# taz.de -- Preis für Karikaturist Dieter Hanitzsch: „Schandbild für die Münchner Kultur“
       
       > Dieter Hanitzsch hatte 2018 eine antisemitische Karikatur gezeichnet. Am
       > Donnerstag bekommt er einen Preis für sein Lebenswerk verliehen.
       
 (IMG) Bild: „Ich bereue die Karikatur nicht“, sagte Dieter Hanitzsch bereits im Mai 2018
       
       Berlin taz | Der Karikaturist Dieter Hanitzsch bekommt am Donnerstag einen
       von der Ernst-Hoferichter-Stiftung vergebenen Preis für sein Lebenswerk
       verliehen. Der mit 5.000 Euro dotierte Ernst-Hoferichter-Preis, in dessen
       Jury auch die Stadt München sitzt, soll Münchner Autoren würdigen, die
       „Originalität mit Weltoffenheit und Humor“ verbinden. An der Preisvergabe
       gibt es scharfe Kritik, da Hanitzsch im Mai letzten Jahres eine Karikatur
       in der Süddeutschen Zeitung veröffentlichte, [1][die antisemitische
       Stereotype transportierte.]
       
       Die SZ [2][beendete daraufhin die Zusammenarbeit mit dem Karikaturisten.]
       Hanitzsch zeichnete damals die israelische Eurovision Song
       Contest-Gewinnern Netta Barzilai mit dem Antlitz des israelischen
       Premierministers Benjamin Netanjahu. Netanjahu wurde mit großen,
       abstehenden Ohren, wulstigen Lippen und einer großen Nase dargestellt. Das
       ESC-Logo wurde genau wie eine von Netta/Netanjahu in der Hand gehaltene
       Rakete mit einem Davidstern versehen, der Gesangswettbewerb wird so als
       jüdisch ettiketiert.
       
       Zudem zeigt eine Sprechblase den religiösen Gruß „Nächstes Jahr in
       Jerusalem!“, der von Netta und Netanjahu nach dem ESC ausgesprochen wurde.
       Dieser traditionell zum Pessachfest ausgesprochene Wunsch wird dabei
       lächerlich gemacht. Die Karikatur kann als verschwörungsideologischer
       Vorwurf gedeutet werden, dass Israel seine Politik hinter einer
       feministischen Sängerin verschleiere. Der Antisemitismusforscher Samuel
       Salzborn sagte damals dem Evangelischen Pressedienst, dass die
       Überzeichnung der Physiognomie Netanjahu als „extrem aggressiv und zugleich
       als effeminiert und damit als abwertend-verweiblicht“ erscheinen lasse.
       
       Dies sei „ein zentrales antisemitisches Motiv, indem Juden zugleich extreme
       Macht und Machtlosigkeit unterstellt wird“. Hanitzsch, der seit Juli 2018
       wöchentlich für die Münchner Abendzeitung zeichnet, war bereits im Jahr
       2016 für die Verwendung antisemitischer Bildsprache kritisiert worden, als
       er für den Bayerischen Rundfunk anlässlich der Diskussion um das
       Freihandelsabkommen TTIP [3][die USA und US-amerikanische Konzerne als
       weltumspannende Krake darstellte.] In der nationalsozialistischen
       Propaganda wurde das Krakensymbol in Verschwörungsfantasien für die
       vermeintliche Macht der Juden verwendet.
       
       ## „Unsensibel und selbstgerecht“
       
       Die Bekanntgabe des wichtigen Preises hatte in München eine Debatte
       zwischen Befürwortern und Kritikern ausgelöst. Das „Linke Bündnis gegen
       Antisemitismus“, in dem sich vor allem Aktivisten der Grünen Jugend, der
       Linksjugend und solche aus dem antifaschistischen Spektrum organisieren,
       demonstriert am Donnerstagabend gemeinsam mit dem Verband Jüdischer
       Studenten in Bayern (VJSB) und dem Jungen Forum der Deutsch-Israelischen
       Gesellschaft gegen die Verleihung.
       
       „Für antisemitische Karikaturen darf kein städtischer Preis verliehen
       werden“, fordert Michael Movchin, Vorstand des VJSB, im Gespräch mit der
       taz. „Jeden Freitag vor Schabbat drücken wir junge Juden uns an den
       AZ-Kästen mit dem Titel ‚Exklusiv in der AZ – heute wieder mit Hanitzsch!‘
       vorbei. Mit dem Wissen, dass Hanitzsch diese prominente Platzierung im
       Stadtbild maßgeblich seiner antisemitischen Karikatur zu verdanken hat,
       fühlen wir uns wie ins Gesicht gespuckt.“ Die Ehrung sei ein „Schandbild
       für die Münchner Kultur“. Der VJSB ist der größte jüdische
       Studierendenverband in Deutschland und repräsentiert bayernweit rund 1.000
       Menschen.
       
       Die zweite Ausgezeichnete, die Schriftstellerin Christine Wunnicke, hat den
       Hoferichter-Preis mittlerweile abgelehnt. „Die Reaktionen auf den Protest
       gegen die Preisverleihung habe ich als unterkomplex, unsensibel und
       selbstgerecht empfunden. Ich möchte mich nicht von einer kritikresistenten
       Solidaritätsveranstaltung vereinnahmen lassen“, erklärte sie auf ihrer
       Facebook-Seite. Die Entscheidung der Jury, Hanitzsch auszuzeichnen, halte
       sie für legitim.
       
       Mit ihrer Kritik bezieht sie sich auf Aussagen aus dem Stiftungsbeirat, der
       den Preis vergibt. Christian Ude, Beiratsmitglied und ehemaliger
       Oberbürgermeister der Stadt München, [4][hatte zuvor im Tagesspiegel] von
       „einem sehr kleinen Kreis, der versucht, Druck auf die Stadtpolitik
       auszuüben“, gesprochen. Es handele sich um den „Versuch der Ausgrenzung und
       des faktischen Berufsverbots, der vollkommen überzogen“ sei, so Ude weiter.
       Der SPD-Politiker hält bei der Preisverleihung am Donnerstagabend die
       Laudatio auf Hanitzsch.
       
       ## Kabarettisten verteidigen Hanitzsch
       
       Charlotte Knobloch, Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München
       und Oberbayern, bezeichnete die Auszeichung im Tagesspiegel als „mehr als
       befremdlich und völlig unangemessen“. Hanitzsch' Karikatur hätte „gleich
       mehrere Motive des klassischen Antisemitismus zusammengeführt und damit
       eine Grenze überschritten“, so Knobloch weiter. Auch der
       Antisemitismusbeauftragte der Bayerischen Staatsregierung, Ludwig Spaenle
       (CSU), kritisierte die Vergabe.
       
       In der Abendzeitung verteidigten mehrere Münchner Kabarettisten und Autoren
       Hanitzsch wiederum. „War schon die Begründung der SZ für den Rauswurf an
       den Haaren herbeigezogen, so zieht die von Frau Knobloch und Herrn Spaenle
       an einer Glatze“, so der Kabarettist und Musiker Hans Well. „Es ist
       richtig, vor der Gefahr eines zunehmenden Antisemitismus in unserer
       Gesellschaft zu warnen. Es ist töricht, diese Gefahr an einer einzigen
       Karikatur festzumachen, ohne auf ein Lebenswerk zu schauen“, meint der
       Schriftsteller Tilman Spengler. Und der Kabarettist Sigi Zimmerschied sagt:
       „Wenn irgendwelche religiösen Eiferer meinen, sie müssen wieder mal Satire
       kicken, dann können sie das versuchen – das liegt im Wesen dieser Menschen.
       Aber sollte das wirklich gelingen, dem Hanitzsch diesen Preis wegzunehmen,
       dann werde ich meinen Hoferichter-Preis zurückgeben.“
       
       Aus dem Stadtrat kommt vereinzelte Kritik an der Preisvergabe. Dominik
       Krause, stellvertretender Vorsitzender der Münchner Stadtratsfraktion aus
       Grünen und Rosa Liste, wird deutlich. „An der Karikatur vom letzten Jahr
       gab es gut begründete und nachvollziehbare Kritik, unter anderem aus der
       jüdischen Gemeinde. Ihm ausgerechnet jetzt einen solchen Preis zu verleihen
       wirkt fast, als geschehe das aus Trotz gegen diese Kritik und nicht als
       Ehrung für sein sonst beeindruckendes Lebenswerk“, sagt er der taz.
       
       Für noch problematischer hält er die Debatte nach der Karikatur: „Mir ist
       nicht verständlich, warum Herr Hanitzsch mit einem solchen Starrsinn
       reagiert hat. Anstatt sich inhaltlich mit der Kritik auseinanderzusetzen
       wurde sie zur Frage hochstilisiert, ob Dieter Hanitzsch ein Antisemit sei.
       Das stimmt natürlich nicht, wurde allerdings auch nicht behauptet“, so
       Krause weiter.
       
       Hanitzsch selbst hatte die Kritik bereits nach der Veröffentlichung der
       SZ-Karikatur zurückgewiesen. „Ich bereue die Karikatur nicht“, [5][sagte er
       damals dem Redaktionsnetzwerk Deutschland.] Es tue ihm leid, „wenn sich
       jemand verletzt fühlt“. In einem Interview mit München TV hatte er die
       Zeichnung ebenfalls verteidigt. [6][Zur dargestellten Rakete erklärte er
       damals:] „Die Verteidigungsbereitschaft, das ist auch nichts Böses, ich
       meine, das muss sein. Wir haben ja auch eine Wehrmacht.“ Hanitzsch meinte
       offenbar die Bundeswehr.
       
       24 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] /Antisemitische-Karikatur-in-der-SZ/!5506527
 (DIR) [2] /Nach-antisemitischer-Karikatur/!5506999
 (DIR) [3] https://lizaswelt.net/2016/03/03/der-stuermer-laesst-gruessen/
 (DIR) [4] https://www.tagesspiegel.de/gesellschaft/medien/trotz-antisemitismus-vorwurf-muenchen-ehrt-umstrittenen-karikaturisten-hanitzsch/23851972.html
 (DIR) [5] http://www.haz.de/Nachrichten/Medien/Uebersicht/SZ-wirft-Karikaturisten-raus
 (DIR) [6] https://twitter.com/freddy2805/status/999382357873446913?lang=de
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Frederik Schindler
       
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       beendet.
       
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       Die „Süddeutsche Zeitung“ hat sich für eine veröffentlichte Zeichnung
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