# taz.de -- Die Grünen und Asylpolitik: Baerbock als Boris
       
       > Seit Jahren widmet sich die Politik mit größter Hingabe der „härteren
       > Asylpolitik“. Die Grünen wollen da nicht länger fehlen.
       
 (IMG) Bild: Annalena Baerbock balanciert ein Bechsteinfledermaus-Plüschtier auf dem Hals einer Wasserflasche
       
       „Kriminelle Ausländer müssen raus, aber schnell“, hieß es beim SPD-Kanzler
       Gerhard Schröder. „Wer Gastrecht missbraucht, hat Gastrecht verwirkt“, bei
       der Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht. Die einschlägigen
       Wortmeldungen aus den Reihen der Union wären nur mit unvertretbarem Aufwand
       zu rekapitulieren. Jetzt sind auch die Grünen jenseits von Boris Palmer und
       Winfried Kretschmann dabei.
       
       Der Rechtsstaat müsse bei ausreisepflichtigen Mehrfachtätern „konsequent
       durchgreifen“, insbesondere bei Sexualstraftätern, [1][sagte] die
       Parteivorsitzende Annalena Baerbock der Süddeutschen Zeitung. Straffällige
       Asylbewerber sollten schneller abgeschoben werden. Sie forderte 4
       Milliarden Euro zusätzlich für die Justiz bis 2029.
       
       Wenn es einen Bereich gibt, dem die Politik seit Jahren garantiert nicht zu
       wenig Aufmerksamkeit widmet, dann ist es „härtere Asylpolitik“, respektive
       „schnellere Abschiebungen“. Der Eifer in dieser Frage mündete, gerade im
       letzten halben Jahr, in einen Überbietungswettbewerb, bei dem nicht
       ausgemacht ist, dass die AfD gewinnt. Kein Thema war mehr „Chefsache“,
       keines dominierte Talkshows, Wahlkämpfe, Nachfolgedebatten,
       Kommentarspalten und Leitartikel stärker.
       
       Und das alles soll nun nichts gebracht haben? Die „nationale
       Kraftanstrengung“ für Abschiebungen, 2017 von Merkel angekündigt, soll ins
       Leere gelaufen sein und braucht jetzt Starthilfe von den Grünen? Noch immer
       könne der Rechtsstaat nichts tun gegen ausländische Intensivtäter? Wer das
       Interview mit Baerbock liest, gewinnt diesen Eindruck. Der Eindruck ist
       falsch. Und Baerbock wird das wissen.
       
       ## Klarer Katalog
       
       Unterm Strich, so will es das Gesetz, soll ein Ausländer dann ausgewiesen
       werden, wenn dessen Aufenthalt „die öffentliche Sicherheit und Ordnung, die
       freiheitlich-demokratische Grundordnung oder sonstige erhebliche Interessen
       der Bundesrepublik Deutschland gefährdet“. Was das heißt, ist genau
       geregelt. Im Jahr 2016 trat das „Gesetz zur erleichterten Ausweisung von
       straffälligen Ausländern und zum erweiterten Ausschluss der
       Flüchtlingsanerkennung bei straffälligen Asylbewerbern“ in Kraft.
       
       Es sieht einen langen Katalog von Tatbeständen vor, die zum Verlust des
       Aufenthaltsrechts, zur Ausweisung und Abschiebung führen können. Eine
       Auswahl: Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr
       wegen Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die
       sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum, Widerstands gegen
       Vollstreckungsbeamte; besonders wenn diese „unter Anwendung von Drohung“
       oder „mit List“, begangen wurden, bei serienmäßiger Begehung auch ohne.
       
       Zur Ausweisung führen können auch schwere Verstöße gegen das
       Betäubungsmittelgesetz, Zwangsgverheiratung und so weiter, bis hin zu Lügen
       bei der Ausländerbehörde.
       
       Der damalige Innenminister Thomas De Maizière hatte diesen Katalog nach den
       Übergriffen von Köln noch erweitert. Was Baerbock fordert, ist längst
       Gesetz. Eine Regelungslücke gibt es nicht.
       
       Und trotzdem wird nicht jedeR StraftäterIn abgeschoben. Auch dafür gibt es
       Gründe, das wissen auch die Grünen. Eine Abschiebung ist nur dann möglich,
       wenn keine Gefahr für Leib und Leben droht. Genau das gehört zum
       Rechtsstaat auch dazu. Nach Afghanistan schieben allerdings auch grün
       regierte Länder ab.
       
       Wenn Baerbock jetzt sagt, „bei Straftaten muss als Erstes das Strafrecht
       greifen“, dann suggeriert sie, straffällige Flüchtlinge bekämen mildere
       Behandlung. Das Gegenteil ist der Fall: Hier bestraft werden sie ohnehin
       wie jeder andere auch. Nur zusätzlich droht ihnen eben die Abschiebung.
       
       19 Dec 2018
       
       ## LINKS
       
 (DIR) [1] https://www.sueddeutsche.de/politik/baerbock-interview-abschiebung-1.4257978
       
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 (DIR) Christian Jakob
       
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