# taz.de -- FDP-Generalsekretärin Nicola Beer: Mit Klima-Fake-News nach Brüssel
       
       > Am Sonntag will die FDP ihre Generalsekretärin Nicola Beer zur
       > EU-Spitzenkandidatin machen. Sie ignoriert gerne mal die Fakten zum
       > Klima.
       
 (IMG) Bild: Klimawandel? Die künftige FDP-Spitzenkandidatin für die Europawahl zeigt sich da skeptisch
       
       Berlin taz | Für die FDP sind Ökothemen plötzlich wichtig. „Klima- und
       Umweltschutz sind eine unserer Schlüsselaufgaben“, verkündete Parteichef
       Christian Lindner beim Dreikönigstreffen in Stuttgart. Hinter ihm saß
       FDP-Generalsekretärin Nicola Beer.
       
       Sie soll am Sonntag in Berlin zur Spitzenkandidatin für die Europawahl
       gewählt werden. Aber Beer steht mit den grundlegenden Daten und Fakten der
       Energie- und Klimapolitik seit Jahren auf Kriegsfuß. Mehrfach hat sie den
       wissenschaftlichen Konsens zur Erderwärmung angezweifelt. Konkrete
       Nachfragen der taz beantwortet sie nun mit allgemeinen Hinweisen.
       
       Im August 2017 machte sich [1][Beers Twitter-Account] über „angebliches
       Auftreten von mehr Extremwettereignissen“ lustig – unter dem Hashtag
       „Fakenews“. Der grünen Abgeordneten Renate Künast schrieb Beer: „Sie
       wissen sehr gut, dass es nicht mehr Extremwettereignisse gibt und
       verwechseln es zu gern mit dem Klimawandel.“ Im Januar 2019 legte Beer bei
       n-tv nach: „Alle Forscher, die solche Klimaveränderungen seit Jahrhunderten
       betrachten, sagen, das sind kleine Ausschläge“, erklärte sie. „Über die
       Jahrhunderte betrachtet, hat es nicht diese Brisanz, wie es momentan
       dargestellt wird.“
       
       [2][Das sieht die Wissenschaft ganz anders]. Im aktuellen 5. Bericht des
       UN-Klimarats IPCC heißt es: „Seit ca. 1950 wurden Veränderungen vieler
       extremer Wetter- und Klimaereignisse beobachtet. Einige dieser
       Veränderungen wurden mit Einflüssen des Menschen in Verbindung gebracht,
       darunter ein Rückgang kalter Temperaturextreme, ein Anstieg warmer
       Temperaturextreme, eine Zunahme hoher Meeresspiegel und ein Anstieg der
       Anzahl von Starkniederschlagsereignissen.“
       
       Und später: „Wahrscheinlich“ seien weniger kalte und mehr warme Tage und
       Nächte und häufigere Hitzewellen. Für „sehr wahrscheinlich“ hält es das
       Gremium, dass der Mensch daran einen Anteil hat. Mit „sehr hohem Vertrauen“
       konstatiert der IPCC, die „Folgen jüngster extremer klimatischer Ereignisse
       wie Hitzewellen, Dürren, Überschwemmungen, Wirbelstürme und Wald- und
       Flächenbrände zeigen eine signifikante Verwundbarkeit einiger Ökosysteme
       und vieler Systeme des Menschen“.
       
       ## Beer weicht aus
       
       Von der taz nach den Quellen ihrer Aussagen befragt, weicht Beer aus. „ich
       zweifle den Inhalt der IPCC-Berichte nicht an“, schreibt sie in einer
       langen Stellungnahme. „Ich kritisiere allerdings, wenn eine
       wissenschaftlich widerlegte absolute Kausalität von Extremwettersituationen
       und Klimawandel geschaffen wird, um damit apokalyptische Szenarien zu
       verbreiten und Ängste (…) zu schüren.“
       
       Der Bericht gebe „nur geringe Hinweise darauf, dass Dürre und Trockenheit
       global schon jetzt auf den Klimawandel zurückgeführt werden können. Man
       sollte solche Dokumente genau lesen und sich nicht nur einfach die Passagen
       heraussuchen, die ins eigene Weltbild passen“, meint Beer.
       
       Ihre Position vor der Wahl ist ohnehin durch Vorwürfe belastet, sie halte,
       anders als ihre Partei, zu wenig Abstand zur autokratischen Regierung Orbán
       in Ungarn. Im EU-Parlament stehen in den nächsten Jahren harte Debatten zur
       Klimapolitik an, um das Pariser Abkommen umzusetzen. Gleichzeitig drängen
       verstärkt populistische Abgeordnete ins Parlament. Bas Eickhout, grüner
       EU-Abgordneter erwartet „eine stärkere Polarisierung“ zwischen der
       Mehrheit, die mehr Klimaschutz will, und den lautstarken Leugnern des
       Klimawandels.
       
       Für Eicke Weber, Ex-Chef des Freiburger Fraunhofer-Instituts für Solare
       Energiesysteme und prominentes FDP-Mitglied, zeigen Beers Äußerungen
       „großen Nachholbedarf in der Parteispitze bei Energie- und Klimathemen.“
       Das sei „kein böser Wille, sondern Mangel an Information und Interesse“.
       
       ## Andere sind schon weiter
       
       Auch in der Bundestagsfraktion verursachen Beers Aussagen Kopfschütteln.
       Dort zirkuliert ein Papier des Abgeordneten Lukas Köhler mit „zehn Ideen
       für innovativen Klimaschutz“. Darin hat er mit Rückendeckung von Parteichef
       Lindner eine wirtschaftsliberale Linie in der Klimapolitik skizziert: 18
       Milliarden Euro an Investitionen in Forschung für die Vermeidung und
       Nutzung von CO2 in der Industrie, mehr Mut zu umstrittenen Techniken wie
       Speicherung des CO2, „Geo-Engineering“ oder synthetischen Kraftstoffen.
       
       Köhler wil auch den Emissionshandel mit CO2-Lizenzen auf die Bereiche
       Verkehr und Heizung ausweiten. Das findet der Staatssekretär im
       Bundesumweltministerium Jochen Flasbarth politisch kaum durchsetzbar und
       rechtlich unmöglich. In dieser Debatte auf Twitter stöhnt Flasbarth schon
       mal: „Liebe Güte, was ist das für ein Niveau zum Klimaschutz bei der FDP.“
       Aber dabei geht es immer um Unterschiede in der Klimapolitik – nicht wie
       bei Beer um deren wissenschaftliche Grundlagen.
       
       26 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://twitter.com/nicolabeerfdp
 (DIR) [2] /Zwischenbilanz-der-Klimakonferenz/!5554039
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Bernhard Pötter
       
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