche Fraktionen,
       von denen man offenbar hofft, dass sie ihn bei der Präsidentenwahl im Juli
       schlagen. Das Treffen könnten ihnen Auftrieb geben. Es ist zudem eine
       [3][Parallelveranstaltung zu den Gesprächen], welche die USA seit Oktober
       2018 im Emirat Katar mit den Taliban führten. Sie sollen Ende Februar
       weitergehen. Lawrow, der sich in Kirgistan aufhielt, warf den USA vor, die
       Taliban-Kontakte monopolisieren zu wollen.
       
       Die Taliban standen in Moskau im Zentrum des Interesses. Ein diplomatischer
       Erfolg für sie. In seiner in Afghanistan übertragenen Einführungsrede
       wiederholte ihr Verhandlungsführer Scher Muhammad Abbas Stanaksai bis auf
       wenige Details bekannte Positionen. Er verteidigte den „Dschihad“ gegen die
       „US-Besatzer“, bekannte sich aber zu weiteren Gesprächen mit den USA.
       
       ## Taliban verweigern Kabul Direktgespräche
       
       Die Taliban, so Stanaksai, wollten in Konsultation „mit allen Afghanen“ ein
       „islamisches Regierungssystem“ schaffen und strebten keine „exklusive
       Herrschaft“ an. Afghanistans jetzige Verfassung sei aber vom Westen
       aufgezwungen und damit ein „Haupthindernis für den Frieden“. Sie müsse von
       afghanischen Islamgelehrten und Intellektuellen neu erarbeitet werden.
       
       Die Taliban forderten, die Sanktionen gegen ihre Führer aufzuheben und ihre
       gefangenen Kämpfer freizulassen. Sie bekannten sich zur Nichteinmischung in
       Angelegenheiten anderer Länder, zur Bekämpfung des Drogenhandels, zur
       Vermeidung ziviler Kriegsopfer und zu Frauenrechten, also jenen, die im
       Islam vorgesehen seien, wie lernen, studieren und – das war neu – „sich den
       Ehemann selbst auszuwählen“. Zugleich kritisierten sie, dass „im Namen der
       Frauenrechte“ Unmoral verbreitet und afghanische Werte untergraben würden.
       
       Die Regierung in Kabul erwähnte Stanaksai nicht explizit. Ihr verweigern
       die Taliban bisher Direktgespräche. Etwas Flexibilität ließ er aber
       erkennen, als er sagte, weitere innerafghanische Gespräche könnte es erst
       geben, „wenn der Abzug der US-Truppen begonnen hat“. Über einen Abzug –
       noch ohne Zeitplan – hatten sich beide Seiten in Katar prinzipiell
       verständigt. Positiv interpretiert, schließt Stanaksais Dialogangebot auch
       die Regierung ein, aber nur als eine unter mehreren Fraktionen.
       
       ## Hoffnungen auf Frieden gedämpft
       
       Das gefällt Präsident Ghani nicht. Dienstagabend sagte er im populärsten
       TV-Sender des Landes, die in Moskau vertretenen Politiker hätten keine
       Entscheidungskompetenz. Ein Friedensabkommen könne es nur mit Regierung und
       Parlament geben.
       
       Spannungen zwischen dem afghanischstämmigen US-Chefunterhändler Zalmai
       Khalilzad und Ghani, der sich auch von den Verhandlungen in Katar
       überfahren fühlt, versuchte US-Außenminister Mike Pompeo beizulegen. Er
       sicherte Ghani telefonisch zu, dass dessen Regierung Teil des
       innerafghanischen Dialogs sein müsse.
       
       Auch [4][Trumps Rede zur Lage der Nation] nahm Brisanz aus der afghanischen
       Lage. Ein in Kabul befürchteter Sofortabzug könnte den Kollaps von Ghanis
       stark von US-Hilfe abhängiger Regierung herbeiführen. Trump machte jetzt
       einen Truppenabzug von Gesprächsfortschritten mit den Taliban abhängig. So
       dämpfen die letzten Entwicklungen Hoffnungen auf einen schnellen
       Friedensschluss, bringen aber auch mehr Realismus in die Debatte.
       
       6 Feb 2019
       
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