# taz.de -- Neues Gesetz auf den Philippinen: 12-Jährige Kinder werden strafmündig
       
       > Präsident Duterte senkt das Alter für Strafmündigkeit auf 12 Jahre. Das
       > bedeutet auf den Philippinen mehr arme Kinder hinter Gittern.
       
 (IMG) Bild: Arme Kinder werden von Syndikaten als Drogenkuriere missbraucht und dadurch straffällig
       
       Manila taz | So rasch hat es ein Gesetzentwurf selten durch den
       philippinischen Kongress geschafft: Insgesamt dauerten die Debatten
       darüber, ob das Strafmündigkeitsalter in dem südostasiatischen Land von 15
       auf 12 Jahre gesenkt werden soll, nur zwei Tage. Anfang dieser Woche
       stimmte das Plenum dafür, der Senat dürfte in den nächsten Tagen
       nachziehen.
       
       Hinter der Gesetzesänderung steckt [1][Präsident Rodrigo Duterte]. Um seine
       hohen Beliebtheitswerte im Volk zu halten, war es an der Zeit, sein
       Wahlkampfversprechen einzulösen. Am liebsten hätte er das
       Strafmündigkeitsalter auf neun Jahre gesenkt, aber das war selbst dem
       Duterte-Lager, das beide Häuser dominiert, zu drastisch.
       
       Schon die Herabsetzung auf zwölf Jahre wird von
       Menschenrechtsorganisationen, Wissenschaftlern und Kirchengruppen
       kritisiert. Eine Alumni-Vereinigung der University of the Philippines
       nannte das Gesetz am Mittwoch schädlich und überflüssig: „Das vorhersehbare
       Ergebnis ist, dass mehr Kinder aus armen Familien im Gefängnis landen
       werden. Hier wird ein Vorschlaghammer eingesetzt, um eine Nuss zu knacken,
       Nur ein Bruchteil aller Straftaten wird von Kindern begangen.“
       
       In der Tat gehen laut Kriminalstatistik nur zwei Prozent aller Straftaten
       auf die Kappe von Minderjährigen, „und ein Großteil davon sind Diebstähle“,
       erklärte Angela Rejano von der [2][philippinischen Polizei] in einem
       TV-Expertengespräch. Seit 2016 – dem Amtsantritt Dutertes – sei die
       Kinderkriminalität um 21 Prozent gesunken, ergänzte sie. Ein Fakt, den das
       Duterte-Lager ignoriert. „Warum brauchen wir dieses neue Gesetz
       überhaupt?“, fragt die Psychologin Dr. Honey Carandang. „Warum bestrafen
       wir die Kinder anstatt die Syndikate zu verfolgen, die sie als
       Drogenkuriere missbrauchen?“
       
       ## Gesetz zielt vor allem auf die arme Bevölkerung
       
       Damit legt Carandang den Finger in die Wunde. Denn Opfer von [3][Dutertes
       Antidrogenkrieg], der seit 2016 mehr als 20.000 Tote gefordert haben soll,
       wie auch die Senkung des Strafmündigkeitsalters zielen vor allem auf die
       Armen des Landes. Die ökumenische Gruppe Pimaht wirft das der Regierung
       vor: „Armut und mangelnde Perspektiven betreffen einen Großteil der
       philippinischen Familien. Das macht die Kinder anfällig dafür, mit dem
       Gesetz in Schwierigkeiten zu kommen.“
       
       Im Vergleich zu den meisten europäischen Ländern ist ein
       Strafmündigkeitsalter von zwölf Jahren sehr niedrig. In Deutschland ist ein
       Jugendlicher zwischen 15 und 18 Jahren strafrechtlich verantwortlich –
       falls er geistig und sittlich reif genug ist.
       
       Entscheidend ist auch der Unterschied, was mit einem Minderjährigen
       geschieht, der bei einer Straftat erwischt wird: Während in Deutschland
       Rehabilitierungsprogramme und Jugendstrafanstalten finanziert werden,
       landen Kinder auf den Philippinen umgehend im regulären Knast. Dort sitzen
       sie in völlig überfüllten Zellen mit erwachsenen Schwerverbrechern ein und
       warten oft monatelang auf ihre Verhandlung. Je jünger sie sind, desto
       niedriger stehen sie dort in der Hackordnung.
       
       Laut Gesetz müssten diese Kinder in speziellen Heimen untergebracht werden,
       doch landesweit gibt es nur acht solche anerkannten Einrichtungen. Sie
       müssen mit minimalem Budget auskommen, Personal ist knapp. In Manilas
       Stadtteil Mandaluyong gibt es ein solches Heim, die einzige
       Sozialarbeiterin kümmert sich um bis zu 35 Jugendliche. Das sei noch besser
       als der Aufenthalt im Gefängnis: „Straffällig gewordene Kinder in den Knast
       zu sperren, bedeutet, ihre Zukunft endgültig zu zerstören“, sagt sie.
       
       1 Feb 2019
       
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