# taz.de -- Ben Stiller über „Escape at Dannemora“: „Du willst von dort einfach nur weg“
       
       > Ben Stiller hat als Regisseur und Produzent eine Serie inszeniert: das
       > Ausbruchsdrama „Escape at Dannemora“. Im Interview zeichnet er die
       > Recherche nach.
       
 (IMG) Bild: Ben Stiller wollte bei „Escape at Dannemora“ ausschließlich Regisseur sein
       
       taz: Herr Stiller, zwei inhaftierte Schwerverbrecher haben eine sexuelle
       Beziehung zu einer Aufseherin, brechen mit ihrer Hilfe aus einem
       Hochsicherheitsgefängnis im Bundesstaat New York aus, und einer der
       Flüchtenden wird schließlich getötet – haben Sie und andere eigentlich
       nicht daran gezweifelt, dass Sie, ein Spezialist für Komödien, für diesen
       harten Stoff geeignet sind? 
       
       Ben Stiller: Ich drehte gerade „Zoolander 2“ als das passierte. Es war
       natürlich ein längerer Prozess, zu diesem Entschluss zu kommen. Aber es ist
       so ein Projekt, das ich schon lange verwirklichen wollte. Solch einen Stoff
       hätte ich selbst gerne als Zuschauer gesehen, also sammelte ich Material
       dazu. Aber vor dem richtigen Start war ich schon nervös, gerade weil ich
       vorher nie in einem Gefängnis war. Kenntnis und Wissen darüber sind aber
       notwendig, um solch eine Geschichte glaubwürdig zu inszenieren.
       
       Wie haben Sie das gelöst? 
       
       Ich habe selbst sehr viel recherchiert, auch direkt vor Ort im Gefängnis.
       Ich habe mit Menschen gesprochen, die an dieser Geschichte beteiligt waren.
       Allerdings nicht mit der echten Tilly Mitchell, die den Häftlingen zum
       Ausbruch verhalf. Aber mit David Sweat, einem der Ausbrecher, haben wir uns
       viele Stunden unterhalten und auch mit den Gefängnisaufsehern. Und das hat
       mir wirklich das Zutrauen gegeben, dass ich diese Geschichte umsetzen
       könnte.
       
       Gefängnisfilme sind oft mit bestimmten Klischees behaftet … 
       
       Das wollten wir vermeiden, und auch aus diesem Grund haben wir intensiv
       recherchiert. In der Winterzeit, mitten in den Bergen und komplett
       isoliert, war das Gefängnis ein eindrucksvoller Ort, viel größer als die
       dazugehörige Gemeinde. Die Strafanstalt ist über 100 Jahre alt, 80 Prozent
       der Gefangenen dort sind Afro- oder Ibero-Amerikaner, 99 Prozent der Wärter
       dagegen sind Weiße, die teilweise seit Generationen dort beschäftigt sind.
       Speziell in einem Gefängnisumfeld ist alles so bedrückend. Egal was du
       getan hast, du willst einfach nur noch so schnell wie möglich weg von dort.
       Letztlich zeigen wir ein größeres Bild, das auch viel über das
       Gefängnissystem in den USA aussagt.
       
       Haben Sie keine Bedenken, die Ausbrecher zu glorifizieren? 
       
       Das ist eine Gratwanderung. Wenn du ein Ausbruchsdrama erzählst, und das
       Publikum kann sich mit den Protagonisten nicht identifizieren, dann wird es
       schwer. Es geht ja um richtige Kriminelle, die schwere Straftaten begangen,
       die Menschen getötet haben. Wir mussten versuchen, sie so realistisch wie
       möglich zu porträtieren. Es war wichtig, den Zuschauern zu zeigen, wer sie
       wirklich waren. Richard Matt war ein kaltblütiger Killer, David Sweat ein
       Mörder. Solche Leute sollten nicht frei rumlaufen.
       
       Warum haben Sie nicht selbst mitgespielt? 
       
       Ich bin froh, dass ich nicht als Schauspieler mitwirken musste. Ich liebe
       meinen Job als Darsteller, aber diesmal wollte ich Regisseur sein, ganz
       ausschließlich. Ohne dass ich parallel noch einen anderen Job zu tun hatte.
       Man kann nicht an zwei Plätzen zugleich sein, was manchmal frustrierend
       ist. Ich selbst habe bei „Escape at Dannemora“ noch einmal viel dazu
       gelernt.
       
       Haben Sie so etwas wie ein Vorbild, wenn es um das Regieführen geht? 
       
       Ich schätze Keith Gordon sehr, mit dem ich mich über „Escape at Dannemora“
       ausgetauscht habe. Wir sind ungefähr im gleichen Alter, haben einen
       ähnlichen Werdegang. Und Steven Spielberg war schon immer ein großes
       Vorbild für mich. Er ist ein Genie.
       
       Sie und andere Hollywoodgrößen konzentrieren sich immer mehr aufs TV. Ist
       Fernsehen das neue Kino? 
       
       In den 70er-Jahren, in meiner Jugend, hatte man die Möglichkeit, im
       Mainstream-Kino oft vielschichtige, kompliziertere Geschichten zu sehen.
       Das ist heute kaum noch möglich. Die Filme laufen nur einige Wochen und
       müssen in dieser Zeit ihr Geld einspielen. Oft sind es Fortsetzungen von
       bereits erfolgreich gelaufenen Blockbustern. Dagegen gibt es heute immer
       mehr Fernsehanbieter. Und sie stehen mehr denn je im Wettbewerb um gute und
       einzigartige Inhalte. Das bringt mehr Möglichkeiten. Wir haben jetzt
       Showtime, Netflix und andere Anbieter. Ich freue mich darüber, denn für
       Filmemacher sind das traumhafte Voraussetzungen. Und in einer Serie kann
       man viel mehr erzählen, unterschiedliche Ebenen beleuchten, man hat zehn
       Stunden anstatt anderthalb. Das ist reizvoll.
       
       19 Dec 2018
       
       ## AUTOREN
       
 (DIR) Wilfried Urbe
       
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