# taz.de -- Gespräche zwischen USA und Taliban: Über die Köpfe der Afghanen hinweg
       
       > USA und Taliban wollen eine Nachkriegsordnung festlegen. Beobachter
       > fürchten, dass die Demokratie nach dem Abkommen nicht lange anhalten
       > wird.
       
 (IMG) Bild: „Signifikante Forschritte“ sieht US-Chefunterhändler Zalmay Khalilzad (Archivfoto von 2009)
       
       Berlin taz | Konturen eines möglichen Abkommens zur Beendigung des Krieges
       in Afghanistan zeichnen sich ab. Nach [1][tagelangen Verhandlungen] mit
       Vertretern der Taliban im Golfemirat Katar ist US-Chefunterhändler Zalmay
       Khalilzad am Sonntag in Afghanistans Hauptstadt Kabul eingetroffen, um die
       Regierung dort über den Gesprächsstand zu informieren.
       
       Die USA seien bereit, binnen 18 Monaten ihre Soldaten aus Afghanistan
       abzuziehen, hieß es aus Kreisen der Taliban-Unterhändler gegenüber
       [2][Reuters]. Der Abzug aller 22.000 ausländischen Truppen, zwei Drittel
       davon US-Amerikaner, ist die Kernforderung der Aufständischen. Der
       18-monatige Zeitrahmen wäre neu und hört sich logistisch machbar an.
       Taliban-Sprecher Sabihullah Mudschahed dementierte dieses Detail allerdings
       – möglicherweise ein Versuch, das offenbar vereinbarte Stillschweigen über
       Details zu wahren, das das Nachrichtenleck verletzte.
       
       Die Taliban, hieß es weiter, seien im Gegenzug bereit, zuzusichern, dass
       das Land nicht wieder wie vor 2001 Basis islamistischer Terrorgruppen wird.
       Das ist das politische Hauptziel der USA. Al-Qaida hatte die Anschläge vom
       11. September 2001 von Afghanistan aus geplant oder zumindest inspiriert.
       
       Die Taliban verfolgen aber in der Praxis eine rein nationale Agenda. Eine
       Präsenz der in Afghanistan inzwischen marginalisierten dschihadistischen
       al-Qaida nach einem Friedensschluss würde unnötige Aufmerksamkeit auf ihre
       noch immer rückwärtsgewandten Innenpolitik richten.
       
       ## Die Gespräche dauerten länger als je zuvor
       
       US-Außenminister Mike Pompeo sprach deshalb von einem „Durchbruch“, die
       Taliban von „Fortschritten“. Aber Optimismus zu verbreiten gehört zum
       diplomatischen Grundhandwerk. Khalilzad sagte auch, mit den Taliban sei
       vereinbart worden, dass nichts als vereinbart gelte, solange nicht alles
       vereinbart sei.
       
       Die Dauer dieser letzten Gesprächsrunde – sechs Tage, länger als je zuvor –
       zeigt, dass beide Seiten ernsthaft arbeiten. Der Optimismus soll auch
       US-Präsident Donald Trump besänftigen, dessen Anordnung eines Sofortabzugs
       nach wie vor im Raum steht.
       
       Für einen geplanten US-Abzug setzt Khalilzad auf einen baldigen,
       „umfassenden“ Waffenstillstand. Vorbild ist eine landesweite dreitägige
       Waffenruhe über islamische Feiertage im vorigen Juni, die die Taliban
       ausnahmslos eingehalten hatten. Außerdem müsse es zu einem
       „innerafghanischen Dialog“ kommen.
       
       Damit ist gemeint, dass die Regierung von Präsident Ashraf Ghani direkt in
       den Friedensprozess einbezogen werden muss. Dass die Taliban das bisher
       verweigern, ist die größte Hürde für ein Abkommen. Ihre jetzige –
       inoffizielle – Aussage, „andere Aspekte des Friedensprozesse“ könnten
       umgesetzt werden, „wenn die ausländischen Truppen abgezogen worden sind“,
       ändert ihre Haltung nicht. Ghani dürfte das nicht zufrieden stellen.
       
       Eine nächste Verhandlungsrunde ist für Februar in Doha vereinbart. Es wird
       erwartet, dass sie aufseiten der Taliban dann von Mullah Abdul Ghani
       (Namensähnlichkeit zum Staatspräsidenten zufällig) geleitet wird. Er steht
       dem verstorbenen Talibangründer [3][Mullah Muhammad Omar] nahe, den die
       Aufständischen verehren und der einem Vertragsschluss Autorität verleihen
       würde.
       
       Beobachter wie der Kabuler Journalist Sami Mehdi befürchten jedoch, dass
       nach einer US-Taliban-Direktvereinbarung über die Köpfe der Afghaninnen und
       Afghanen hinweg „Menschenrechte, Frauenrechte, Redefreiheit, die
       Einbeziehung der Minderheiten und ein demokratisches System nicht lange
       überdauern würden“. Auch Afghanistans derzeitige Eliten sind mehr an
       Machtsicherung als an Demokratie interessiert.
       
       27 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Gespraeche-zwischen-USA-und-Taliban/!5568307
 (DIR) [2] https://www.reuters.com/article/us-usa-afghanistan-draft/foreign-troops-to-quit-afghanistan-in-18-months-under-draft-deal-taliban-sources-idUSKCN1PK0DG
 (DIR) [3] /Neuer-Fuehrer-von-Islamisten-Afghanistans/!5304462
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Thomas Ruttig
       
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