# taz.de -- Kommentar Mazedonischer Namensstreit: Gegen die heilige Souveränität
       
       > Nationalistische Töne auch in den südeuropäischen Ländern lassen den
       > Zusammenhalt in der EU bröckeln. Das ist gefährlich.
       
 (IMG) Bild: Nicht einfach hat es der Premier Alexis Tsipras. Der Namensstreit erregt die Gemüter in Griechenland
       
       Da erregen sich Griechen über ein vermeintlich flammendes Unrecht. Am
       Sonntag wollen sie zu Hunderttausenden auf die Straße gehen, [1][um gegen
       ihren Premier zu protestieren]. Handgreiflichkeiten sind zu befürchten,
       vielleicht gar Verletzte. Der Volkszorn kocht, die Seele der Nation ist
       getroffen.
       
       Doch es geht nicht um Lohneinbußen, höhere Steuern oder Arbeitslosigkeit.
       Die Menschen sind empört, weil das nördliche Nachbarland den Namen
       Nord-Mazedonien tragen soll, ganz ähnlich der nördlichen Provinz
       Griechenlands, die Mazedonien heißt. Die sei ein Ausverkauf nationaler
       Interessen und es gefährde die eigene Grenze, vulgo die heilige
       Souveränität, heißt es.
       
       Es ist der absolute Irrsinn. Und er funktioniert so, [2][wie Nationalismus
       immer funktioniert]: mit einem abgrundtief bösen und dazu fremden Gegner,
       Appellen an den eigenen Patriotismus in einer angeblich homogenen
       Gesellschaft – und mit Angst vor einer imaginären Bedrohung.
       
       Die Aufwallung patriotischer Gefühle unter griechischen Nationalisten
       könnte uns einigermaßen kalt lassen, ginge es nur um Griechenland und
       Mazedonien. Doch die nationalistische Krankheit entwickelt sich überall auf
       dem Kontinent zu einer Seuche. Sie trennt Krim-Bewohner von Ukrainern,
       griechische von türkischen Zyprioten, Moldauer von Bewohnern
       Transnistriens, Katalanen von Spaniern und Flamen von Wallonen. Sie schafft
       in ihrer jeweiligen Blase mehr Solidarität als noch die schärfste
       Ungerechtigkeit zwischen Arm und Reich. Und sie droht, die EU von innen
       heraus zu zerfressen.
       
       ## Es bleibt eine schwache Hoffnung
       
       Denn Nationalismus kennt qua Definition nur die Interessen der postulierten
       eigenen Gemeinschaft. Er ist unfähig, auch die Nöte des Nachbarn zu sehen
       und einen Ausgleich zwischen Staaten zu schaffen – so wie es vor mehr als
       sechs Jahrzehnten mit der Gründung der Europäischen Wirtschaftsgemeinschaft
       beabsichtigt war. Nationalismus schafft zuerst Hass gegen die anderen,
       dann Krisen und, wenn es schlecht läuft, Krieg.
       
       Für manche Politiker ist es reizvoll, auf die nationale Karte zu setzen,
       weil das so ertragreich ist. Die AfD reitet erfolgreich auf dieser Welle,
       so wie eine ganze Reihe ähnlich gewebter Parteien in Europa. Das Einzige,
       was dabei hoffen lässt, ist, dass diese Parteien niemals zu einem
       gemeinsamen Konsens finden werden.
       
       Eine schwache Hoffnung in einem Meer des Irrationalen. Für alle aber, die
       sich dazu bekennen, links zu denken, gleicht das Setzen auf die nationale
       Karte einer Bankrotterklärung. Wer in nationalen Schablonen argumentiert
       und glaubt, Europa nicht so wichtig nehmen zu müssen, betreibt das Geschäft
       der Reaktion.
       
       18 Jan 2019
       
       ## LINKS
       
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       ## AUTOREN
       
 (DIR) Klaus Hillenbrand
       
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