# taz.de -- Gynäkologin zu §219a-Entwurf: „Wo bleibt die Informationsfreiheit?“
       
       > Nora Szász hält den Entwurf der Bundesregierung für unzureichend: Ihren
       > Patientinnen würden weiterhin wichtige medizinische Details vorenthalten.
       
 (IMG) Bild: Lange wurde gekämpft – noch ist das Ziel nicht erreicht
       
       taz: Frau Szász, was halten Sie vom [1][Regierungsentwurf zur Änderung] des
       Paragrafen 219a? 
       
       Nora Szász: Ich bin überrascht, dass uns angeklagten ÄrztInnen schon zum
       Erfolg gratuliert wird. Wir freuen uns zwar darüber, dass sich etwas
       bewegt. Aber das Gesetz ist noch nicht in Kraft. So, wie es jetzt
       formuliert ist, bleibt der Paragraf im Strafgesetzbuch enthalten. Allein
       diese Tatsache ist ein Problem. Der Paragraf stigmatisiert uns, er
       tabuisiert den Schwangerschaftsabbruch. Er spaltet uns ÄrztInnen in jene,
       die Abbrüche vornehmen, und die, die es nicht tun.
       
       Künftig sollen ÄrztInnen darüber informieren dürfen, dass sie Abbrüche
       vornehmen – mehr aber auch nicht. 
       
       Die Frage ist schon, wo die Informationsfreiheit bleibt. Ich bin gerade in
       meiner Praxis. Eine Patientin fragte mich eben, wieso sie künftig auf
       Listen zugreifen soll – ich bin doch diejenige, die sie informieren sollte;
       ich sollte doch ihre Ansprechpartnerin von vornherein sein! Soll ich Frauen
       künftig tatsächlich nur im persönlichen Gespräch hinter verschlossenen
       Türen informieren dürfen? Eine gute Lösung kann ich darin nicht sehen.
       
       Sie informieren auf [2][Ihrer Website] darüber, dass Sie die medikamentöse
       Methode mit Mifegyne anwenden, was weiter verboten bleiben soll. 
       
       Meine Kollegin und ich haben nicht vor, die Informationen von der Seite zu
       nehmen. Wir halten das für wichtig und sinnvoll und wollen uns vorbehalten,
       eher noch ausführlicher zu informieren als weniger. Wir halten es für ein
       Grundrecht, dass wir frei über unsere Arbeit informieren – und wir möchten
       darin unabhängig sein von staatlichen Stellen. Ich möchte nicht, dass es
       jetzt heißt, die ist undankbar. Aber dass ich schreibe: „Der
       Schwangerschaftsabbruch findet statt“, ist für mich keine tragfähige
       Lösung.
       
       Was wäre eine? 
       
       Ich möchte die Frauen mit den medizinischen Details versorgen, die ich für
       nötig halte. So ist es bei jedem anderen medizinischen Eingriff auch: Jeder
       Mensch möchte wissen, wie er sich vorbereiten kann, was auf ihn zukommt.
       Der Gesetzentwurf transportiert ein Frauenbild, das sagt, uns muss
       vorenthalten werden, was eigentlich wichtig für uns ist, weil wir keine
       verantwortungsvollen Entscheidungen treffen können.
       
       Ihr Prozess hätte am vergangenen Montag stattfinden sollen, ist [3][aber
       ausgesetzt]. Wie geht es für Sie weiter? 
       
       Wir sind angeklagt und im Gegensatz zu Kristina Hänel noch nicht
       verurteilt. Der Richter wartet jetzt offenbar die politische Entscheidung
       ab. Dann sehen wir weiter.
       
       Wird nach neuer Rechtslage geurteilt? 
       
       Das weiß ich nicht. Aber unser Prozess wird der Prüfstein sein, inwiefern
       wir straffrei über unsere Arbeit informieren dürfen, wie tragfähig das neue
       Gesetz ist. Zufrieden bin ich erst, wenn Frauen keine Schwierigkeiten mehr
       haben, an die für sie relevanten Informationen zu kommen – und wenn die
       Verfahren gegen uns ÄrztInnen eingestellt werden. Es ist ja auch unklar,
       wie es für Kristina Hänel weitergeht. Ich fände richtig, wenn sie den Weg
       zum Bundesverfassungsgericht weitergeht. Dass die Möglichkeit bestehen
       bleibt, dass AbtreibungsgegnerInnen sie oder uns verklagen, scheint mir
       doch im Widerspruch zur Freiheit der Berufsausübung zu stehen.
       
       29 Jan 2019
       
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