# taz.de -- Verteilung der Stadt: Monopoly in Rothenburgsort
       
       > Die Nachbarschaftsinitiative „Mikropol“ erhebt Anspruch auf das verwaiste
       > Gelände der ehemaligen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein
       
 (IMG) Bild: Zaungäste am Ort der Begierde: die Initiavie „Monopol für alle“ am Gelände in Rothenburgsort
       
       Hamburg taz | Rund 50 Menschen sind am vergangenen Dienstag bei eisigen
       Temperaturen der Einladung der Nachbarschaftsinitiative Mikropol gefolgt
       und haben sich vor der ehemaligen Bundesmonopolverwaltung für Branntwein
       (BfB) am Billhorner Mühlenweg im Hamburger Osten versammelt. Einige haben
       Leitern mitgebracht, um einen Blick über den Zaun auf das Gelände nördlich
       des Entenwerder Parks werfen zu können. Das liegt recht idyllisch am Ende
       eines Kanals namens Haken. Früher haben kleine und mittelständische
       landwirtschaftliche Brennereien ihren Alkohol hier abgeliefert, der dann
       gereinigt, aufbereitet und verwertet worden ist. Schon vor Jahren wurde die
       Behörde abgewickelt und das rund 12.500 Quadratmeter große Areal in
       Rothenburgsort weckt noch immer Begehrlichkeiten.
       
       Die Stadt dürfte darauf hoffen, der Bundesimmobilienanstalt die
       Liegenschaft abkaufen zu können, um an günstiges Bauland zu kommen. Im
       Dezember meldete die Hamburger Morgenpost, die Immobiliengruppe CG habe das
       Gelände gekauft, um dort Hunderte Wohnungen zu bauen. Und die Initiative
       Mikropol, die von der Kulturbehörde unterstützt wird, will den
       Anwohner*innen unter dem Titel „Monopol für alle“ das Gelände sichern. Am
       letzten März-Wochenende will Mikropol ein Zeichen setzen und in ein leer
       stehendes Toilettenhaus am Billhorner Mühlenweg ziehen. Das soll den Anfang
       für ein zukünftiges Stadtteilzentrum in Rothenburg markieren.
       
       Was mit dem Gelände passiert, steht unterdessen aber noch gar nicht fest.
       Die Sprecherin des Bezirksamts Mitte, Sorina Weiland, verweist darauf, dass
       das verwaiste Gelände nicht offiziell zum Verkauf stehe und derzeit auf
       kommunaler Ebene auch nicht besprochen werde. „Was das Gelände der BfB
       betrifft, so stehen alle eventuellen Nutzungsmöglichkeiten und Planungen
       zum jetzigen Zeitpunkt noch am Anfang“, sagt Weiland. „Es gibt auch immer
       politische Entscheidungen, über die wir als Bezirksamt im Vorfeld nichts
       wissen können.“ Es müssten aber auf jeden Fall noch Grundsatzentscheidungen
       getroffen werden, etwa wie die Finanzierung, die laufende Unterhaltung des
       Geländes in der Zukunft und die Vergabe an mögliche Interessenten aussehen
       sollen.
       
       „Wir fordern einen Planungsprozess, der es schafft, dass alle an den
       aktuellen Entwicklungen in Rothenburgsort mitwirken und mitentscheiden
       können“, sagt Marius Töpfer. Der 28-jährige Architekt ist Anwohner und
       engagiert sich bei Mikropol, einem Arbeitskreis aus Nachbar*innen,
       Künstler*innen, Architekt*innen, Vertreter*innen der Hafencity-Universität
       und der Hochschule für bildende Künste. Gemeinsam haben sie ein Konzept
       erarbeitet, das sich „für eine kollaborative Umnutzung des seit langem leer
       stehenden Geländes“ einsetzt, wie sie schreiben. Töpfer hat am vergangenen
       Dienstag ein Megafon mitgebracht und erklärt den rund 50 Interessierten am
       Zaun, was es mit dem Gelände der BfB auf sich hat. Er sagt, alle
       interessierten Anwohner*innen sollten eine beratende Funktion in der
       selbstverwalteten Initiative haben.
       
       Die Mikropol-Leute sehen sich im Recht. Schließlich gehört die ehemalige
       Bundesmonopolverwaltung für Branntwein der Bundesimmobilienanstalt und
       könnte vorrangig an die Kommunen verkauft werden, „so dies dem öffentlichen
       Zweck dient“, sagen sie. Und seit das Stadtteilzentrum „Die Rothenburg“ im
       Vierländer Damm 2017 geschlossen wurde, gebe es für aktive Nachbar*innen
       eben keinen geeigneten Treffpunkt mehr in ihrem Stadtteil. In der
       „Rothenburg“ gab es eine Holz- und Fahrradwerkstatt und eine Beratung für
       Mieter*innen. Ähnliches soll nach dem Willen von Mikropol auf dem Gelände
       der ehemaligen BfB wieder realisiert werden.
       
       Ihr Konzept sieht vor, die Räumlichkeiten in zwei parallel laufende Ebenen
       aufzuteilen. „Schon jetzt gibt es konkreten Raumbedarf“, heißt es dazu in
       der Erklärung, die am Dienstag von Mikropol veröffentlicht wurde. Die
       Räumlichkeiten der ersten Ebene sollen einmal für die Sozialberatung und
       die Werkstätten genutzt werden. Auf der zweiten Ebene sieht die Gruppe die
       „breite Beteiligung der Zivilgesellschaft“ vor, die eine niedrigschwellige
       Mitwirkung und Mitentscheidung verwirklichen soll. Konkreter wird es in
       der Planung dann aber nicht, nur so viel: „Das Gelände regt seit Jahren die
       Fantasie aller an, die sich in und für Rothenburgsort engagieren.“
       
       Dass Mikropol in seiner Erklärung etwaige Nutzungsmöglichkeiten vorstellt,
       könne für die nötige Aufmerksamkeit im Falle eines Vorkaufs durch die
       Hansestadt gesorgt haben, sagt Bezirk-Mitte-Sprecherin Sorina Weiland. Ob
       aber tatsächlich eine realistische Chance für Mikropol besteht, das
       BfB-Gelände zu beziehen, kann Weiland nicht beurteilen.
       
       Klar ist: Die Stadt Hamburg hat mit ihrer Stadtentwicklungsstrategie
       „Stromaufwärts an Elbe und Bille“ für den Stadtteil Rothenburgsort unter
       dem Motto „Wohnen und Arbeiten am Elbufer“ ein Zukunftsszenario erarbeitet,
       welches kein Stadtteilzentrum mit zivilgesellschaftlicher Teilhabe
       vorsieht. Für die Mikropol-Leute ist genau das aber elementar, gerade „in
       Zeiten immer dichter werdender Städte sind Orte des Gemeinsamen, Orte des
       Austauschs und alltägliche Orte der Nachbarschaft wichtig“.
       
       27 Jan 2019
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Yasemin Fusco
       
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